Der erste Eindruck verstärkt sich im Lauf des Gesprächs: Diese Frau verströmt Ruhe. Ihre Worte wohl abgewogen. Die Gesten von Monica Mächler, der neuen Direktorin des Bundesamtes für Privatversicherungen, sind spärlich.

Dass die Atmosphäre trotzdem nicht kühl bleibt, hat mit ihrer Ausstrahlung zu tun. Die gross gewachsene Frau scheint in sich selber zu ruhen. Sie sitzt da wie ein Fels in der Brandung, beobachtet ihr Gegenüber aufmerksam, beantwortet Fragen präzis und lässt sich durch Zwischenbemerkungen nicht ablenken.

Sie bleibt immer sehr sachlich, spricht nicht laut und wirkt ausgeglichen. Haben ihre Mitarbeitenden nie erlebt, dass sie einen Wutausbruch hatte? Ist ihr Führungsstil immer so beherrscht? «Ich kann schon einmal wütend werden, das geschieht allerdings höchst selten. Zudem bin ich überhaupt nicht nachtragend.»

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Fehler differenziert betrachten

Sie setzt auf Teamarbeit und auf eine professionelle Leistung und sagt auch nicht – was viele Vorgesetzte nicht müde werden zu unterstreichen – «Fehler darf man machen, aber nicht zweimal dieselben». Sie sagt nur: «Fehler haben verschiedene Quellen, davon hängt auch ihre Beurteilung ab.» Die differenzierte Art, über Fehler anderer zu sprechen, erinnert an den grossen Motivator Dale Carnegie, der einmal sagte, Fehler könnten auch auf Missverständnissen oder mangelhafter Kommunikationsfähigkeit beruhen.

Ihr Pult ist nicht überladen und das Interieur so schlicht wie ihr Schmuck. Monica Mächler könnte ebenso gut CEO eines grossen Pharma-Multis oder Professorin an einer amerikanischen Law School sein.

Bei der Zurich Group unterstanden ihr 300 weltweit tätige juristische Experten und Compliance-Spezialisten. In Bern sind es «nur» deren 90. «Aber alle arbeiten unter einem Dach. Das hat seine Vorteile», sagt sie.

Ihre neuen Mitarbeitenden befassen sich vor allem mit der laufenden Beaufsichtigung der in der Schweiz tätigen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler. Zudem obliegt ihnen, die Ausführungserlasse zum neuen Versicherungsaufsichtsgesetz abzurunden. Ferner begleiten sie die Vernehmlassung zum Entwurf einer Expertenkommission für ein neues Versicherungsvertragsgesetz und leisten Vorarbeiten zur integrierten Finanzmarktaufsichtsbehörde.

Viele «Meilensteine»

Wird sie künftig auch so viel zum Reisen kommen wie in ihrer Funktion als Group General Counsel und Mitglied der erweiterten Konzernleitung am Mythenquai in Zürich? Diese Frage drängt sich deshalb auf, weil sie die Passion für andere Länder und Sitten mehrmals erwähnt. Während ihrer Tätigkeit bei Zurich haben Auslandaufenthalte eine wichtige Rolle gespielt.

Wenn immer Fusionen, Akquisitionen oder Devestitionen sowie andere Geschäfte anstanden, war das «juristische Gewissen» von Monica Mächler gefragt, nicht nur in der Limmatmetropole, sondern am Ort des Geschehens. So war sie beispielsweise involviert, als die Zürich Versicherungs-Gesellschaft mit dem Finanzdienstleistungs-

bereich von B.A.T fusionierte, oder als die Zurich Financial Services

ihr Vermögensverwaltungsgeschäft der Deutschen Bank verkaufte und im Gegenzug wichtige Versicherungsbeteiligungen der Deutschen Bank erwarb.

Dreidimensionale Meilensteine

All diese Phasen der Expansion und Arrondierung behagten ihr. Ihre Stärken kamen voll zum Tragen. Dazu gehören etwa die Fähigkeit, sich in einem komplizierten rechtlichen Gestrüpp auszukennen, tragfähige Lösungen zu finden und durchzuziehen. So wird sie von vielen beschrieben.

Von ihrer wichtigen Funktion bei Verhandlungen und vor allem bei den erfolgreichen Abschlüssen zeugt eine eigenartige «Galerie». Es sind Stelen aus Kunststoff, in denen das Datum und der Grund für die Verleihung dieses Andenkens eingelassen sind. Mächler nennt sie Meilensteine.

Wir greifen wahllos einen davon heraus. «Der erinnert an die Kapitalerhöhung um 2,5 Mrd Dollar im Jahr 2002», sagt sie, und man spürt, dass es ihr irgendwie nicht behagt, wenn ihre Verdienste zu sehr in den Mittelpunkt gestellt werden.

