Es gilt als eines der ehrgeizigsten Vorhaben in der jüngeren Geschichte der Luftfahrtindustrie: Die Marenco Swisshelicopter (MSH) aus Mollis GL fordert die Grossen wie Bell oder Airbus Helicopters heraus und will einen neuen, einmotorigen Hubschrauber bauen, dessen Kabine aus leichtem Verbundwerkstoff besteht. Der SKYe SH09 ist der erste Drehflügler, der je in der Schweiz gebaut wurde. Ende Dezember teilte MSH plötzlich mit, dass der Gründer des Projekts und Unternehmens-CEO, Martin Stucki, das Unternehmen zum Jahreswechsel verlasse. Als Nachfolger wurde Ex-Eurocopter-Manager Andreas Löwenstein angeheuert.

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Recherchen von «Bilanz» zeigen: Stucki und Marina Grönberg, die Statthalterin des russischen MSH-Mehrheitsaktionärs Alexander Mamut, hatten sich über Jahre gestritten und am Ende überworfen. Zudem hinkt das Projekt den ursprünglichen Planungen um drei Jahre hinterher. Bei der Vorstellung des neuen Helikopters Ende 2013 war noch davon die Rede, dass 2015 die ersten Exemplare ausgeliefert werden sollten. Tatsächlich wird gerade erst der dritte Prototyp des Hubschraubers fertig gestellt.

«Permanenter Kampf um das Geld»

Laut Unternehmenskreisen wirft Martin Stucki der Statthalterin des russischen Investors vor, die Firma stets finanziell an der kurzen Leine geführt zu haben. «Es gibt einen permanenten Kampf um das Geld», berichten Marenco-Manager übereinstimmend. Das habe Kapazitäten absorbiert, weil ständig Zulieferer beruhigt werden mussten, die auf ihr Geld warteten. Allerdings sind die Kosten für das Projekt im Laufe der Jahre explodiert und belaufen sich mittlerweile auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Grönberg musste immer wieder frisches Geld nachschiessen. Sie war unzufrieden damit, wie Stucki die Firma führte.

Der Ingenieur habe einen Alleinführungsanspruch gehabt, vor allem mit Marketingvorstand und Grönbergs Vertrauensmann Mathias Sénès habe es regelmässig Streit gegeben. Bisher gibt es über 90 Kauf-Absichtserklärungen, aber nur zwei feste Bestellungen. Stucki wollte Sénès loswerden, doch Grönberg hielt an diesem fest.

Entnervt von der Kostenexplosion hatte Marina Grönberg zwischenzeitlich gar an einen Verkauf des jungen Hubschrauberherstellers gedacht. Vertreter der Konkurrenten AugustaWestland und Russian Helicopters hatten sich bereits in den Hallen von MSH im Glarnerland umgeschaut. Angebissen hat aber niemand.

In Eigenregie weiterführen

Jetzt will Mamut das Projekt dem Vernehmen nach doch in Eigenregie weiterführen. Dazu hat Ende vergangenen Jahres die Holdinggesellschaft von Marenco Swisshelicopter bei der russischen Bank Otkritie einen Kredit über 85 Millionen Franken aufgenommen.

Laut den internen Planungen soll die Zertifizierung des neuen Hubschraubers für den europäischen Markt bis Ende nächsten Jahres vorliegen. MSH hofft, dass dann potenzielle Käufer ihre Absichtserklärungen in verbindliche Orders umwandeln. Dann werden Anzahlungen auf den Kaufpreis von rund drei Millionen Franken fällig. Damit will MSH den Aufbau der Serienproduktion mitfinanzieren.

Martin Stucki wollte sich nicht 
zu den Vorgängen äussern. Marina Grönberg verwies auf die Pressemitteilung von Dezember und liess mitteilen, dass «wir weiterhin voll hinter dem faszinierenden Projekt stehen. Die Finanzierung ist für die übersehbare Zukunft gesichert.»

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