Nach den Hypothekarzinsen und den Sparzinsen könnten bald auch die Zinsen für Kleinkredite und Kreditkarten ansteigen. Teuer wird das vor allem im Kartengeschäft. Dort gilt schon heute vielerorts das gesetzliche Maximum von 12 Prozent. Wenn es nach den Banken geht, ist auch das noch zu wenig. Sie fordern eine baldige Anpassung.

Das Stichwort heisst «Wuchergrenze» – oder im Wortlaut des Gesetzes «Zinsobergrenze». Zuletzt wurde diese 2016 von 15 auf 12 Prozent für Kreditkarten und 10 Prozent für Kleinkredite gesenkt. Mehr darf seither keine Bank von ihren Privatkunden und Privatkundinnen verlangen. Ausser, der Bund hebt die Grenze wieder an, und das wird nach den Zinserhöhungen der Nationalbank jetzt zum Thema. Hinter den Kulissen laufen bereits Gespräche für eine dringliche Anpassung, wie die «Handelszeitung» erfahren hat.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Ursprünglich einmal als «Obergrenze» gedacht, ist der vom Bund beschlossene Zinssatz für viele Kartenherausgeber faktisch eine Art Leitzins geworden. Die meisten Anbieter kleben direkt an oder knapp unter den 12 Prozent. Lediglich die Migros Bank fällt als grössere Anbieterin mit deutlich tieferen 9,4 Prozent auf (siehe Tabelle). Zwar bedeutet eine Erhöhung der Zinsobergrenze nicht, dass alle Banken sofort ihre Zinsen erhöhen. Viele übernehmen die Vorgabe aber mehr oder weniger direkt. Bei einigen steht das sogar so im Kleingedruckten.

Im Kleinkreditgeschäft hingegen scheint der Markt stärker zu spielen. Vor allem Kundinnen und Kunden mit guter Bonität erhalten auch Kredite mit Zinssätzen deutlich unter der staatlichen Obergrenze.

Das zuständige Bundesamt für Justiz bestätigt, dass es Bewegung in der Frage der Zinsobergrenze gibt. Normalerweise würde der Maximalzins für Konsumkredite jeweils im August für das Folgejahr festgelegt, erklärt die zuständige Beamtin Margreth Rossé. In Ausnahmesituationen könne das Amt jedoch auch eine unterjährige Änderung einleiten. Diese Forderung liegt jetzt auf dem Tisch.  

Auf der anderen Seite des Tisches sitzt unter anderem Thomas Hodel vom Branchenverband Swiss Payment Association. Man fordere nicht eine Zinserhöhung, betont Hodel. Aber: «Es ist unser Anliegen, dass man von der neuen Regelung Gebrauch macht, den Zinssatz unterjährig zu überprüfen.» Sprich: Ergebe sich aus der gesetzlichen Formel ein höherer Zinssatz, solle man die Berechnung jetzt durchführen und den Zinssatz erhöhen – und nicht erst per 2024. 

Die Formel, mit der der Bund die Zinsgrenze festlegt, funktioniert wie folgt: Marktzins plus Margen für Gewinn und Kosten aus dem Kreditgeschäft. Faktisch entstand daraus die Formel «Marktzins plus 10 Prozent», wie aus Unterlagen des Bundes hervorgeht. Als Marktzins wird der Drei-Monats-Saron herangezogen. Der Saron ist der Zins, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen. 

Bei Kreditkartenschulden dürfen die Banken sogar 12 Prozentpunkte Aufschlag auf den Referenzzins erheben. Da der Saron wieder im positiven Terrain ist und der Drei-Monats-Satz zuletzt bei rund 0,7 Prozent notierte, ergibt sich daraus rein rechnerisch eine Erhöhung der Zinsobergrenze bei Kreditkarten auf 13 Prozent, denn die Werte werden jeweils gerundet. Zudem dürfte der Saron im Zuge der weiteren Straffung der Geldpolitik weiter steigen. 

Der Konsumentenschutz sieht «keine Notwendigkeit»

Dass die Kartenherausgeber deswegen auf eine unterjährige Anpassung drängen, kommt bei der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) schlecht an. «Es hat Jahre gedauert, bis die Anpassung nach unten vollzogen wurde», sagt Geschäftsführerin Sara Stalder. «Nun kann es den Kartenunternehmen nicht schnell genug gehen, die Zinsen wieder nach oben anzupassen.»

Man sehe daher keine Notwendigkeit für eine schnelle Anpassung. In der Tat verharrte der Maximalzins noch bis 2016 bei 15 Prozent, obwohl der damalige Leitzins Libor bereits 2008 unter 0,5 Prozent gefallen war. Erst mehr als ein Jahr, nachdem die Nationalbank die Zinsen unter null gedrückt hatte, wurde auch die Zinsobergrenze erstmals gesenkt (siehe Grafik).

Bereits heute seien die Zinsen auf Kreditkarten fürstlich, so SKS-Geschäftsführerin Stalder. «Sollten sie weiter steigen, entstehen Risiken für jene Konsumenten und Konsumentinnen, welche die Kreditfunktion ihrer Karte nutzen.»

