Was haben wir gelacht, damals, als ein Heer von Bankern auf Tretrollern durch die Bahnhofstrasse «joggelte». Das Lachen, es ist bald innigster Verwünschung gewichen. Kreti und Pleti unterwegs auf diesen kleinen Trottinetts mit den noch kleineren Rädern: Herren, Damen, Kinder, selbst Kirchenobere (Abt Martin vom Kloster Einsiedeln beispielsweise, der posierte für die Postillen wiederholt mit seinem Exemplar) – das war einfach zu viel. Damals, 1999, als die Menschheit auf den Scooter kam.
Und heute? Der Hype, sagt Wim Ouboter, der Microscooter-Erfinder aus Küsnacht, der sei definitiv vorbei: «Es hat sich eingependelt. Scooter gehören heute so selbstverständlich ins Stadtbild wie Fahrräder. Und komisch angeschaut wird auch niemand mehr, wenn er auf dem Kickboard unterwegs ist.»
2002 kam die grosse Krise
Die Normalisierung, die Assimilation des Privatverkehrsmittels im Geigenkastenformat, sie hat Ouboters Firma an den Rand der Existenz gebracht. Nach dem Boom zu Anfang des Jahrtausends und der damit einhergehenden Marktsättigung sei das Geschäft zwischen 2002 und 2004 vollständig eingebrochen – «um 99,9%», wie der ehemalige Banker ausführt. Das Unternehmen aus Küsnacht musste acht von zwölf Stellen streichen und zehrte mittelfristig von den Reserven. Unter der Baisse litt gleichzeitig allerdings auch die Konkurrenz aus Fernost. Denn sie blieb auf ihren massenweise und billig produzierten Rollern sprichwörtlich sitzen.
Endpreis unter 300 Franken
Heute, sagt Ouboter, sei seine Micro Mobility Systems AG weltweit wohl nahezu die einzige Produzentin von Microscootern und Kickboards, die Geld und Know-how in ihre Produkte investiert. «Die Durststrecke ist überwunden, es geht uns gut», betont der Erfinder und Unternehmer. Sechs Leute besorgen das Administrative, in Deutschland wurde ein Ableger installiert, der Umsatz bewegt sich bei 7 Mio Fr. Produziert wird in China, der Kosten wegen. Anders, sagt der Firmengründer, sei es nicht möglich, den Endpreis unter der magischen Grenze von 300 Fr. zu fixieren. Stückzahlen will Ouboter keine nennen – er geht allerdings davon aus, dass in den vergangenen zehn Jahren gegen 3 Mio Tretroller ausgeliefert worden sind. 70% der Scooter und der dreirädrigen, anspruchsvoller zu fahrenden Kickboards gehen dabei ins Ausland.
Zurzeit intensiviert Geschäftsführer Hans-Peter Bolliger die Kontakte in die USA. Der Schweizer Markt, führt Ouboter aus, ist abgedeckt. Also müssen neue Produkte her und neue Kundensegmente erschlossen werden.
Vor diesem Hintergrund hat Micro Mobility Systems das «G-Bike» entwickelt, ein Laufrad für Kinder zwischen zwei und vier Jahren. Aus Aluminium gefertigt, wiegt das pedallose Velo lediglich 1,75 kg. Die transparenten Scooter-Rollen hinterlassen keine Abrieb-Streifen, womit das «G-Bike» auch für den Einsatz im Spielzimmer und Wohnbereich bestimmt ist. Das Laufrad wurde mit dem international anerkannten Eurobike Award 2006 ausgezeichnet.
Richtete sich das Angebot des Scooter-Herstellers vor zehn Jahren primär an Erwachsene, so fasst man heute vermehrt die Kategorie der Jugendlichen ins Auge. «Wir sind vor allem auf die Gruppe der Eineinhalb- bis Fünfzehnjährigen ausgerichtet», bemerkt Wim Ouboter. Hinzu kämen «fortschrittlich Denkende» jedwelchen Alters.
Auch Armee ist Kundin
Die klassische «Karriere» eines Microscooter-Fahrers führe über drei bis vier verschiedene Produkte – angefangen beim Gehrad oder einem bunten Einsteigermodell über Alltagsroller und adäquate Kickboards bis hin zu Exemplaren, die für den Einsatz auf sportlichem und akrobatischem Terrain konzipiert worden sind. Und seit einigen Jahren greift selbst das Militär zu den Rollen von der Goldküste: Armeeangehörige müssen ihren Plunder nicht mehr im Effektensack durch die Weltgeschichte schleppen, sondern ziehen diesen auf einem praktischen Trolley aus dem Hause Micro in den Urlaub. Bedenken, sich mit der Angebotspalette zu verzetteln, hat Ouboter keine: «Unser Credo ist die Mobilität, dazu gehören Transporthilfen genauso wie Fortbewegungsmittel.»
Seit Beginn der Firmengeschichte halten Patente und Lizenzen den Küsnachter Kleinbetrieb und dessen Anwälte auf Trab. Es gab Jahre, da hat das Unternehmen gleichzeitig gegen sechs kopierende Konkurrenten juristisch vorgehen müssen. Das hat sich gebessert – weil die Konkurrenten sowieso vom Markt verschwunden sind.
Bestes Mittel: Innovationen
Das beste Mittel im Rennen um eine gute Startposition sei sowieso die Innovation. «Die Produkte müssen eine Seele haben», sagt Wim Ouboter, der einst irgendwo zwischen Zürcher Seefeld und dem «Sternengrill» am Bellevue auf die Idee mit dem praktischen Tretroller gekommen ist. Zu Fuss wollte er die Distanz nicht bewältigen, andererseits war diese aber zu kurz, als dass es sich gelohnt hätte, dafür aufs Fahrrad oder ins Auto zu steigen.
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Wim Ouboter: Gründer Micro Mobility Systems AG
Name: Micro Mobility Systems AG, Küsnacht ZH
Gründung: 1996
Führung: Wim Oubouter und Hans-Peter Bolliger
Umsatz: 7 Mio Fr.
Beschäftigte: 6
Produkte: Sport- und Fortbewegungsmittel
Internet: www.micro-mobilty.com