Jecklin wird weiterbestehen», frohlockt Kurt Ott, interimistischer Geschäftsführer des traditonsreichen Musikhauses. «Endlich haben wir einen Käufer gefunden.» Wer die renommierte Schweizer Musikkette übernehmen wird, will er nicht verraten. Noch seien die Verträge nicht unterschrieben, der neue Besitzer wolle erst Ende August oder Anfang September an die Öffentlichkeit treten. Als Investor wird unter anderem Musik Hug, der grösste Konkurrent, gehandelt. «Dazu wollen wir uns nicht äussern», erklärt Marcus Forlin, Marketingleiter von Musik Hug. Auch der expansive französische Unterhaltungsriese Fnac wird als möglicher Käufer genannt. «Wir wollen uns in der Deutschschweiz niederlassen, aber wir wollen keinen Konkurrenten übernehmen», heisst es aus der Zentrale in Meyrin.

*Offerte an Krompholz*

Das Nachrichtenmagazin «Facts» tippte auf den Münchner CD-Verleger Manfred Eicher. Dieser müsse für den Deal noch einen Schweizer Ko-Geldgeber suchen, der mit mindestens einer halben Mio Fr. einsteigen soll. Dieses Gerücht will Eicher gegenüber der «HandelsZeitung» nicht kommentieren. Auch die zur Loeb-Gruppe gehörende Krompholz, das nach Hug und Jecklin drittgrösste Musikhaus der Schweiz, hatte eine Offerte für den Kauf von Jecklin erhalten. «Wir haben aber dankend abgelehnt. Denn unsere Strategie konzentriert sich auf den Raum Espace. Wir sind nicht an einer Expansion nach Zürich interessiert», sagt Hubert Aregger, Geschäftsleiter des Musikhauses Krompholz in Bern.

Grund für den Verkauf: Vor drei Jahren wurde Jecklin an die damals gegründete tmbm.com verkauft. Dahinter stand die Westschweizer Musikhandelskette Fréquence Laser. Damit wollte Jecklin sein Nachfolgeproblem lösen und sich zum stärksten Fachhändler der Schweiz entwickeln. Doch die Pläne zerschlugen sich. Der Markt brach ein. Letztes Jahr gab Jecklin sein Fachgeschäft in St.Gallen auf, die tmbm.com meldete sogar den Konkurs an. Heute gehört das Musikhaus der Grossbank UBS, die damals der tmbm.com den Kredit für den Kauf von Jecklin gegeben hat.

Mit über 100 Jahren auf dem Buckel ist Jecklin eine Institution in der Schweiz. Das Musikhaus betreibt ein Instrumentengeschäft sowie fünf CD- und DVD-Filialen, drei in Zürich, eine in Baden und eine in Bern und besetzt damit 100 Stellen. «Unser Geschäftsmodell steht auf drei Beinen», erklärt Ott, «dem Verkauf von Instrumenten, dem Verkauf von CD und der Vermietung und Pflege von Instrumenten inklusive Musiknoten.» Doch der dreibeinige Stuhl ist wacklig geworden. Gerade hat Ott den Jahresabschluss zuhanden des Verwaltungsrates abgeschlossen. Die Bilanz sieht nicht rosig aus: «Jecklin leidet unter dem generellen Umsatzeinbruch der Branche und kämpft mit der Ertragsfähigkeit», sagt Ott, ohne aber Detailzahlen verraten zu wollen. «30 Mio Fr. beträgt der Umsatz im Grossraum Zürich», lässt er sich lediglich entlocken.

*Auch Musik Hug kämpft*

Auch Musik Hug, das grösste Musikhaus der Schweiz und mit bald 200 Jahren fast doppelt so alt wie Jecklin, kämpft mit der Flaute. Im letzten Jahr wurde mit 78,8 Mio Fr. 8% weniger als im Vorjahr umgesetzt. Hug hat zwei Filialen, in Genf und in Neuenburg, geschlossen. Überlebt haben zehn Filialen, zwei Pianohäuser, Musikverlage sowie der Grosshandel mit Noten und Instrumenten, die insgesamt 279 Mitarbeiter beschäftigen. Das Berner Musikhaus Krompholz musste bei einem Umsatz von 15,98 Mio Fr. ebenfalls eine Einbusse von 7% einstecken.

Nicht nur die Schweizer Musikbranche leidet. Seit drei Jahren schrumpft der Umsatz weltweit. Letztes Jahr ist der Absatz mit Tonträgern um 7,2% auf 32,2 Mrd Dollar gesunken. Und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Gründe dafür sind unter anderen das Raubkopieren, die Konkurrenz anderer Unterhaltungsmedien und die schlechte Wirtschaftslage. Auch ist es der Musikindustrie kaum gelungen, über den Tageshit hinaus tragende Stars aufzubauen. Diese ungünstige Entwicklung hat vor der Schweiz nicht Halt gemacht und die Konzentrationsbewegung beschleunigt. Es existieren immer weniger Musikfachgeschäfte. Laut dem Zentralverband des Musikhandels existieren heute noch 350 Fachgeschäfte, rund 10 bis 15% weniger als vor zehn Jahren. Auch der Umsatz mit Tonträgern ist in der Schweiz stark rückläufig und beträgt laut Schätzungen des Branchenverbands 430 Mio Fr. Vor zehn Jahren wurden noch Umsätze von 475 Mio Fr. erzielt. Der Verband schätzt den Verkauf von Instrumenten und Noten auf rund 500 Mio Fr. Hier kämpft das Musizieren gegen das immer vielfältigere Freizeitverhalten. «Der Instrumentenhandel ist sehr modeabhängig», sagt Forlin, der Marketingleiter von Hug. Zurzeit sind beispielsweise Harfen gefragt. Auch der Spardruck der Kantone und Gemeinden auf die Musikschulen wirkt sich negativ auf das Instrumentengeschäft aus.

Hart ist die Konkurrenz für die Fachgeschäfte vor allem im CD-Business. Hier graben ihnen Geschäfte wie Ex-Libris, Manor, City-Disk, Fnac oder Media Markt das Wasser ab. Sie haben sich zu Marktleadern aufgeschwungen und ködern die Kunden mit tiefen Preisen, die gelegentlich sogar unter dem Einstandspreis angesetzt werden ? typisches Anzeichen für einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb. «Wir haben eine Auswahl von 70 000 Titeln pro Laden», schwärmt Urs Spahr, Marketingleiter von Media Markt, «und können dank der grossen Mengen, die wir beziehen, auch beim Einkauf von besseren Bedingungen profitieren.» Kleinere Fachgeschäfte können im Preiskampf nicht mithalten und sich höchstens durch die Spezialisierung auf eine Nische oder durch kompetente Beratung abheben. Doch das will Spahr vom Media Markt nicht gelten lassen: «Unsere Beratung ist ebenso exzellent. Schliesslich arbeiteten viele unserer Mitarbeiter früher in Musikfachgeschäften.» Er sieht schwarz für die Zukunft des reinen Fachgeschäftes: «Schliesslich ist es auch für uns schwierig geworden.»

Jetzt wollen die klassischen Musikhäuser die Umsatzeinbussen nicht länger hinnehmen und gemeinsam auch gegen das Lädelisterben ankämpfen. Krompholz-Geschäftsleiter Aregger erklärt: «Auf Ende Jahr wollen wir einen neuen Zentralverband gründen und vermehrt Marketing und Lobbyarbeit betreiben, damit Musik wieder verstärkt wahrgenommen wird.»

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