Journalisten scheuen Veränderungen am Arbeitsplatz wie der Teufel das Weihwasser. Am liebsten vergraben sie sich hinter ihrem Schreibtisch, um an der eigenen Story zu arbeiten. Bislang war das für die meisten auch möglich: Kein grosses Schweizer Medienhaus wagte sich daran, flächendeckend mobile Arbeitsplätze einzurichten, wie dies etwa in Grossbanken bereits gang und gäbe ist. 

Das Medienhaus Tamedia prescht nun vor. Vor kurzem wurden die Mitarbeiter im Intranet über das Projekt «Lego» informiert. Und sie staunten Bauklötze: Innerhalb des Unternehmens soll es bald keine fixen Arbeitsplätze mehr geben. Wie die schöne neue Arbeitswelt bei Tamedia aussehen soll, illustrierte die Führungs-Crew um Verleger Pietro Supino anhand von Legofigürchen. Künftig sollen die Mitarbeitenden in zugeteilten Zonen tätig sein, in denen «verstellbares Mobiliar» zur Verfügung stehe.

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Verhaltene Reaktion

«Dank Lego können wir alle, unabhängig vom Standort, unserer Arbeit nachgehen», wird Tamedia-Finanzchef Sandro Macciacchini in der Mitteilung zitiert. Cloudbasierte Systeme würden es ermöglichen, dass Mitarbeitende unterwegs, in einem externen Büro oder von zu Hause aus arbeiten könnten. 

In den Redaktionen hält sich die Euphorie über das Vorhaben in Grenzen. Der umfassende Umbau des Verlagshauses, die Reorganisationen und die Sparmassnahmen haben zu verbreiteter Verunsicherung beim Personal geführt. Jetzt fürchtet ein Teil der Mitarbeitenden, das Unternehmen wolle sie wie Legofigürchen ins Homeoffice verschieben, weil es vor Ort zu wenig Arbeitsplätze gebe.

Medienhaus auf dem Prüfstand

Genährt wird das Misstrauen, da die Tamedia-Führung erwägt, das gläserne Medienhaus auf dem Werd-Areal aufzugeben. Der Mietvertrag für das Gebäude, in dem etwa die Redaktionen von Annabelle und Schweizer Familie daheim sind, läuft Ende 2020 aus.

«Wir prüfen einen Erweiterungsbau, der es uns erlauben würde, das Medienhaus abzugeben», entgegnet dazu ein Tamedia-Sprecher. «Bis zur Fertigstellung des neuen Gebäudes würden wir das Medienhaus weiter nutzen.» Das Projekt Lego sei aber «nicht standortabhängig». Es gehe vielmehr darum, wie man künftig zusammenarbeite und welche Flexibilität man dabei benötige.

(dvp)