Heute ist für Guillaume Le Cunff Schluss bei Nespresso. Vier Jahre hat er der noblen Kaffeemarke aus dem Hause Nestlé seinen Stempel aufgedrückt. Nun übernimmt er von Marco Settembrini das Ruder als Europa-Chef von Nestlé.

Doch bevor es weitergeht, gab es noch etwas zu feiern. Und zwar die Inbetriebnahme der ersten regulären Produktionslinie für Papierkapseln.

Drei Jahre Entwicklung, 28 Prototypen

Drei Jahre lang haben die Kaffeespezialistinnen und -spezialisten von Nespresso an der Alu-Alternative getüftelt. Vor allem die Kompatibilität der neuen Kapselsorte mit den bestehenden Maschinen erwies sich als Knacknuss. Es brauchte seine Zeit, bis der Betrieb mit den Papierkapseln so reibungslos in den Maschinen verlief wie mit ihren Pendants aus Alu. 28 Prototypen wurden entwickelt, Version 29 geht nun in die Serienproduktion.

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Sie besteht aus einer mit Bioplastik beschichteten Kapsel. Noch komplizierter wird es beim Deckel. Er besteht aus zwanzig unterschiedlichen, hauchdünnen Materialschichten und ist am Rand, dort, wo er die Kapsel versiegelt, nochmals etwas anders aufgebaut als in der Mitte. 

Zur Kapazität der neuen Anlage macht Nespresso keine Angaben.

Keine Kompromisse beim Geschmack

Drei Ziele hat man sich bei Nespresso vorgenommen. Die Papierkapseln müssen in den bestehenden Maschinen verwendet werden können, die Kunden und Kundinnen sollen sich kein neues Gerät anschaffen müssen. Das macht es einfacher, zum Papierkapselsystem zu wechseln. Zudem sollten die Kapseln zu Hause kompostierbar sein, damit auch Nespresso-Liebhaber und -Liebhaberinnen, die keinen Zugang zu öffentlichen Kompostieranlagen haben – also die Mehrheit, wenn gewünscht umstellen können. Und schliesslich durfte die Neuerung nicht auf Kosten des Geschmacks gehen.

Die Ökobilanz der Alu- und der Papierkapseln sei vergleichbar, sagt der Nespresso-Chef. Vorausgesetzt, die gebrauchten Kapseln werden recycelt. Ist dies nicht der Fall, so heisst es: eins zu null fürs Papier. In der Schweiz liegt die Recyclingquote der Alu-Kapsel bei rund zwei Dritteln, in anderen Ländern liegt sie bei 30 bis 40 Prozent.

In Frankreich, in der Schweiz und in Italien sind die Papier-Kapseln, die selbstverständlich auch Nespresso-Allzeitbotschafter George Clooney verwendet, bereits auf dem Markt. Nun sind die nordischen Länder und die Niederlande an der Reihe. Nächste Stationen auf dem, was der Nespresso-Chef «paperization journey» nennt, ist die Alternative zu den Kapseln der Vertuo-Maschinen, womit Papier auch auf dem wichtigsten Markt, den USA, zum Thema wird. Doch darum wird sich nun Nachfolger Philipp Navratil kümmern müssen.

Nur 10 Prozent des CO2-Fussabdrucks stecken in der Verpackung

Nespresso hat in den vergangenen Jahren einiges unternommen, um dem Recycling auf die Sprünge zu helfen. In der Schweiz bekommen die Kunden und Kundinnen Sachets für die Entsorgung gleich mitgeliefert, wenn sie bei Nespresso einkaufen. Die mit den gebrauchten Kapseln gefüllten Beutel nimmt die Post mit, in Frankreich gibt es eine Zusammenarbeit mit UPS.

Die Verpackung macht allerdings nur 10 Prozent des CO2-Fussabdruckes einer Tasse Kaffee aus. 40 Prozent des CO2-Fussabdruckes stammen aus dem Kaffeeanbau, rund 20 Prozent werden bei der Erhitzung mit Wasser freigesetzt. 

«Keine Entschuldigung mehr»

Das zeige, wo man ansetzen müsse, sagt der Nespresso-Chef im April im Interview mit der Handelszeitung, nämlich bei der «Systemeffizienz». Und: «Bei Nespresso wird nichts weggeworfen», weil genau die richtige Menge an Kaffee und Wasser verwendet werde. Zudem seien die Alu-Kapseln zu mindestens 80 Prozent aus recyceltem Aluminium. «Wenn ein Kunde bei uns eine unserer Kapseln kauft, dann ist er also schon in der Kreislaufwirtschaft.»

Nun, nach dem Launch der Papierkapsel sagt der abtretende Nespresso-Chef: «Nun gibt es keine Entschuldigung mehr, sich nicht in die Zirkularität einzuschreiben.»

Nespresso gehört zu den Umsatz- und Margen-Perlen von Nestlé. 2023 machte die Einheit einen Umsatz von 6,4 Milliarden Franken. Wichtigster Wachstumstreiber ist Nordamerika mit den USA, die Region wächst zweistellig. Die Marge von Nespresso lag bei 21,5 Prozent gegenüber 17,3 Prozent für die ganze Gruppe. Nespresso beschäftigt weltweit 14’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 2000 davon in der Schweiz. Seit 2022 ist das Unternehmen B-Corp-zertifiziert. B Corp ist ein internationales Zertifikat, mit dem die Nonprofitorganisation B Lab Unternehmen für ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen auszeichnet.