2012 gab die Dübendorfer Social-Media-Überwachungs-Firma Netbreeze gehörig Gas. Neben den bestehenden 22 Personen wurden weitere Spezialisten angeheuert, ein massiver Ausbau der Netbreeze-Lösungen in Drittsysteme war angesagt.
Netbreeze bietet so genannte Monitoring-Lösungen für soziale Netzwerke an. Mit der Enterprise-Edition «ComMonitor» hatten die Schweizer eine skalierbare Lösung in der Tasche. Sie waren bereit, im grossen Stil Unternehmen und Agenturen damit auszustatten.
Doch es kam alles ganz anders – und für die Schweizer wohl noch besser. Denn nun macht Microsoft Nägel mit Köpfen. Die Amerikaner schlucken die Dübendorfer Softwareschmiede ganz. Bis zur Bekanntgabe des Deals heute dürften die Drähte zwischen Wallisellen und Redmond in den letzten Monaten heiss gelaufen sein.
Volle Integration in Microsofts CRM «Dynamics»?
Die Amerikaner werden Netbreeze komplett übernehmen und setzen damit ihre Einkaufstour im Bereich Social Media fort. Im Juni 2012 kauften die Amerikaner das soziale Netzwerk für Firmen «Yammer».
Von Vorteil für den Schweizer-Deal war sicher, dass die Dübendorfer weltweit die ersten waren, die eine integrierte Lösung für Microsofts Customer-Relationship-Management-Software (CRM) «Dynamics» anboten.
Als Kunden konnte Netbreeze auf diverse Schwergewichte zählen: Novartis, Swiss Re, Zurich Versicherung, Bank Vontobel, UBS oder Publigroupe. Bestehende Kunden würden bis auf weiteres gleich bedient, wie bisher, hiess es aus Kreisen.
Nicht erster Zukauf in der Schweiz
Microsoft befindet sich in der Schweiz nicht zum ersten Mal auf Shopping-Tour: 2005 übernahm der IT-Riese das Zürcher Voice-over-IP-Unternehmen Media-Streams GmbH, das Lösungen für die Internet-Telefonie à la Skype auf professioneller Ebene anbot.
2007 übernahm Microsoft Parlano, eine weitere Firma mit Schweizer Wurzeln. Dabei handelte es sich um ein Entwicklerteam der UBS Warburg, das eine Lösung programmierte, welches Handelszentren der Bank zwischen den USA, London und Zürich miteinander verbindet.
Spin-Off der ETH
Netbreeze wurde 1998 als Spin-Off der ETH Zürich von den Physikern François Rüf und Ales Prochazka gegründet. Die Vision, das Internet mittels künstlicher Intelligenz für Geschäftsprozesse nutzbar zu machen, war deren Leitmotiv. Die Firma versuchte in der Vergangenheit auch, ihre Software als Anti-Geldwäscherei-Tool zu bewerben, deren Marketingmann behauptete im Jahr 2004 gar, man sei auch im Gespräch mit US-Nachrichtendiensten.
Mit dem Verkauf dürften bestehende Investoren ordentlich Kasse machen – der wichtigste Mitspieler kommt aus Deutschland. Der mit Abstand grösste Investor von Netbreeze waren die Hamburger Risikokapitalgeber von Ammer Partners. Durch ihre Ammer Angel (Fund 2) GmbH & Co KG. hielten sie 1052 Stammanteile. Ebenfalls Investoren waren Brian Rüeger (277 Anteile) und Michael Kussmaul (44 Anteile). Die drei verfügten über ein Vorkaufsrecht, konnten also bevorzugt Stammanteile weiterer Netbreeze-Investoren beziehen.
2010: Verkauf nur ab 14 Millionen Franken
Ebenfalls zu den grösseren Netbreeze-Eignern gehörten Mark Cieliebak mit 54 Anteilen und Netbreeze-Gründer François Rüf - er hielt an der Firma 44 Stammanteile.
Falls die Ammer-Investoren ihre Anteile an einen unabhängigen Dritten wie etwa Microsoft verkaufen wollten, konnten sie die Übrigen dazu verpflichten, ihre Anteile ebenfalls zu veräussern. Vor dem 31. Dezember 2010 kam den Hamburgern dieses Recht allerdings nur dann zu, wenn der Kaufpreis für sämtliche Stammanteile mindestens einer Unternehmensbewertung von 14 Millionen Franken entsprach. Das zeigen Dokumente, die «Handelszeitung Online» vorliegen.