Die Titel von Unternehmen mit kleiner oder mittlerer Börsenkapitalisierung konnten sich über die letzten zehn Jahre besser in Szene setzen als die Blue Chips. Während der Swiss Market Index (SMI) im Schnitt 1,5% pro Jahr zulegte (+17% Gesamtperformance), verdiente ein Investor bei den Nebenwerten im Schnitt mit 3,7% (+44%) wesentlich mehr. Im Fünfjahresvergleich schlägt der Index der Nebenwerte den SMI noch deutlicher, auch wenn er absolut gesehen eine leicht negative Performance (-2%; SMI: -25%) erzielte.
Das erstaunt, weil im Bereich Small und Mid Caps (SMC) mehr zyklische Titel angesiedelt sind als in dem vor allem aus defensiven Pharma- und Nahrungsmittelwerten bestehenden Blue-Chip-Index. Dies spricht gegen die weit verbreitete Meinung, dass zyklische Titel in Krisenzeiten deutlich schlechter abschneiden als defensive Large Caps. Auch während der letzten zwei grossen Börseneinbrüche war dies nicht der Fall. Während der Kuwait-Krise im Jahr 1990 gaben sowohl der SMI als auch der SPI im Zeitraum zwischen dem 12. Juli und dem 28. September um je 27% nach. Zur Zeit der Russlandkrise verloren die Nebenwerte mit 35% sogar weniger als die Blue Chips, die zwischen Juli und Oktober 1998 um 38% einbrachen.
Technologieblase
Schauen wir uns das Platzen der Technologieblase genauer an: Die Aktienmärkte konsolidierten 1999 nach der Russlandkrise, wobei im Oktober 1999 die Aktienrally einsetzte. Im Jahr 2000 erreichten die Börsenindizes laufend neue Höchststände, obwohl erste Anzeichen einer Konjunkturüberhitzung auszumachen waren, etwa die sehr hohen Lagerbestände, verbunden mit starken Auftragsrückgängen, in der Halbleiterbranche. Diese Anzeichen einer Konjunkturabschwächung mehrten sich und führten schliesslich 2001 zum endgültigen Platzen der Technologieblase.
Im Jahr darauf prägten geringe Handelsvolumen und hohe Volatilitäten den Schweizer Aktienmarkt. Die Aktienkurse erreichten im September 2002 ihre Tiefststände. Für die Neben- und Hauptwerte war es das zweite Jahr in Folge, in dem eine negative Indexentwicklung hingenommen werden musste. Bei den Nebenwerten betrug der Rückfall 25%, beim SMI 28% und sogar 37% ohne die defensiven Schwergewichte Roche, Novartis und Nestlé. Nach dem Ende des Irak-Kriegs im 2. Quartal 2003 stiegen die Aktienvolumen wieder an und die Kursrally führte zu einer klaren Outperformance der Nebenwerte (+35%), welche die Blue Chips deutlich schlugen (+19%).
Auch im darauf folgenden Jahr 2004 konnten sich die Schweizer Small und Mid Caps mit +2,6%, verglichen mit dem SMI (+2,5%), im 4. Quartal 2004 knapp wieder positiv in Szene setzen, nicht zuletzt auch weil sich der Ausblick einer sanften Landung im laufenden Jahr verfestigte. Dank dem Aufschwung und soliden Gewinnen pendelte sich die Bewertung wieder auf «normalem» Niveau ein. So betrugen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) 18,6 beim SMI und 18,4 beim SPI.
Grössere Flexibilität
Trotz des wirtschaftlichen Abschwungs und nach dem Platzen der Technologieblase im Jahr 2001 konnten die zyklischeren Nebenwerte im Schnitt eine bessere Aktien-Performance erzielen, weil kleinere Unternehmen:
Lindt & Sprüngli hat sich schon früh konsequent auf das höhermargige Premium-Schokoladengeschäft fokussiert. Im Zehn-Jahres-Schnitt legte die Aktie über 15% zu.
Aufmerksamkeit von Brokern und institutionellen Investoren gewonnen haben, die erkannten, dass Performance nicht mehr nur über Branchentrends sondern vor allem über die Titelauswahl zu erzielen ist. Logitech, der Marktführer bei Peripheriegeräten für PCs und Spielkonsolen, wurde im Jahr 1997 noch von einer Handvoll Broker abgedeckt. Seit der neue CEO eine erfolgreiche Strategie implementiert, analysieren inzwischen rund dreimal mehr Broker die Unternehmung. Der Aktienkurs stieg in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 32%.
Als Folge stieg generell das Interesse an diesen früher eher vernachlässigten Nebenwerten. Auch die Schweizer Börse reagierte auf diesen Trend und schuf Ende April 2004 den SPI Extra (SPI ohne SMIs) und gegen Ende 2004 den SMIM-Index (Mid Caps). Es scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass Schweizer Nebenwerte auch in Krisenzeiten besser abschneiden können als die Blue Chips, was die letzten drei grossen Börsenkrisen gezeigt haben.
Optimismus
Bei Sarasin blicken die Konjunkturexperten vorsichtig optimistisch ins neue Jahr. Sie rechnen zwar mit einem abgeschwächten Wirtschaftswachstum, stufen einen Rückfall in die Stagnation oder gar eine Rezession aber als eher unwahrscheinlich ein. Damit dürfte die Basis für ein gutes Aktienjahr geschaffen sein. Vor diesem Hintergrund bleibt auch der SMC-Ausblick für 2005 leicht positiv. Unseres Erachtens sind die erwartete Umsatzwachstumsverlangsamung, die hohe Vorjahresbasis bei Umsatz und Gewinn und der neue Rechnungslegungsstandard (IFRS 3) in den Gewinnschätzungen enthalten.
Unverändert sind viele Unternehmen hinsichtlich des langfristigen Ausblicks vorsichtig, weil die Wachstumsraten bei den Aufträgen sinken und die Lagerbestände hoch sind. Dies widerspiegelt sich in der Tatsache, dass häufig mit der Guidance für 2005 zugewartet wird. Einige Unternehmen erwarten sogar ein schwächeres 1. Quartal. Dennoch wird das kurzfristig verhaltene Bild für den Schweizer Aktienmarkt weiterhin durch die Wachstumsschätzungen für den Gewinn per Aktie für 2005 gestützt: Der Konsens erwartet Gewinnsteigerungen für den SPI von 12,6%. Auf Basis des Forward-KGV ist der Schweizer Markt unseres Erachtens mit 14,4x attraktiv bewertet, wenn man diesen Wert mit dem historisch tiefen Durchschnitt der letzten beiden Jahre von über 16x vergleicht, wobei die neue IFRS 3-Regel (keine Goodwill-Amortisation ab 2005) das Bild verbessert.
Vor diesem Hintergrund stellt sich nun die Frage, welches die besten Nebenwerte für 2005 sind. Mitte 2001 kreierte die Research-Abteilung von Sarasin ein neues Mid- und Small-Cap-Produkt, das quartalsweise publiziert wird. Hauptsächlich nach dem Bottom-up-Ansatz, aber ohne den Topdown zu vergessen, nehmen wir dabei unsere «besten» Empfehlungen in eine Core-Liste auf. Diese Liste hat seit Bestehen immer die Nebenwerte- und SMI-Benchmark geschlagen. Im Moment befinden sich folgende Aktien auf der SMC-Core-Empfehlungsliste: Sulzer, Arbonia-Forster, Geberit, Georg Fischer, Helvetia Patria, Kaba, Komax und Phoenix Mecano.
Andreas Riedel, Technologie- und Industrie-Analyst, Bank Sarasin & Cie AG, Basel.