Eines der Risiken besteht darin, überhaupt zu wissen, was der Kredit von der Karte kostet. Denn die Konditionen sind alles andere als einfach zu verstehen. Normalerweise verlangen die Banken überhaupt keinen Zins, solange Rechnungen pünktlich beglichen werden. Erfolgt die Zahlung jedoch zu spät – sei es bewusst oder aus Versehen –, gelten plötzlich auch rückwirkende Zinsen (siehe Infobox «So vermeiden Sie die Zinsfalle»). Das verstehen die wenigsten Bankkundinnen und Bankkunden.

Die aktuelle Lage führt zu rückläufigen Margen für die Banken

Für die Banken geht es um viel Geld, wie das Beispiel der börsenkotierten Cembra zeigt: Sie verwaltet rund 1 Milliarde Franken Kreditkartenausstände. Nur ein Teil davon ist verzinst, und so schlägt sich eine Zinserhöhung von 1 Prozentpunkt zu etwa zwei Dritteln auf die Zinseinnahmen durch, wie Cembra gegenüber der «Handelszeitung» bestätigt. Ein um 1 Prozentpunkt erhöhter Maximalzins bedeutet somit rund 7 Millionen Franken mehr Zinsertrag pro Jahr. Oder für die ganze Branche ein Vielfaches davon. Hinzu kommen ähnliche Effekte im Geschäft mit Kleinkrediten. 

Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema: Es ist zu früh ein Anheben der Wuchergrenzen.

Die börsenkotierte Cembra hielt denn auch bereits im vergangenen November in einer Investorenpräsentation fest, dass man aufgrund der aktuellen Situation eine rückläufige Zinsmarge erlebe. Der einfache Grund dafür: Während bei den Kundinnen und Kunden aufgrund der Zinsobergrenze keine Erhöhungen mehr möglich sind, hat sich in den vergangenen Monaten die Refinanzierung verteuert. Nimmt Cembra am Markt oder über Sparkonten Geld auf, muss sie dafür heute mehr Zins bezahlen als noch vor einem Jahr.

Diesen Effekt bestätigen auch andere Banken. «Im Zuge des gestiegenen Zinsniveaus haben sich die Refinanzierungskosten deutlich erhöht», schreibt auch die UBS. Auch sie verrechnet ihren Kundinnen und Kunden in der Regel den gesetzlichen Maximalzins von 12 Prozent. Cornercard bestätigt, dass aufgrund der gestiegenen Zinsen die Margen abgenommen hätten und dass deswegen ein «informeller Austausch» zwischen dem Branchenverband und dem Bundesamt für Justiz bestehe. Alle angefragten Banken verzichten selbst auf politische Forderungen und überlassen diese ihrem Verband.

Aufgepasst: So vermeiden Sie die Zinsfalle

Kreditkartenrechnungen nicht pünktlich zu bezahlen, ist ein einfacher, aber sehr teurer Kredit. Die Banken verlangen für diesen Zahlungsaufschub – bis auf wenige Ausnahmen – den gesetzlichen Maximalzins von derzeit 12 Prozent. Doch wann genau gilt dieser Zins? Das ist gar nicht so einfach. Denn gleichzeitig haben die Kundinnen und Kunden der Kartenherausgeber auch einen kostenlosen Kredit.

Wann ist der Kredit gratis? Die Banken verlangen keine Zinsen, wenn die Ende Monat ausgestellte Rechnung pünktlich bezahlt wird. Das heisst: Vom Einkauf bis zum Zahlungsdatum haben Bankkunden und Bankkundinnen kostenlos Kredit. 

Wann kostet der Kredit? Einen Zins verlangen die Banken immer dann, wenn die sogenannte «Kreditoption» genutzt wird. Sprich: wenn ein Teil des Rechnungsbetrags bewusst offen bleibt oder wenn die Rechnung versehentlich zu spät bezahlt wird. 

Für welche Zeit gilt der Zins? Hier wird es kompliziert. Die Banken verrechnen den Zins nicht bloss für die zusätzlich in Anspruch genommene Zeit, sondern auch teilweise rückwirkend. Bei einigen Banken wird dieser ab dem Einkaufsdatum fällig, bei anderen erst ab dem Datum des Rechnungsversands. Immer gilt: Es werden auch Zinsen fällig für eine Zeit, die eigentlich zinsfrei wäre, wenn die Rechnung pünktlich bezahlt wird. 

Wie weiss ich, was bei mir gilt? Die Details dieser Zinsusanzen verstecken die Banken meist tief im Kleingedruckten. In den normalen Gebührenübersichten hingegen fehlen solche Feinheiten. 

Wie verhindere ich unnötige Zinsausgaben? Wer vermeiden will, dass er oder sie wegen einer leicht zu spät bezahlten Rechnung zur Kasse gebeten wird, kann bei den meisten Banken die Zahlung per E-Bill oder Lastschriftverfahren (LSV) automatisch auslösen. Die entsprechend beauftragte Bank bezahlt die Rechnung dann pünktlich per Ablauf der Zahlungsfrist. 

HZ Banking-Newsletter
Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Banking, und ihr Bankenexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die Schweizer Bankenszene bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt anmelden!
HZ Banking-Newsletter