Lieber spricht sie über ihre Lehr- und Wanderjahre und – immer wieder – über ihren Aufenthalt in anderen Regionen. «Es ist sehr spannend, die verschiedenen Rechtssysteme und ihre unterschiedlichen Ausgestaltungen zu vergleichen.» Wenn Monica Mächler beispielsweise den Unterschied zwischen dem angelsächsischen und dem kontinentaleuropäischen Recht herausfiltriert, kann man sie sich sehr wohl am Katheder vorstellen.

Fasziniert ist sie auch davon, dass zwar die Ausgangslage in den verschiedenen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich ist, heute aber in vielen Ländern Annäherungen durch neue Erlasse oder die neue Rechtsprechung festzustellen sind.

Oft war sie unterwegs, um ausländische Ankerplätze der Zurich zu besuchen, dort zu verhandeln und Erfahrungen zu sammeln.

Fremde Kulturen interessieren

Darauf angesprochen, welches Land sie am liebsten bereise, muss sie sich ungewöhnlich lange besinnen. «Ich liebe Italien, Frankreich, England, die USA – ach, ich könnte noch viele Länder aufzählen. Mich interessieren einfach fremde Kulturen, Sitten und Gebräuche. Das gilt auch für das Kulinarische. Es fiele mir schwer, mich festzulegen, Vielfalt hat es mir schon immer angetan.»

Das gilt auch für ihren Bildungsweg. Sie schloss ihr Studium 1980 an der Universität Zürich ab, arbeitete anschliessend als wissenschaftliche Assistentin, bildete sich in Programmen der Universität von Cambridge, der Columbia Law School/Leyden und an der Haager Akademie weiter.

Versierte Juristin

Vier Jahre nach Studienabschluss legte Mächler ihre Dissertation zu einem Thema vor, das sie seither nicht mehr losgelassen hat. Mit dem Werk «Vertragsgültigkeit und drittstaatliche Eingriffsnormen» betrat sie eine Welt, die sie immer tiefer in die internationalrechtlichen Dimensionen wirtschaftlichen Handelns hineinführte.

Kollegen aus ihrer Entourage im damaligen Advokaturbüro De Capitani, Kronauer & Wengle beschreiben sie als ausserordentlich versierte Juristin mit einem Flair für internationale Zusammenhänge. Sie sagt nur: «Internationale Aspekte des Rechts haben mich immer fasziniert.»

Berufswunsch: Medizin

Diese Passion konnte sie bei der Zurich Group voll ausleben. Aber in der neuen Position? Ist sie da nicht auf die schweizerische Versicherungslandschaft festgenagelt? «Keineswegs, unsere Verflechtungen mit den ausländischen Versicherungsaufsichtsbehörden bedingen Kontakte und Treffen mit Gesprächspartnern und Fachleuten aus aller Welt.»

Wer ihr zuhört, ist zunächst erstaunt über ihren Berufswunsch, der bei ihr mit jenem der Juristerei konkurrenzierte: Die Medizin. Sind das nicht zwei ganz verschiedene Welten? Monica Mächler legt dar, dass das nur den Anschein hat. «Es geht in beiden Berufen darum, komplexe Sachverhalte zu analysieren, Ursache und Wirkung zu ergründen, Fragestellungen unvoreingenommen anzugehen und den Kontakt mit Menschen zu mögen.»

Damit ist treffend umschrieben, was ihr auch an ihrem neuen Wirkungsumfeld wichtig ist.

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ZUR PERSON

Steckbrief

Name: Monica Mächler

Geboren: 1956

Zivilstand: Verheiratet

Wohnort: Raum Zürich

Funktion: Direktorin des Bundesamtes für Privatversicherungen (BPV), Bern

Karriere

- 1983–1984 Bezirksgericht Zürich

- 1985–1990 Advokaturbüro De Capitani, Kronauer & Wengle

- 1990–2006 Zurich Group, seit 1999 Group General Counsel, Leiterin Verwaltungsratssekretariat, seit 2001 Mitglied der erweiterten Konzernleitung

- Seit 2007 Direktorin des BPV

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Führungsprinzipien

1. Komplexe Sachverhalte unvoreingenommen angehen.

2. Fehler nicht als monokausal betrachten, sondern in ihrem Kontext.

3. Nicht nachtragend sein.

4. Tragfähige Lösungen gemeinsam finden.

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Firma

BPV

Das Bundesamt für Privatversicherungen ist Teil des EFD. Es hat den gesetzlichen Auftrag, die Aufsicht über die Versicherungsunternehmen sowie die Versicherungsvermittlerinnen und Versicherungsvermittler wahrzunehmen.