Der PUK-Bericht legt dar, dass die Behörden zur Bewältigung der CS-Krise bereits ab Oktober 2022 die fünf folgenden Szenarien in Erwägung gezogen haben: die Bewältigung der Krise durch die CS aus eigener Kraft, die Übernahme der CS durch eine andere Bank, die Sanierung gemäss Abwicklungsplanung (Resolution), den Konkurs inklusive Schweizer Notfallplan oder eine vorübergehende Verstaatlichung. Die ersten vier Optionen sind im geltenden Recht vorgesehen; für die Verstaatlichung fehlt eine Rechtsgrundlage.
Die erste Option (Turnaround aus eigener Kraft) erschien unplausibel, und der Konkurs mit Schweizer Notfallplan hätte gravierende volkswirtschaftliche Folgen und einen grossen Reputationsschaden verursacht, weil die ausländischen Teile der CS ohne Fallschirm kollabiert wären. Es verblieben also die Sanierung gemäss Abwicklungsplanung und die Übernahme.
Die Übernahme der CS durch eine Bank – und zwar durch eine ganz bestimmte Bank – wurde denn auch zwischen SNB, EFD und UBS in sogenannten Non-Meetings diskutiert. Der Begriff der Non-Meetings soll den inoffiziellen Charakter dieser Gespräche unterstreichen.
Wichtige Treffen wurden nicht protokolliert
Die PUK kritisiert das Format dieser Non-Meetings deutlich: Es seien nicht sämtliche Behörden ausreichend informiert worden, die Inhalte der Treffen seien mangels Protokollierung nicht nachvollziehbar, und der Ablauf sei nicht ins Krisenmanagement eingebettet gewesen. Es wurden keine Forderungen gestellt, es wurden keine Termine gesetzt, die Gespräche waren unverbindlich und wurden auch nachträglich nicht formalisiert.
Die PUK hält fest, dass einzig die Präsidentin der Finma, Marlene Amstad, im letzten Non-Meeting vom 29. Dezember 2022 Schriftlichkeit und Verbindlichkeit hergestellt habe. Überhaupt war die Finma gegenüber diesen inoffiziellen Treffen skeptisch und nahm deshalb nur an dreien teil. Nach dem Amtsantritt von Bundesrätin Karin Keller-Sutter wurden die Non-Meetings trotz anderweitiger Bemühungen des SNB-Präsidenten mit Hinweis auf die für das Krisenmanagement vorgesehenen Regelstrukturen abgeschafft.
Echte Verhandlungen über einen CS Verkauf wurden verunmöglicht
Aus rechtsstaatlicher Sicht erscheint insbesondere die behördliche Unterredung mit der UBS über die Konkurrentin in der Krise problematisch. Ueli Maurer und Thomas Jordan haben am 23. Oktober 2022 in einem dieser informellen Treffen dem VR-Präsidenten der UBS (in Abwesenheit der CS) die Möglichkeit einer Fusion der beiden Banken erörtert. Tatsächlich hat diese frühe behördliche Kontaktaufnahme zu einer einzigen potenziellen Übernahmebank spätere Verhandlungen über einen Verkauf der CS verunmöglicht.
Mit der Bereitschaft einer Übernahme der CS durch die letzte verbleibende G-SIB haben EFD und SNB zugleich das Signal gesetzt, dass die gesetzlich vorgesehenen Optionen, insbesondere eine Sanierung gemäss Abwicklungsplanung, nicht im Vordergrund stehen. Eine Verhandlungsführung mit derart offenen Karten ist bestenfalls als naiv zu bezeichnen.
Dass die Gegenpartei bei dieser Ausgangslage mangels eines echten Bieterverfahrens später die Konturen der Übernahme massgeblich zu bestimmen vermag, erscheint als eine zwingende Konsequenz des behördlichen Vorpreschens. Erkannt hat diesen Konnex einzig die Finma: Die PUK legt dar, dass die Finma-Präsidentin diesem Treffen ferngeblieben ist und dem SNB-Präsidenten ebenfalls von einer Teilnahme abgeraten hat, da die UBS damit einen Hebel erhalten würde, um später regulatorische Erleichterungen einzufordern.
Weckruf für die Zukunft
Die Untersuchung der PUK macht deutlich, dass die behördliche Krisenorganisation heute noch mangelhaft ist. Das Lenkungsgremium sollte die behördlichen Entscheidungen koordinieren. Tatsächlich wurden die wesentlichen Entscheidungen jedoch in informellen Treffen ohne Protokoll und Verbindlichkeit vorgespurt. Es vermag deshalb nicht zu erstaunen, dass sich auch die gefundene Lösung nicht im regulatorisch vorgesehenen Rahmen bewegte: Zwar ist die Übernahme einer Krisenbank im Rahmen des Sanierungsverfahrens bereits unter geltendem Recht vorgesehen. Wenn die übernehmende Bank aber de facto wählen kann, wird sie sich immer für eine Übernahme ausserhalb der Resolution entscheiden.
Die Einblicke des PUK-Berichts in die Entstehung dieses Hinterzimmerdeals müssen ein Weckruf für die Zukunft sein. Sind die vorgesehenen Strukturen zu schwach, um deren Etablierung im Krisenfall durchzusetzen, müssen sie gestärkt werden. Dafür ist die von der PUK geforderte verbesserte Information unter den Behörden eine Minimalvoraussetzung. Sie wird aber nicht genügen. Damit eine Abwicklung im bestehenden Rechtsrahmen und möglichst ohne Notrecht durchgeführt werden kann, ist bereits bei der Planung ein Zusammenwirken der beteiligten Behörden unabdingbar. Die Optionen können nicht erst dann auf den Tisch gelegt und konkretisiert werden, wenn sie umgesetzt werden müssen.