Auf die französischen Absinthbrenner kommen harte Zeiten zu. Zwar dürfen sie seit 1998 wieder absinthähnliche Wasser brennen, doch ist es ihnen nicht erlaubt, diesen auch Absinth zu nennen. Dieses Verbot ist auf ein Dekret aus dem Jahr 1915 zurückzuführen, mit dem damals in Frankreich wie praktisch gleichzeitig auch in der Schweiz der Absinth grundsätzlich verboten wurde. Das Verbot der Produktion wurde vor sieben Jahren dann zwar aufgehoben, nicht aber das Verbot der Namensgebung. Darum vermarktet beispielsweise die Distillerie Lemercier aus Fougerolles heute ihren Absinth unter dem Namen Abisinthe. Allein in den letzten zwei Jahren entstanden in Frankreich so zwanzig neue Marken mit absinthähnlichen Produkten: Versinthe, Libertine, Oxygénée oder Amesinthe heissen einige der Getränke, die an die Absinthtradition anknüpfen.
Mit dem Ende des Absinthverbotes in der Schweiz dürfte es für sie indes schwieriger werden, ihre Produkte abzusetzen. Während die Verkäufe etwa von jurassischen Absinthschnäpsen nach den ersten Boomjahren bereits wieder zurückgehen, hat die Konkurrenz aus der Schweiz den Vorteil, dass sie im eigenen Heimmarkt zuerst einmal tüchtig aufholen kann. Denn hier war – im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten – der Verkauf von Absinth bis vor wenigen Wochen noch verboten. Bis Anfang März haben allerdings bereits sechs Brenner bei der Eidgenössischen Alkoholverwaltung eine Lizenz zum Absinthbrennen erhalten, geschätzt wird, dass es in wenigen Monaten gegen 20 offizielle Lizenzen geben wird.
Schwierig wird es für die Franzosen vor allem, weil auch bei ihnen unbestritten ist, dass der Absinth aus dem Val de Travers und damit aus der Schweiz stammt, wo Docteur Pierre Ordinaire bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts seinen Patienten Absinth als Heilmittel verschrieb.
Zurzeit laufen deshalb Diskussionen, ob für den Absinthe du Val de Travers ein Ursprungslabel AOC eingeführt werden soll. Die Chancen dafür stehen besser als die Pläne, für den schweizerischen wie den französischen Jura eine gemeinsame AOC einzuführen. Allerdings wäre ein Schweizer Ursprungslabel AOC nicht automatisch auch auf europäischem Niveau anerkannt: Die Schweiz müsste dieses Label anlässlich bilateraler Verhandlungen mit ins Spiel bringen.