Der Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos Capital hat der Credit Suisse den zweiten Quartalsabschluss in Folge verhagelt. Der Gewinn der Schweizer Grossbank sackte im Frühling im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 78 Prozent auf 253 Millionen Franken ab, wie Credit Suisse am Donnerstag mitteilte.
Analysten hatten einer von der Bank selbst zusammengetragenen Umfrage zufolge mit einem Überschuss von 334 Millionen Franken gerechnet. Verluste auf Kredite an Archegos kosteten Credit Suisse 594 Millionen Franken. Damit summiert sich der seit März kumulierte Gesamtschaden auf 5,0 Milliarden Franken, weit mehr als jede andere beteiligte Bank.
Neun Personen entlassen
Credit Suisse veröffentlichte gleichzeitig auch Ergebnisse einer internen Untersuchung zu dem Vorfall, der eine Reihe von Managementwechseln, Verfahren von Aufsichtsbehörden und eine Kapitalerhöhung nach sich zog. Der Bericht machte Versäumnisse bei der Steuerung der Risiken und eine unzureichende Kontrolle für das Debakel verantwortlich. Anzeichen für betrügerisches, rechtswidriges oder böswilliges Verhalten gebe es aber keine. Die Bank habe gegen 23 Personen Massnahmen ergriffen.
Neun Personen sei gekündigt worden. Zudem seien Boni gestrichen und Rückzahlungen von zuvor ausgeschütteten Beträgen gefordert worden. «Wir sind entschlossen, die richtigen Lehren zu ziehen und unsere Kontrollfunktionen auszubauen, sodass wir künftig besser aufgestellt sind», erklärte der neue Verwaltungsratspräsident Antonio Horta-Osorio.
- Archegos info kit (teilweise Englisch)
Mittelabflüsse von 4,7 Milliarden Franken
Kurz vor Archegos sorgte bereits die Not-Abwicklung von zusammen mit Greensill betriebenen Fonds im Volumen von zehn Milliarden Dollar für negative Schlagzeilen. «Wir nehmen diese beiden Ereignisse sehr ernst», erklärte Konzernchef Thomas Gottstein. Die Bank habe ihre Risiken zurückgefahren und werde an dieser Politik festhalten, bis die Überprüfung der Strategie abgeschlossen sei.
Der Risiko-Abbau führte nicht nur in der Investmentbank zu Bremsspuren. So zogen Millionäre und Milliardäre auch Vermögen ab, was konzernweit zu Mittelabflüssen von 4,7 Milliarden Franken führte. Im ersten Quartal stand noch Neugeld von 28,4 Milliarden Franken zu Buche.
Aktienkurs stark unter Druck
Die am Morgen vorgelegten Quartalszahlen haben auf verschiedenen Ebenen die Erwartungen der Marktbeobachter nicht erfüllt. Um 9.40 Uhr lag der Aktienkurs der Credit Suisse bei 8.99 Franken und damit 3,3 Prozent tiefer als am Vorabend. Zuvor war er kurzzeitig sogar bis auf 8,79 Franken gefallen. Der Wert der Akten liegt damit nur noch leicht über dem Jahrestief, das mit 8,72 Franken vor zehn Tagen erreicht worden war. Mit der Kursentwicklung zementiert das Credit-Suisse-Papier seine Position als mit Abstand schwächste Aktie unter den Blue Chips seit Jahresbeginn.
(reuters/awp/gku)