Zürich ist in den letzten Jahrzehnten zu einer international beachteten Kunststadt geworden. Es wundert deshalb nicht, dass die Zürcher Kantonalbank seit bald zehn Jahren eine bedeutende Sammlung mit Zürcher Gegenwartskunst aufgebaut hat, die nach einem einheitlichen, mit dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft SIK-ISEA erarbeiteten Konzept gestaltet wurde.
Die Bank will sich damit als modernes zukunftsorientiertes und weltoffenes Finanzinstitut präsentieren. Sie setzt auf Kunstschaffende aus dem Raum Zürich, deren Werke nach 1990 entstanden sind. Der geografische Begriff «Raum Zürich» wird aber weit gefasst. «Berücksichtigt werden Kunstschaffende aus dem Wirtschaftsraum Zürich, die hier geboren wurden, studiert haben oder hier leben und arbeiten», so Martin Zollinger, Vizepräsident des Bankrates und Präsident der Kunstkommission der Bank.
Nebst der Regionenzugehörigkeit werden die Werke nach vier Kriterien ausgewählt, nämlich Bekanntheit, künstlerische Qualität und Diversität. Das vierte Kriterium, Eignung für die Räumlichkeiten der Bank, erklärt sich damit, dass der unmittelbare Anlass für den Aufbau einer Corporate Collection im Jahre 2000 die Schaffung des Bereichs ZKB Private Banking am Hauptsitz der Bank an der Zürcher Bahnhofstrasse war.
Belebung der Kundengespräche
Da die Grösse der Besprechungszimmer kaum den Einbezug von Installationen und Skulpturen erlaubt, wurde anfänglich auf diese Kunstgattungen ganz verzichtet. Seit einigen Jahren sind aber in den Korridoren der Bank auch Video-Installationen zu sehen, so u.a. eine Installation der Künstlerin Annelies ?trba, welche schwimmende Koi-Karpfen zeigt, oder die Video-Projektion von Andrea Wolfensberger/Pascal Gysin im Steinfels-Gebäude in Zürich-West. Diese Kunstwerke sind nicht nur wahre «Eyecatcher», sondern sie beleben auch die Kundengespräche.
Die Kunden interessieren sich zunehmend für die Sammlung der ZKB. So stiess die Einweihung der «Flickenkugel» im April dieses Jahres auf grosse Beachtung. Der in Zürich geborene und im Aargau tätige Beat Zoderer gestaltete für die Halle des ZKB-Bürogebäudes in Zürich-West eine 500 kg schwere, aus eingefärbten Aluminiumstreifen bestehende bunte Kugel mit einem Durchmesser von 5 m.
Differenziertes Kunstengagement
Anders als bei anderen Finanzinstituten, wo derzeit Ankaufsstopps für Kunst gelten, erwarb die ZKB auch im laufenden Jahr bereits mehr als 100 Werke bekannter Zürcher Gegenwartskünstler wie Uwe Wittwer, Adrian Schiess, Dominique Lämmli, Klaus Born oder Cécile Wick. Es werden aber auch Werke von jungen Künstlern und Galerien aus dem Wirtschaftsraum Zürich zugekauft.
Grossen Wert legt die Bank auf Qualität. Darunter versteht sie entsprechend ihrem Kunstkonzept, dass «die Kunstwerke professionellen Wertmassstäben zu genügen haben». Die wichtigste Grundlage für die professionelle Qualitätsbeurteilung von Schweizer Kunst bildet das Rating des Online-Lexikons SIKART des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft. Dieses Rating beruht auf der Bewertung der Rezeption eines Kunstschaffenden, so zum Beispiel in welchen Kunsthallen, Museen oder Galerien er ausgestellt wurde oder welche Stipendien und Preise er bekommen hat. Trotzdem bleibt es schwierig, «Qualität» richtig einzuschätzen. Aus diesem Grund hat die ZKB-Kunstkommission eine Kategorie Young Hopeful geschaffen und hofft, damit Künstlerinnen und Künstler ausgewählt zu haben, die in einigen Jahren zu den Arrivierten gehören werden. Man fragt aber auch beim SIK-ISEA an, ob dieses Institut entsprechende Empfehlungen abgeben kann, und schliesslich tauscht man sich mit anderen Kunstsammlern mit breiter Erfahrung und mit Galerien aus. Jedes Rating bedarf jedoch der Interpretation, und so ist es durchaus möglich, dass anfänglich mittelmässige Künstler mit der Zeit einen beachtlichen Rezeptionsausweis erbringen. Anderseits, und darauf hofft man natürlich, gibt es Shooting Stars, die bereits von Anfang an auf Erfolgskurs sind und auch bleiben. Ein Kunstwerk sollte aber vor allem längerfristig Bestand haben. «Nachhaltigkeit ist auch für unsere Sammlung ein wichtiges Kriterium», meint Martin Zollinger dazu.
Kunst Zürich und ZKB-Kunstpreis
Bereits seit längerem unterstützt die ZKB die Kunst Zürich, eine internationale Messe für Gegenwartskunst in den Oerlikoner ABB-Hallen. Da die dort ausstellenden Galerien und Künstler dem Sammlungskonzept der ZKB aufs Beste entsprechen, konnten die Organisatoren die Bank dazu bewegen, einen Förderpreis für aktuelle zeitgenössische Kunst zu stiften. Dieser Preis wird nun zum dritten Mal verliehen.
