Dicke Post für die Aktionäre des Pharmakonzerns Novartis: Die Abstimmungsunterlagen der Novartis-Aktionäre gelangen direkt zum Konzern und nicht zum unabhängigen Stimmrechtsvertreter, dies berichtet «SRF-Rundschau» in der Sendung von heute. Damit kennt Novartis-Präsident Jörg Reinhardt bereits vor der Generalversammlung das Ergebnis.
Eigentlich senden die Aktionäre ihre Stimmzettel nach dem Ausfüllen zur Kanzlei von Peter Andreas Zahn: Der Basler Anwalt ist der gewählte unabhängige Stimmrechtsvertreter für die Generalversammlung von Novartis und damit der Aktionäre.
Was ist mit dem Stimmgeheimnis?
Die «Rundschau» hat diese Couverts nun mit einem GPS-Tracker bestückt und es stellte sich heraus: Die Briefstimmen werden umgeleitet – und zwar direkt zu Novartis selbst. Dort werden sie geöffnet und ausgewertet.
Damit sind die Stimmen nicht durch das Anwaltsgeheimnis geschützt: Der Pharmakonzern verfügt bereits vor der GV über die Abstimmungszettel mitsamt dem Namen des abstimmenden Aktionärs. Damit liesse sich das Stimmgeheimnis aushebeln.
Stimmrechtsvertreter Peter Andreas Zahn erklärt das Vorgehen mit praktischen Überlegungen: «Die Verarbeitung von über 30'000 eingehenden Briefen erfordert einen grossen logistischen Aufwand, der die Kapazität einer Anwaltskanzlei sprengt», erklärt der Anwalt in der «Rundschau».
VR weiss, was an der GV läuft
Allerdings bietet die Methode dem Verwaltungsrat einen Vorteil: Er informiere den Verwaltungsratspräsidenten und wenn notwendig auch weitere Personen über Trends bei der Abstimmung, so Zahn. Das heisst: Die Verwaltungsräte können der Veranstaltung jeweils mit grosser Gelassenheit über sich ergehen lassen – sie ahnen schon, was herauskommt.
Harsche Kritik am Vorgehen übt hingegen Thomas Minder, Ständerat aus Schaffhausen und Initiator der Abzocker-Initiative: «Das ist eine Schweinerei und geht gar nicht», sagt er in der SRF-Sendung. Minder verlangt, dass das Stimmgeheimnis gesetzlich festgeschrieben wird.
(tdr)