Weltweit macht die Zahl der Familienunternehmen rund zwei Drittel, in der Schweiz gar mehr als 70% aller Unternehmen aus. Rund 30% aller an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen sind immer noch von Familien dominiert. Familienunternehmen können als eine Schnittmenge der Wirkungskreise Familie, Unternehmen, Management und Eigentum betrachtet werden, wobei die einzelnen Komponenten stark und mit unterschiedlichen Ansprüchen miteinander interagieren.

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Familienunternehmen nehmen in den Spannungsfeldern Familie vs. Unternehmen, Reinvestition vs. Ausschüttung, Tradition vs. Veränderung, Langfrist- vs. Kurzfristorientierung, Individualität vs. Kollektivität eine gegenüber Nicht-Familienunternehmen unterschiedliche, charakteristische Positionierung ein. So verfügen sie über eine naturgemäss stark familienbezogene Kultur, sind oftmals patriarchalisch organisiert, eher traditions- und langfristorientiert und ziehen Kontinuität dem kurzfristigen «Shareholder Value» vor. Die Finanzierung erfolgt mehrheitlich durch Gewinnthesaurierung. Die sich hieraus ergebenden, verhältnismässig hohen Eigenkapitalquoten bilden eine solide Finanzierungsbasis und stärken die Krisenresistenz.

Erfolgsfaktoren und Herausforderungen

In inhabergeführten Familienunternehmen ist das grösste «Asset» zweifelsohne der Unternehmer selbst. Durch sein Engagement, seine Identifikation und sein Verantwortungsbewusstsein ist er der Herzmuskel und Motor dieses lebenden Organismus. Ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor im inhabergeführten Unternehmen ist die Interessenkongruenz zwischen Eigentum und Führung. Durch die Bündelung von Kapitaleigentum und Geschäftsführung in einer Person besteht eine zwar autonom geprägte, aber effiziente und unabhängige Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit ohne Interessenkonflikte. Schwieriger ist die Lage bei einem nicht eigentümergeführten Familienunternehmen. Finanzielle Grundsatzentscheidungen, wie z.B. Reinvestition vs. Ausschüttung, können polarisieren und zu Konflikten führen. Besteht zudem eine breite Eigentümerschaft, können Interessenkonflikte zwischen Familienaktionären ohne operative Funktion (Investorenperspektive) und aktiv im Unternehmen tätigen Familienaktionären (Unternehmerperspektive) entstehen.

Andererseits steht ein Familienunternehmen diversen Herausforderungen gegenüber. Eine einseitige Ausrichtung auf die Familienbedürfnisse, wie beispielsweise Management durch inkompetente Familienmitglieder, kann das Erreichen der Unternehmensziele beeinträchtigen oder gar den Fortbestand des Unternehmens gefährden. Die physische Aufteilung der Eigentümer- und Führungsfunktion und die klare Festlegung von Strukturen und Verantwortlichkeiten kann hilfreich sein, um die beiden Komponenten Familie und Unternehmen in ein Gleichgewicht zu bringen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, die Unternehmenstradition als solides Fundament für die Realisierung von Veränderungsprozessen im Unternehmen zu nutzen.

Prüfstein Nachfolgeregelung

Familienunternehmen sind in praktisch jedem Entscheidungsprozess damit konfrontiert, rationale gegenüber emotionalen Faktoren abzuwägen. Dabei müssen beide Faktoren angemessen adressiert werden. In höchstem Masse ist dies bei einer Nachfolgeregelung der Fall. Diese ist der zentrale und unumgängliche Prüfstein eines jeden Familienunternehmens. Die Geschäftsübergabe hat nicht nur Einfluss auf Einkommen und Vermögen des abtretenden Familienoberhaupts. Wesentlich bedeutender sind emotionale Faktoren, denn die Geschäftsübergabe bedeutet oft die Trennung von seinem «Lebenswerk». Die entstehende «Leere» muss mit neuem Lebensinhalt gefüllt und die mögliche Angst vor Statusverlust vermieden werden. Die häufigsten Gründe für das Scheitern der Geschäftsübergabe sind fehlende Planung, das «NichtLoslassenkönnen», divergierende Lebensentwürfe der nachfolgenden Generationen sowie eine nicht auf Grund objektiver Kriterien getroffene Wahl des Nachfolgers. Für den Nachfolger selbst ist es umso schwieriger, in die Fussstapfen seines Vorgängers zu treten, je stärker die oben erwähnten Unternehmerqualitäten im Unternehmen zum Tragen kommt.

Alternativen in der Nachfolgeregelung

Die häufigste Variante der Nachfolgelösung ist die familieninterne Übertragung. Die Übereinstimmung von Kapitaleigentum und Führung kann so gewahrt werden. Wird eine familieninterne Lösung nicht gefunden bzw. sind weder Willen noch Fähigkeiten der Nachfolger vorhanden, kommt der Verkauf des Unternehmens an das Management oder an einen strategischen bzw. Finanzinvestor in Frage. Obwohl sich Finanzinvestoren zunehmend auch langfristig engagieren, zieht die Mehrheit der Familienunternehmen den Verkauf an einen strategischen Investor oft vor. Eine weitere Alternative kann ein Börsengang sein. Verantwortungsüberschneidungen, Führungslücken und die ungenügende Definition von Zuständigkeiten können jedoch Hindernisse auf dem Weg zu einer Publikumsöffnung sein.

Viele Familienunternehmen scheuen den mit einem Börsengang verbundenen Aufwand wie u.a. die Implementierung einer klaren Struktur mit transparenter und testierter Berichterstattung. Im Falle einer Publikumsöffnung kann die «Motorenfunktion» des Unternehmers eingeschränkt werden. Aus einem stark personengetriebenen Unternehmen wird eine nach Kapitalmarktkriterien denkende Gesellschaft, die nicht nur der Familie, sondern einem Publikum von Aktionären Rechenschaft ablegen muss.

Die spezielle Rolle des Beraters

Da Nachfolgeprozesse oftmals in hohem Masse emotional und komplex sind, ist es in vielen Fällen vorteilhaft, einen externen Berater beizuziehen. Die professionelle Führung eines Nachfolgeprozesses stellt jedoch hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz der involvierten Berater. Diese sollen nicht nur den Prozess aktiv führen, sondern als Coach und Mediator zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen der Komponenten Familie Unternehmen Management Eigentum subtil agieren.

Jeannine Jüstrich, Projektleiterin; Philippe Leuenberger, Head Mergers & Acquisitions im Bereich Corporate Finance, Lombard Odier Darier Hentsch & Cie, Zürich.