Rezession hin oder her, «Gesundheit bleibt ein Wachstumsmarkt», freut sich Ingrid Schmid, Sprecherin des grössten Schweizer Milch- und Käsekonzerns Emmi. Auch bei Functional Food gilt: Wer zuerst kommt, gewinnt. Emmi lancierte 1996 mit Aktifit sein erstes Functional Food, «damit stellen wir bereits seit mehreren Jahren unsere Kompetenz unter Beweis», meint Schmid. Heute ist Emmi mit Aktifit, 4-Plus, Energy-Milk, der Aloe-Palette, Bifidus-Jogurt und der Benecol-Linie zur Senkung des Cholesterinspiegels unangefochtene Nummer eins in der schweizerischen Functional-Food-Hitparade. Für 2003 erwartet Emmi einen Umsatz von über 100 Mio Fr. in diesem Segment, mehr als doppelt so viel wie noch 2002.

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Und der Erfolg soll andauern: In wenigen Monaten zieht Emmi den nächsten Trumpf: Milchprodukte, die einen positiven Einfluss auf den Blutdruck haben sollen. Die Zielgruppe ist beachtlich: Bei der Bevölkerung zwischen 25 und 74 Jahren weisen 38% der Männer und 21% der Frauen erhöhte Blutdruckwerte auf.

Emmi und Nestlé kooperieren

Dass Functional Food, also massgeschneiderte Lebensmittel mit gesundheitlichem Zusatznutzen, ihre Blüte noch nicht hinter sich haben, postuliert auch eine neue Studie. Der Marktforscher Frost & Sullivan (F&S) rechnet damit, dass sich der Europa-Umsatz mit Probiotika, also Lebensmittel mit positiver Einwirkung auf die Darmtätigkeit, bis im Jahr 2010 verdreieinhalbfacht. Das Geschäft machen dabei vor allem die Grossen und beflügeln sich gegenseitig: Letzte Woche gaben die beiden Functional-Food-Leader Emmi und Nestlé bekannt, im Bereich Produktion zu kooperieren. «Forschung, Marketing und Verkauf bleiben aber getrennt», betont Schmid. Auch bei der Herstellung beschränke man sich zurzeit auf die LC1-Jogurts, während Nestlé LC1-Drinks weiterhin importiere. Ein Wachstum wie von F&S prognostiziert, erwartet Emmi nicht. Functional Food werde aber weiter zulegen.

Als zweiter grosser Schweizer Player will Nestlé am Zukunftsmarkt teilnehmen. Der diversifizierte Konzern ist heute schon mit entsprechenden Weiterentwicklungen in allen vier Bereichen tätig, die F&S als Schlüsselsegmente für Functional Food nennt: Molkereiprodukte, Nahrungsergänzungsmittel, Tierfutter und Säuglingsnahrung. Darüber hinaus nutzt der Konzern seine starke Position beim Mineralwasser und verkauft auch hier zu Lande unter dem Namen «Vittel+ Energy» ein angereichertes Mineralwasser.

Etwas zurückhaltender tönt es von der Absatzfront. «Derzeit kauft nur ein bestimmtes, noch kleines Kundensegment Functional Food», räumt Migros-Sprecher Urs Peter Naef ein. Der Umsatz liege bei rund 2%, Tendenz steigend. Auch Coop registriert eine Nachfrage, die sich allerdings auf Milchprodukte und angereicherte Fruchtsäfte beschränkt. «Ob funktionell oder mit Vitaminen angereichert, Wellness verkauft sich gut», meint Sprecher Karl Weisskopf. Die Devise heisst, mehr vom Gleichen statt Novitäten: Es ist überwiegend Emmi, welche Coops Kühlregal mit Functional Food füllt.

Der Functional-Boom hat aber auch Verlierer zurückgelassen. «Aviva» hiess Ende der 90er Jahre das Novartis-Programm von Drinks, Getreideriegeln und Biscuits. Doch «Aviva» hatte ein kurzes Leben und wurde schon 2001 wieder beendet. «Mit Genuss in eine gesunde Zukunft» blieb Behauptung. Die Hightech-Lebensmittel für stärkere Knochen und eine gesunde Darmtätigkeit kosteten zwar viel, schmeckten aber nicht.

Pech für Hero

Glücklos war die damalige Novartis-Tochter Wander, die heute zu Associated British Foods gehört, auch mit dem Morgen-Drink Ocléa, der laut der hochtrabenden Werbung «wach, schön und glücklich» machen sollte. Die Zielgruppe, Morgenmuffel, die auf ein Frühstück verzichten, liessen die Plastikfläschchen im Regal stehen. Im Januar 2002 wurde die Produktion nach zweijähriger Versuchsphase eingestellt. «Wander ist an Functional Food sehr interessiert und entwickelt auf Basis natürlicher Zutaten in diese Richtung weiter», sagt zwar Marketing- und Verkaufsleiter Arnold Furtwängler. Doch statt Neulancierungen besinnt man sich auf die starke Marke Ovomaltine und hat ein mit Mineralien und Vitaminen angereichertes Ovo-Crisp-Müesli lanciert. Ein anderer prominenter Abgang aus der Functional-Food-Familie ist das Instant-Frühstück von Hero. «Fruit Breakfast» ist seit diesem September im Schweizer Handel nicht mehr erhältlich, bestätigt das Unternehmen.

Welche Zutaten braucht es also, damit Functional Food auf Akzeptanz stösst? Neben Marketing muss ein Produkt in erster Linie schmecken. «Fruit Breakfast» fiel durch seine Süsse negativ auf. Bei Vitaminzusätzen andererseits besteht Gefahr, dass das Produkt nach Eisen schmeckt. Ingrid Schmid nennt einen weiteren Faktor, der Emmi zu seiner Führungsrolle verhalf: «Emmi wird mit Milch und Käse assoziiert, gesunden Naturprodukten also.» Der Umkehrschluss liegt auf der Hand: Für «Aviva» war es eine Belastung, dass hinter der Gesundheitskost der Pharma-Riese Novartis stand.

Tierfutter: Katzen fressen funktionell

Trends in der Humanernährung schlagen sich auch bei der Heimtiernahrung nieder. Besonders im Snacks-Bereich sind Zusätze etwa für die Stärkung der Zähne schon länger erfolgreich auf dem Markt. Ein Wachstumssegment ist ferner Nahrung, die auf die altersmässigen Bedürfnisse der Tiere etwa weniger Energie bei älteren Katzen zugeschnitten ist. Masterfoods hat sich jetzt eines Problems angenommen, das Katzenhalter umtreibt: Die Tiere schlucken bei der Fellreinigung Haare, mit dem Magenschleim bilden sich Kugeln, welche die Tiere herauswürgen. Für Menschen zumindest sieht dies schmerzhaft aus der neue Snack «Whiskas Anti-Hairball» soll dem unappetitlichen Vorgang ein Ende setzen und die Verdauung der Haarballen im Katzenmagen erleichtern. (pp)