Beim französischen Luxusgüterhersteller Hermès haben Swiss-made-Uhren Tradition. Die 1837 von Thierry Hermès in Paris gegründete Geschirr- und Sattlermanufaktur diversifiziert in der dritten Generation Anfang des 20. Jahrhunderts in die Herstellung und den Vertrieb von Lederbändern für die ersten Armbanduhren. Bereits 1928 – lange vor der Einführung des legendären Hermès Seidenfoulards – wird am Firmensitz Faubourg Saint-Honoré 24 in Paris der Verkauf von Uhren der Marke Hermès aufgenommen.



Gute Beziehungen in die Schweiz



Das erste angebotene Modell – die rechteckige, mechanische Taschenuhr Ermeto – entsteht in Zusammenarbeit mit dem Bieler Uhrenhersteller Movado. Es folgen zahlreiche Armbanduhren, darunter auch Chronographen, die Hermès in Zusammenarbeit mit renommierten Schweizer Manufakturen wie Jaeger, Universal oder Vacheron & Constantin entwickelt und bei ihnen herstellen lässt.

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Wie ernsthaft Hermès Paris die Sparte Uhren verfolgt, beweist Konzernchef Jean-Louis Dumas-Hermès 1978: Er gründet in Biel die Tochtergesellschaft La Montre Hermès SA für die Herstellung und den Vertrieb von Hermès-Uhren. Der Standort an der Wiege der Schweizer Uhrentradition hätte nicht besser gewählt werden können, gibt es doch dort zu jener Zeit erfahrene Uhrmacher genug.

Hermès eigene Kollektionen sind geprägt von edlen Metallen und feinstem Leder, das in den hauseigenen Werkstätten von Grund auf bearbeitet wird, sowie der für Luxusgüter gewohnten Spitzenqualität. Im Design erinnern viele Details immer wieder an den traditionellen Ursprung des Hauses, wie etwa der Sattelnagel in der Zifferblattmitte der Sellier, die 1987 zum 150-jährigen Firmenjubiläum auf den Markt kommt.

Oder das Doppelarmband, das sich zweimal ums Handgelenk wickeln lässt und verschiedene Damenmodelle ziert. Noch grössere Vielfalt erlauben die Armbänder der Modelle Barénia aus dem Jahr 2004, welche ohne Nähte und Schnalle auskommen und dank patentiertem System im Nu selbst ausgewechselt werden können.

Der rasche Erfolg in vielen Ländern dieser Welt führt 1998/99 zum Bau neuer Ateliers, die in nächster Nähe zum bisherigen Standort in Brügg-Biel über drei Stockwerke auf einer Gesamtfläche von 3800 m2 hochgezogen werden. Die Ausführung des französischen Architekturbüros Ceria & Coupel folgt dem Vorbild der Ateliers Hermès in Pantin bei Paris: Das für die Präzisionsarbeit der Uhrmacher so wichtige Tageslicht durchdringt das Glasgebäude.

Zügel in die eigene Hand nehmen



Heute arbeiten in den Bieler Ateliers rund 100 Personen. Davon 13 im Lederatelier, das letzten Oktober für die Herstellung der für die Uhren benötigten Hermès-Armbänder neu eingerichtet worden ist. Ein Besuch macht deutlich, dass trotz Hochpräzisionsmechanik noch immer zahlreiche flinke Hände leidenschaftlicher Menschen benötigt werden. Es sind meist Frauen, welche das Dutzend Arbeitsgänge der Maroquinerie beherrschen.

Die Qualität des Leders ist dieselbe wie für Hermès berühmte Lederwaren und umfasst von Ziegen-, Rind- und Büffel- über Straussen- bis zu Alligatorleder viele Arten, um den Wünschen einer verwöhnten internationalen Kundschaft entgegenzukommen. Eindrücklich, wie die Bänder mit einem einzigen Leinenfaden von Hand zusammengenäht und mit drei Endstichen im Sattelstich-Piqué beendet werden. Jedes Armband wird mit einem Buchstaben für das Herstellungsjahr, einem geometrischen Symbol als Auszeichnung für kostbarstes Leder und dem Hermès-Logo versehen.

