Der Chef von Danone Schweiz lädt Journalisten zum Lunch im edlen Restaurant Conti in Zürich ein. Koen Burghouts strahlt und erklärt stolz: «Unser Unternehmen wächst in der Schweiz zweistellig und ist seit Ende 2009 Marktführer im Segment der Produkte mit gesundheitlichem Zusatznutzen.»

Es wäre ein Sprint zum Sieg. Denn erst 2007 hat Danone in der Schweiz überhaupt eine eigene Niederlassung gegründet. Umsatzzahlen will Burghouts keine nennen. Dafür präsentiert der 38-jährige Holländer Marktzahlen. «Mit den Marken Activia und Actimel besitzen wir 35 Prozent Marktanteil und liegen damit vor unseren Konkurrenten.» Nestlé und ihre Partnerin Lactalis kämen mit ihrer Marke Nestlé LC1 auf 30 Prozent, die Migros mit Actilife, Lactaform und Bifidus auf 20 Prozent und Emmi mit den Marken Aktifit, Benecol auf 5 Prozent.

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Die Freude Burghouts ist verständlich. Denn der Markt für gesundheitsfördernde Milchprodukte wächst rasant. Fast eine halbe Milliarde Franken setzt der Schweizer Detailhandel mit Joghurts um. Davon entfallen inzwischen 18 Prozent auf Produkte mit zusätzlichem Gesundheitsnutzen. Sie versprechen gute Margen. Hinter vorgehaltener Hand werden 20 Prozent und mehr für das Geschäft mit Functional Food genannt. Kommt hinzu, dass Nestlé und Danone sonst vor allem in den Schwellenländern zulegen. Mit Actimel, LC1 & Co. können sie auch in den reifen Märkten solide Zuwächse präsentieren. Doch der Kampf um die Kunden ist hart. Niemand will als Verlierer dastehen.

Gerangel um Marktanteile

«Danone zählt mehrere Marken mit unterschiedlichen Wirkungsversprechen zusammen und stellt diese der führenden Marke LC1 gegenüber», kontert ein Sprecher von Nestlé/Lactalis die Zahlen von Danone. Korrekt müsse man LC1 und Activia vergleichen, welche beide im Segment der «Verdauungsregulierung» positioniert seien. Der Sprecher zieht Zahlen des Marktforschungsinstituts Nielsen heran. Diese zeigen, dass Nestlé mit LC1 59,6 Prozent Marktanteil hält, während Danones Activia nur 40,4 Prozent einnimmt. Lactalis-Nestlé ist ein Joint Venture zwischen dem französischen Milchverarbeiter Lactalis und dem Nahrungsmittelhersteller aus Vevey. Die Schweizer halten eine Minderheitsbeteiligung von 40 Prozent.

Auch Emmi hat Mühe mit der Hitliste von Danone. «Mit der Marke Aktifit sind wir Nummer zwei bei den probiotischen Spezialgetränken in der Schweiz», sagt Sprecherin Esther Gerster. Ein Vergleich mit Activia sei nicht korrekt, weil man gar keine probiotischen Jogurts anbiete.

Im Gerangel um die Marktführerschaft erhält Danone Unterstützung wiederum von der Migros. Der orange Riese sieht Danone auf dem Podest, gefolgt von Nestlé LC1, Migros und Emmi. «Bei der Angabe der Marktanteile kommt es darauf an, wie der relevante Markt genau definiert wird», erklärt die Migros-Marketingabteilung.

Doch über Danone hängt ein Damoklesschwert. Skilegenden wie Maria Walliser mögen noch so hartnäckig werben und sich dank Activia «rundum wohl fühlen». Der spezielle Gesundheitsnutzen dieser Produkte ist umstritten. Bis jetzt genehmigte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) kein Produkt von Danone. Drei Anfragen seien von den Franzosen zurückgezogen und eine sei abgeschmettert worden, heisst es dort. Danone-Schweiz-Chef Burghouts meint: «Die Behörde hat bis heute jeden einzelnen Antrag aus der Nahrungsmittelindustrie für probiotische Produkte zurückgewiesen.» Diese Praxis habe Danone veranlasst, die Dossiers zurückzuziehen und klare Richtlinien abzuwarten. Das Gutachten mit dem negativen Bescheid beziehe sich auf einen speziellen Aspekt der Wirkungsweise von Actimel, der nicht die Anwendung für das Actimel-Produkt im Schweizer Markt betreffe.

Danone selbst führt unzählige Studien an, welche die Wirksamkeit des süssen Milchdrinks beweisen sollen. Ein Heer von 1200 Wissenschaftern sind im Dienst des französischen Lebensmittelmultis tätig, die vorwiegend im Hauptsitz in Paris arbeiten.

Danone muss abwarten

Im Gegensatz dazu hat Nestlé/Lactalis mit seiner Gesundheitsansage in der Schweiz mehr Erfolg. Im letzten März hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Bewilligung erteilt für die gesundheitsbezogene Angabe: «LC1 reguliert sanft und natürlich die Verdauung.» Das bestätigt das Amt. Bei anderen Gesundheitsversprechen wie denjenigen von Danone wartet das Bundesamt die Richtlinien der europäischen Food Safety Authority ab, deshalb hat es die Übergangsfrist bis Ende 2012 verlängert.

Somit darf Nestlé ungeniert mit «Verdauung gut, alles gut» für sein Joghurt LC1 werben. Bis sich Danone-Schweiz-Chef Burghouts rundum wohl fühlen kann, muss sich die europäische Lebensmittelbehörde erst noch positiv äussern. Den Ausgang des Verfahrens wartet man nicht nur in der Danone-Zentrale in Paris gespannt ab, sondern auch in Vevey.