Der Präsident der Alpha Bank, Giannis Kostopoulos, bemüht sich seit über zwei Dutzend Jahren, alte private Münzsammlungen aufzukaufen, die aus Erbschaften des vorherigen Jahrhunderts stammten. Als Erstes wurde die Sammlung der Voreigentümer Meletepoulos und Andreopoulos erworben. «Die damalige Credit Bank kaufte die Münzen, um dem modernen Griechenland eine Sammlung seiner traditionellen Münzen zur Verfügung zu stellen», erklärt der heutige Kurator Anastassios Tzamalis. Ziel der Sammlung sind antike Objekte seit der Erfindung der Münze im 7. Jh. v. Chr. bis zum Abbruch der Prägung der hellenisch-römischen Münzen im 3. Jh. n. Chr. Der Zeitraum erstreckt sich geografisch von Ionien bis zur Schliessung der griechischen Münzprägeanstalt in Alexandrien. Tzamalis: «Wir sammeln zudem römische Münzen mit griechischen Inschriften oder Abbildungen von Göttern aus dem griechisch-römischen Pantheon.» Die Römer gestatteten anfangs den Gebrauch der örtlichen Münzen in den von ihnen eroberten Gebieten. Sie benutzten sogar die Athener Münzprägeanstalt, wo grosse, silberne Tetradrachmen geprägt wurden, Münzen der so genannten «neuen Technik», um sie für ihre Kriege einzusetzen.
Erste «einheitliche Währung»
Weiter nördlich nutzten die Römer die Münzprägeanstalt von Thassos und Maronia und im Süden diejenige der Athener. Mit der Einführung des römischen Denarius in Griechenland wurde die Prägung griechischer Münzen eingestellt. Nur noch das «Kleingeld», Kupfermünzen mit geringem Wert, wurde weiter dort hergestellt. Zwischen 250 n. Chr. und 300 n. Chr. unterbrachen die Römer die örtlichen Münzprägungen in ihren Gebieten. So führten sie die erste «einheitliche Währung» ein, um den Geldfluss lenken zu können. Merkwürdigerweise hielt sich die griechische Sprache im Bosporus, wo die von den Römern eingesetzten örtlichen Könige Münzen mit griechischer Aufschrift und dem Abbild römischer Kaiser in Umlauf brachten.
Als die Münzprägeanstalt von Alexandria geschlossen wird, besteht in Äthiopien das mächtige Königreich von Aksum, dessen Könige, um hellenische Bildung zu demonstrieren, ihre Münzen bis ca. 600 n. Chr. mit griechischen Aufschriften versehen. Diese äthiopischen Münzen befinden sich in der Sammlung der Alpha Bank. Alles, was irgendwie an Griechenland erinnert, von Indien bis England und von der Ukraine bis nach Äthiopien, findet Platz in der Münzsammlung.
«Die zentraleuropäischen Kelten, die westlich der Donau siedelten, verbreiten 30 Jahre nach dem Tode Philipps II. die mazedonischen Goldmünzen, die daraufhin zur gängigen Währung in Europa avancierten. Sogar in England wurden diese Münzen gefunden. Die späteren Kopien der Münze bilden Zeus, Apollon und die Pferde Philipps II. (359336 v. Chr.) ab. In der Schweiz wird auf den ersten dort geprägten Münzen postum, im Jahr 290 v. Chr., wiederum Philipp II. abgebildet. «Die Münze, leicht gekrümmt, ist eine der ersten in Europa überhaupt», sagt Tzamalis. Es handelt sich um eine original schweizerische Tetradrachme mit der Abbildung Philipps II. Die Symbole und Inschriften des Königs werden jedoch nur ungenügend wiedergegeben.
Die ersten Dinare haben griechische Inschriften und später lateinische. Um 250 v. Chr. beenden die Römer auch die Prägung der kleinen Münzen in den griechischen Prägestätten. Als dominante Macht unterbanden sie alle Aktivitäten in Sachen fremder Währung. Die Münzen kamen fortan aus dem fernen Rom. So konnten die Römer die Preise kontrollieren. Tausende von Sklaven arbeiteten in der staatlich-römischen Münzprägeanstalt und produzieren Gold-, Silber- und Kupfermünzen.»