In Brügg-Biel werden jährlich rund 130000 Uhren gefertigt – davon gut 80% im mittleren Preissegment (Joaillerie ausgenommen) für die Damenwelt. Hermès-Uhren werden über 242 eigene Boutiquen (neun in der Schweiz) und Exklusiv-Konzessionäre zur Hauptsache in Japan, Frankreich, den USA und in zahlreichen weiteren Ländern Europas verkauft.

VMF bringt Zusatzkompetenz



«Mit dem Engagement bei Vaucher Manufaktur Fleurier – der VMF – haben wir nun Gewähr, gemeinsam mit unserem Pariser Designerteam eine qualitativ hervorragende Kollektion mechanischer Uhren zu entwickeln und damit unsere Kompetenz im Markt zu stärken», freut sich Generaldirektor Emanuel Raffner.

www.hermes.com

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Interview: Jörg Denzler ist als Geschäftsführender Partner der Unternehmensberatung Balanx Sprecher der Sandoz-Familienstiftung , der Besitzerin der Uhrenmanufakturen Parmigiani und Vaucher in Fleurier.



Die Hermès-Gruppe stieg mit 25% in die Vaucher Manufaktur Fleurier (VMF) ein, dies mit dem Ziel, künftig mehr mechanische Uhren herzustellen. Welche Vorteile sieht die Sandoz-Familienstiftung in dieser Beteiligung?



Jörg Denzler: Die strategische Ausrichtung von Vaucher ist von Anfang an darauf angelegt worden, auch für eine begrenzte Anzahl Dritter Uhrwerke zu produzieren. Mit Hermès haben wir einen Partner gefunden, der unsere Werte teilt und die besondere und kontrollierte Expansionsstrategie von VMF mitträgt.







Hat sich Hermès mit dieser Beteiligung verpflichtet, künftig alle mechanischen Uhrwerke bei VMF zu beziehen?



Denzler: Nein. Vaucher ist für Hermès sicher die bevorzugte Quelle für mechanische Uhrwerke. Eine Exklusivität besteht jedoch nicht.







Mit Hermès und Parmigiani beziehen jetzt zwei Luxusmarken die Uhrwerke von VMF.

Fürchtet Parmigiani als Muttergesellschaft die neue Konkurrenz nicht?



Denzler: Im Luxusuhrenmarkt ist Platz für verschiedene Player. Parmigiani wird immer eine hochwertige Nischenmarke bleiben – wir gehen von maximal 10000 Uhren pro Jahr aus. Diese Menge lastet die Kapazitäten von Vaucher als Uhrwerkproduzent ungenügend aus.







Vaucher produziert ja auch Uhrwerke für Tiffany. Hat denn die Manufaktur Kapazität für weitere Uhrenmarken?



Denzler: Vaucher ist für die nächsten Jahre sehr gut ausgelastet, worüber die Sandoz-Familienstiftung erfreut ist. Bestellungen von Uhrenherstellern, die heute nicht Vaucher-Kunden sind, werden nur unter bestimmten Bedingungen akzeptiert. Verschiedentlich mussten solche Anfragen auch schon abgelehnt werden.



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Beteiligung: Ziel ist ein höherer Anteil an Herrenuhren



VMH: Per Ende 2006 beteiligt sich die Hermès-Gruppe mit 25% an der Vaucher Manufaktur Fleurier (VMF), die mechanische Uhrwerke entwickelt, produziert und dekoriert. VMF ist eine Tochterfirma der Parmigiani Haute Horlogerie in Fleurier, die der Sandoz-Familienstiftung gehört. Diese Investition liess sich Hermès 25 Mio Fr. kosten; sie hat gemäss Emanuel Raffner die vor einem Jahr eingeläutete Konzentration auf mechanische Herrenuhren zum Ziel. Raffner, der gebürtige Elsässer, stiess vor sieben Jahren zum Uhrenunternehmen und führt es seit 2004 als Generaldirektor.