Die «Lex USA» wird es nicht geben. Der Nationalrat lehnte am Nachmittag das Gesetz zur Beilegung des Steuerstreits zum zweiten Mal ab. Der Entscheid fiel mit 123 zu 63 Stimmen bei vier Enthaltungen und damit etwas weniger deutlich als noch am Dienstag.
Da SVP, FDP und SP bei ihrer ablehnenden Haltung zum Steuerstreit-Gesetz blieben, erteilte der Nationalrat dem Geschäft wie erwartet eine erneut deutliche Abfuhr. Am Dienstag lautete das Resultat mit 126 zu 67 Stimmen bei 2 Enthaltungen praktisch gleich.
Das Gesetz ist mit dem zweiten Nichteintreten des Nationalrats definitiv vom Tisch. Der Ständerat hatte die Vorlage zuvor zweimal befürwortet. Allerdings sorgte die kleine Kammer für den zu erwartenden Fall vor, dass das Gesetz scheitert. Sie verabschiedete eine «parlamentarische Erklärung», die das Nein einordnen soll.
Deklaration als Ausweg
Auf diese Zwei-Punkte-Erklärung setzt nun auch der Nationalrat seine Hoffnung, dass die Situation für die Schweizer Banken trotz des Neins nicht eskaliert. Mit 141 zu 24 Stimmen bei 25 Enthaltungen stellte sich der Nationalrat hinter die Deklaration. Diese fordert den Bundesrat auf, das rechtlich Mögliche zu unternehmen, damit die Banken mit den US-Behörden zusammenarbeiten können. Die Schweiz strebe eine rasche Lösung mit den USA an, wird weiter festgehalten.
Vor allem das Nein-Lager warb für dieses Vorgehen. Es handle sich um einen wesentlichen Beschluss, sagte Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL). Der Bundesrat solle das Angebrachte tun. Die Deklaration gebe den Willen der Räte wieder, sagte Jean-René Germanier (FDP/VS). Aus seiner Sicht sollte das Dokument auch ein Zeichen an die Gerichte sein, die sich dereinst mit angefochtenen Datenlieferungen befassen müssen. Die Erklärung sage aus, dass es ein öffentliches Interesse für eine Lösung des Steuerstreits gebe.
Nichts wissen von der Deklaration wollte die CVP. Es handle sich um eine Beruhigungspille mit zweifelhaftem Wert, sagte Lucrezia Meier-Schatz im Namen der CVP-EVP-Fraktion, die sich stark für das Steuerstreit-Gesetz einsetzte. Gewisse Banken müssten jederzeit mit einer Anklage rechnen.
Die Ablehnung des Gesetzes könnte dazu führen, dass die US-Justiz bis zu dreimal höhere Bussen aussprechen könnte, sagte Dominique de Buman (CVP/FR). Es drohe auf jeden Fall ein Schaden.
Bundesrat will handeln
Auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf machte sich nochmals für die Vorlage stark. Sie betonte erneut, dass die Banken ohne das Gesetz nicht alle Anforderungen des US-Programms erfüllen könnten.
Der Bundesrat werde aber mit Einzelverfügungen oder sogar mit einer Verordnung den Banken die Bewilligung für Datenlieferungen erteilen - soweit dies möglich sei. Auch für den Mitarbeiterschutz werde er im Rahmen des Möglichen sorgen.
Zum Schutz von Mitarbeiterdaten, die in die USA geliefert werden sollen, hiess der Nationalrat stillschweigend eine Motion gut, welche eine separate Gesetzesregelung verlangt. Widmer-Schlumpf dämpfte aber die Erwartungen. Eine solches Vorgehen müsse den normalen Gesetzgebungsweg nehmen.
Zu reden gab auch die Aktion der Wirtschaftskommission, die auf Initiative ihres Präsidenten Christophe Darbellay (CVP/VS) heute über den Mittag fünf Bundesräte einlud, um diese zur «Lex USA» anzuhören. Während die Befürworter von deutlicher Zustimmung der Bundesräte sprachen, gaben die Gegner an, sie hätten von den Regierungsmitglieder nichts Neues erfahren.
(tno/muv/sda)