11.000 Münzen
Die Sammlung der Alpha Bank enthält derzeit 11.000 Münzen und wächst dank Zukäufen an internationalen Auktionen ständig. Vor drei Jahren wurde Band I des Katalogs Sylloge Numorun Graecorum veröffentlicht, in dem die makedonischen königlichen Münzen enthalten sind: Macedonia l (Alexander I-Perseiis). Zum Zeitpunkt der Prägung sagt Tzamalis: «Hier ist Herodot nicht ganz eindeutig! Lydien war der erste Staat, der Münzen einführte, aber die der Münze ist wohl den Händlern Kleinasiens zuzuschreiben.» Der Wert des Elektrons (Zusammensetzung aus Gold und Silber) wurde bestimmt durch sein Gewicht. Sein Umlauf unterstand keiner staatlichen Verordnung. Die ersten Münzprägungen waren also reine Privatinitiativen. Später wurde die Praxis von den Stadtstaaten übernommen. Es entwickelte sich das Wort Nomisma, abgeleitet vom griechischen «Nomos». So entstanden die stadtstaatlichen Münzen von Ephesos, Halikarnassos, Samos und Mytilene. Von dort erhielten sie auch die bei Herodot erwähnten Lydier.
Krösus: Nicht Erfinder der Münzen
Als Krösus oder Kroisos im Jahr 560 v. Chr. König wird, ist zunächst das Elektron im Umlauf. Aber die Goldfärbung der Münzen ist unterschiedlich intensiv, und es kommt zu Schwierigkeiten im Geschäftsleben. Es ist bereits technisch möglich, die Metalle voneinander zu trennen. Also lässt Krösus die ersten Münzen aus reinem Gold bzw. Silber prägen. Dies führt zum historischen Missverständnis, wonach Krösus die Münzen erfunden hätte. Er hat lediglich als Erster ein bimetallisches System aus reinen Gold- und Silbermünzen verwendet.
Als Emblem erschienen auf dem Elektron der Stier und der Löwe. Als die Perser 546 v. Chr. Lydien und Kleinasien eroberten, beliessen sie die ortsüblichen Münzen im Umlauf und prägten weiterhin die lydischen Gold- und Silbermünzen, genannt Stateras. Nur 50 Jahre später, um 505 v. Chr., begannen sie, ihre eigenen Münzen zu prägen. Sie bildeten den Perserkönig ab. Einige griechische Stadtstaaten wandten die goldene Regel an. Ein Beispiel dafür ist die Münze aus Lampsakos, von der es nur drei Exemplare gibt. Das besterhaltene Exemplar ist in der Alpha-Bank-Sammlung.
Das Alpha-Logo
In Griechenland wurden um 570 n. Chr., zuerst in Ägina, die Münzen eingeführt. Auf der Vorderseite eine Seeschildkröte, auf der Rückseite ein Engylon. In der nächsten Entwicklungsphase lösen sich die unklaren Linien zu einem Alpha auf, dem Anfangsbuchstaben der Insel und heutigen Logo der Alpha Bank. Im Jahre 456 n. Chr., als Ägina von den Athenern unterworfen wurde, behielten sie die Seeschildkröte als Wappentier bei. Bereits sehr früh, 550 v. Chr., begann die Athener Münzanstalt mit dem Silber aus Laurion und prägte unter Lysistrates die berühmten Tetradrachmen mit einem gleichbleibenden Gewicht von 17g. Die Münze gelangte mit dem florierenden Handel in alle Länder der Mittelmeerregion.
All diese frühen Münzen, sowohl der ionischen Kaufleute, der griechischen Stadtstaaten in Kleinasien, von Lydien, Athen, Philipp II. und Alexander dem Grossen bis hin zu Sofitos befinden sich in der Sammlung der Alpha Bank. Sie erzählen die Geschichte der antiken griechischen Numismatik, eine der bewegtesten in der Geschichte der Menschheit. Besonders reich sind in der Sammlung der Alpha Bank die makedonischen Münzen vertreten, 1991 erworben von einem Schweizer Sammler. Enthalten sind auch von Alexanders Nachfahren geprägte Münzen und bis heute sind weitere hinzugekommen. In der mit rund 6 Mio Euro versicherten Sammlung sind auch Stücke von Alexanders Nachfahren enthalten. Die Alpha Bank ist weiterhin auf den Auktionen in London, Frankfurt, Genf und Zürich aktiv, um die grösste private Münzensammlung in Griechenland zu erweitern.