An der Zürcher Bahnhofstrasse bleibt gerade kein Stein auf dem anderen. Zahlreiche Mieterwechsel und neue Pop-up Stores sind Indikatoren für einen hypernervösen Detailhandel. Der neueste Trend: negatives Schlüsselgeld. Vor ein paar Jahren zahlten Ladenketten noch Millionen, um von bestehenden Händlern den Mietvertrag zu übernehmen. Heute ist es umgekehrt. Weil die Geschäfte schlecht laufen, wollen sich einzelne Mieter nicht mehr an den mehrjährigen Vertrag halten und bieten potenziellen Nachmietern Geld.

Wie man in der Branche hört, offeriert Michael Kors nun acht Millionen Franken für die Übernahme seines Mietvertrags. Konkret: Wer den 200-Quadratmeter-Laden an der Bahnhofstrasse 54 übernimmt, kriegt von Kors während acht Jahren eine Million Franken an die Jahresmiete bezahlt. Laut Insidern zahlt der Luxusgüterhersteller zwei Millionen Miete. Zusätzliche Büroräume kosten 300'000 Franken. Faktisch könnte der Nachmieter also mit einem jährlichen Zins von einer Million durchkommen, wenn er die Büros weitervermieten würde. Ein Schnäppchen.

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Einer der besten Lagen

Zugebissen hat offenbar schon das Krokodillabel Lacoste. Angestellte bestätigen auf Anfrage den Umzug. Die doppelstöckige, aber enge Filiale am Rennweg ist nur einen Steinwurf entfernt. Zügelt der Laden an die Bahnhofstrasse, könnte sich der Umsatz durch die viel bessere Lage verdoppeln. Das dürfte sich lohnen, auch wenn Lacoste bislang am Rennweg nur eine halbe Million Franken an Mietzins zahlen musste.

Die Lage gleich neben der Tramhaltestelle ist eine der meistfrequentierten an der teuersten Einkaufsmeile im Land. Das Gebäude gehört der einst glänzenden Schuhmarke Bata, die in den letzten Jahren alle Schweizer Läden dichtmachte. Michael Kors ist seit 2015 im Haus.

Michael Kors

Michael Kors: Der Modedesigner ist bekannt für Luxus-Accessoires und Prêt-à-porter.

Quelle: Keystone

Filialnetz zu schnell gewachsen

Der Auszug soll noch vor dem Sommer erfolgen und ist Teil einer grösseren Bereinigungsaktion. Das Filialnetz ist viel zu schnell gewachsen – in sechs Jahren von 180 auf fast 1000. Im Schnitt öffneten weltweit pro Woche zwei Läden. Gleichzeitig bot das Unternehmen seine einst so begehrten Taschen auf immer mehr Schnäppchenportalen an. Die Budgetstrategie machte das Filialnetz weitgehend obsolet. Im Juli 2017 kaufte Kors der Investmentholding JAB der deutschen Familie Reimann die Schuhmarke Jimmy Choo ab

Weder Lacoste noch Michael Kors nahmen bis Redaktionsschluss Stellung zum Umzug. Genauso wenig äussert sich der Versicherer Swiss Life zu einer seiner geschichtsträchtigen Immobilien in der Nachbarschaft: Die Nummer 62, wo jahrzehntelang der Spielzeughändler Franz Carl Weber eingemietet war, soll nach einem Jahr der Suche einen Neubezüger haben. Ein Händler werde sich dort auf drei Stockwerken einrichten, heisst es.

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BILANZ April 2018
Quelle: Bilanz