Nach den Korruptionsskandalen Fifa und Petrobras will die Bank Julius Bär Bank ihr System verbessern, damit solche Fälle in Zukunft nicht mehr vorkommen. Die Identifizierung von problematischen Kunden werde die Finanzbranche aber bestimmt bis 2020 auf Trab halten, sagt Julius-Bär-Chef Boris Collardi.
«Als global tätige Bank besteht ein gewisses Risiko, dass man via Geldtransfers und ähnliches in solche Skandale involviert wird», so Collardi in einem Interview mit der «Schweiz am Sonntag». Julius Bär habe Abklärungen aufgenommen und kooperiere mit den Behörden zur Aufklärung des Sachverhalts und des Verhaltens der Beteiligten in den beiden Fällen.
Verbreitete Zahl stimme nicht
Im Fifa-Skandal bestreitet Collardi, dass 16 mutmasslich korrupte Funktionäre des Weltfussballverbandes Konten bei Julius Bär hatten. Die von gewissen Kreisen verbreitete Zahl stimme nicht. Wegen des laufenden Verfahrens könne er jedoch keine Zahl nennen.
Ein Mitarbeiter, der in diesem Zusammenhang geltende Regeln und interne Bestimmungen verletzt habe, sei umgehend entlassen worden. «Das war für uns eine sehr unangenehme Überraschung. Dieser Ex-Mitarbeiter ist momentan in den USA und kooperiert ebenfalls mit den Behörden», sagt Collardi.
Baustelle Lateinamerika
Die Thematik der Steuerfragen sei für Julius Bär in Europa, den USA und zahlreichen anderen Ländern geklärt. Dagegen werde Lateinamerika aufgrund der politischen Dynamik die Bank noch einige Jahre beschäftigen. «Das Problem ist, dass die Kunden die Amnestieprogramme zum Teil nicht sehr attraktiv finden, weil sie das Geld zwingend repatriieren müssen, zum Beispiel in Mexiko», erklärt Collardi, seit sieben Jahren CEO der Bank.
Verwicklungen in Skandale wie Fifa und Petrobras will das Geldhaus verhindern, indem die Prozesse zentraler geführt werden. Konkret werde das gleiche Team, das sich um Steuerfragen und die Kundenidentifikation kümmere, auch die Einhaltung der Geldwäscherei-Bestimmungen kontrollieren.
«Die Geschäftsleitung hat dazu eine Agenda verabschiedet mit klar definierten Meilensteinen. Reputationsprobleme sind schlecht für jedes Institut», sagt der Bankier.
Neugeldziel bleibt bestehen
Beim Wachstum, das in diesem Jahr voll auf organischer Basis erfolgen soll, setzt das Institut vor allem auf Asien. «Wir haben seit Anfang Jahr in Asien rund 100 neue Mitarbeiter eingestellt», sagt Collardi.
«Allein in der Region Greater China, also Festland-China, Hongkong und Taiwan, sind seit Anfang Jahr 45 Kundenberater neu zu uns gekommen.» Er sei überzeugt, dass 2016 bezüglich Einstellung von neuen Kundenberatern ein Rekordjahr werde.
Dass zum Jahresstart das Ziel verfehlt wurde, bei den Neugeldern mit 4 bis 6 Prozent zu wachsen, bereitet Collardi kein Bauchweh. Man müsse dies mit einem 400-Meter-Lauf vergleichen. «Wenn Sie auf den ersten 80 Metern etwas hinterherlaufen, haben Sie das Rennen auch noch nicht verloren», so der CEO. Der Neugeldzufluss verlaufe nie linear. «Über das ganze Jahr gesehen, bin ich weiterhin zuversichtlich, dass wir uns innerhalb des Zielkorridors bewegen werden», betont er.
Was Akquisitionen betreffe, sei das Institut «limitierter als auch schon». Das Eigenkapital liege aber immer noch «massiv über den gesetzlichen Erfordernissen». Für «das richtige Investment» könnte die Bank zudem in den Augen des CEO wohl ohne Probleme 1 Milliarde Franken aufnehmen.
Keine Ambitionen für Bankiervereinigung
Der 41-Jährige wird mit anderen Namen als Favorit für das Präsidium der Bankiervereinigung gehandelt. Doch Collardi scheint keine Ambitionen zu haben: «Das CEO-Amt einer börsenkotierten Gesellschaft ist zeitlich nicht vereinbar mit dem Amt des Verbandspräsidenten. Zumindest nicht bei heutiger Definition des Aufgabenheftes.» Er werde bei der Bank bleiben, solange er motiviert sei und Julius Bär vorantreiben könne, sagt er.
(awp/sda/ccr)