Auch hier setzt die ZKB wieder klare Kriterien hinsichtlich des Wirtschaftsraums Zürich: Die nominierende Galerie muss im Wirtschaftsraum Zürich tätig sein und/oder der zu prämierende Künstler muss in irgendeiner Art einen Bezug dazu haben. In diesem Jahr wurden wiederum zwölf Schweizer Künstlerinnen und Künstler eingeladen, und die ZKB stiftet eine Preissumme von 10000 Fr. für eine durch eine Jury prämierte Solo-Show. Vom Preisträger wird seitens der Bank ein Kunstwerk für ihre Sammlung erworben. Die Partnerschaft mit der Kunst Zürich bietet der ZKB zudem eine gute Gelegenheit, das Interesse der Kunden - vor allem der bestehenden und potenziellen Private-Banking-Kunden - auf sich und ihr Kunstengagement zu lenken; für viele der ZKB-Mitarbeitenden ist die Messe ein fester Punkt im Jahresprogramm geworden.
Veränderungen im Hauptsitz
In absehbarer Zeit wird der Hauptsitz der ZKB umgebaut. Dieser Umbau wird bedeutend sein und vor allem im Erdgeschoss werden grosse Veränderungen vorgenommen. Neu soll das Geschoss von allen vier Seiten zugänglich sein, um damit nicht nur Bankkunden ins Gebäude zu bringen, sondern auch im Sinne eines öffentlichen Raumes mittels temporärer Kunstausstellungen oder anderer kultureller Veranstaltungen ein breiteres Publikum mit der ZKB in Kontakt zu bringen. Für dieses Vorhaben wird wiederum ein Kunstkonzept nötig und man wird auch überlegen müssen, wie sich diese neuen Verhältnisse auf den Umgang mit den heute im Gebäude vorhandenen Kunstwerken auswirken.
Nachdem Ende Oktober ein Kick-off-Meeting stattfand, wird nun unter Einbezug der Mitarbeitenden - auch hinsichtlich Kunst am Bau - die Planung begonnen. Was allerdings mit dem wohl bekanntesten und beim Publikum äusserst beliebten Kunstwerk der ZKB, dem vom Zürcher Künstler John A. Tobler gestalteten Rhinozeros geschehen wird, steht noch in den Sternen. Vielleicht müsste man dafür den Direktor des Zoos Zürich als Berater beiziehen!
NACHGEFRAGT
«Kunstsammlung unterstützt das Leitbild der ZKB»
Christoph Weber, Mitglied der Generaldirektion Zürcher Kantonalbank und Leiter Private Banking, über das intensive Engagement der Bank für die Kunst.
Seit September 2008 sind Sie neuer Leiter des ZKB Private Banking. Welches Verhältnis haben Sie persönlich zur Zürcher Gegenwartskunst?
Christoph Weber: Für mein Büro durfte ich Werke aus der Kunstsammlung der ZKB auswählen. Ich habe dabei zwei Bilder von Andy Denzler ausgesucht. Vor kurzem hatte ich Gelegenheit, ihn bei einem Atelierbesuch persönlich kennen zu lernen. Mein zweites Interesse gilt der Fotokunst.
Wie stufen Sie die Bedeutung der ZKB Corporate Collection ein?
Weber: Die Firmensammlung unterstützt durch ihren Fokus auf Zürcher Gegenwartskunst das Leitbild der Bank. Das differenziert uns klar von anderen Sammlungen auf dem Platz Zürich. In allen unseren öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten werden einzig Bilder aus unserem Sammlungsbestand gezeigt. Sie sind ein Beitrag zu einer kultivierten Arbeitswelt.
Betrachtet man die Werbung der ZKB, so hat man den Eindruck, dass mit dem Kunstengagement vor allem Private-Banking-Kunden angesprochen werden sollen. Ist diese Strategie aufgegangen?
Weber: Ja, das ZKB Private Banking befasst sich im Bereich Marketing und Events bewusst mit dem Thema Kunst. Unsere bedeutende Sammlung ermöglicht es uns, die Kunstaffinität vieler unserer Kunden anzusprechen. Bei der Begegnung mit unseren Kunden geht es uns darum, ein gemeinsames emotionales Erlebnis zu schaffen. Über die Kunst gelingt uns das in idealer Weise.
Wie werden Ihre Mitarbeitenden im Private-Banking-Bereich in die Kunst und das Kunstengagement der ZKB eingeführt?
Weber: Das ZKB Private Banking organisiert für seine Mitarbeitenden regelmässig Ausbildungen zu verschiedenen Themen der Kunst. So werden sie fachkompetent über Sinn und Zweck des Kunstengagements der ZKB, über die Sammlungsziele und über die angekauften Kunstwerke informiert. Zudem besteht die Möglichkeit, an Kunstanlässen teilzunehmen.
Auf Ihrer Homepage heisst es, dass für die ZKB nicht der Wert des Künstlers, sondern die Qualität des Werkes zählt ...
Weber: Die ZKB kauft Kunst nicht unter dem Gesichtspunkt eines rentablen kurzfristigen Investments. Auch geht es uns nicht darum, mit einzelnen Werken möglichst rasch einen Gewinn zu erzielen. Vielmehr geht es uns um den Aufbau einer anerkannten und in ihrer Art einmaligen Sammlung.