BILANZ: Herr Brabeck, Sie sind passionierter Harley-Davidson-Fahrer. Würde da nicht der Rocksong «Born to be wild» besser zu Ihnen passen als eine Oper von Mozart?
Peter Brabeck:
Die Harley-Davidson hat ihren eigenen Rhythmus und ihre eigene Melodie, das stimmt. Aber das Leben ist vielseitig. Da gehören Rock und Klassik dazu. Klassik spielt und spielte in meinem Leben immer eine grosse Rolle.

Inwiefern?

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PB: Mein Grossvater war Komponist und Sänger an der Berliner Oper. Ich war sehr früh mit klassischer Musik in Kontakt.

Und nun sponsern Sie die Salzburger Festspiele.

PB: Meine Leidenschaft für Musik hat mit dem Sponsoring von Nestlé nichts zu tun. Unser Engagement beruht auf einer nüchternen Analyse. Beide, Nestlé wie die Salzburger Festspiele, verbinden wichtige Werte. Für beide Institutionen ist Tradition zentral. Salzburg feiert heuer 90 Jahre, Nestlé gibt es seit 145 Jahren.

Und sonst?

Markus Hinterhäuser: Zu beiden Institutionen gehört die Überzeugung, dass man sich beständig weiterentwickeln muss. Das heisst: Man muss Tradition mit Innovation durchsetzen und dabei höchsten Qualitätsansprüchen nachleben.

Was verbindet Sie mit Peter Brabeck?

MH: Genau diese fruchtbare Verbindung. Dies zeigte sich auch bei unserem jüngsten Projekt: Ich trat vor einem Jahr an Peter Brabeck heran und schlug ihm einen Förderpreis für junge Dirigenten – den Young Conductors Award – vor und bat ihn, das Sponsoring zu übernehmen. Nestlé würde so wiederum zur Startrampe für etwas Neues. Man war ja bereits früher innovativ und finanzierte Jugendabonnements an den Festspielen.
PB: Wir wollten unser Kultursponsoring aktiver gestalten. Nur das Firmenlogo auf ein Plakat zu malen, genügt heute nicht mehr. Da kam Markus mit der Idee dieses Jugendförderpreises. Das Projekt erörterten wir im Nestlé-Verwaltungsrat und sagten dann zu. Bereits mein Vorgänger, Helmut Maucher, hat übrigens die Kooperation mit Salzburg lanciert. Er überzeugte die Festspiel-Verantwortlichen, überhaupt ein erstes kommerzielles Sponsoring aufzubauen. Er holte damals auch ABB und Allianz ins Boot. Später kamen Audi, Siemens und Credit Suisse dazu.

Was genau ist der Mehrwert, den die Salzburger Festspiele dem Unternehmen Nestlé bieten?

PB: Salzburg ist das kompletteste internationale Musikfestival der Welt. Faszinierend ist, wie es sich immer wieder erneuert, frische Perspektiven eröffnet, überraschende Dimensionen herausarbeitet. Ähnlich ist der stete Wandel bei Nestlé: Wir sind derzeit daran, uns von einer stabilen Ernährungs- und Lebensmittelfirma zu einer Food, Health and Nutrition Company zu entwickeln. Da gibt es einen Imagetransfer für beide Seiten. Und dann haben die Salzburger Festspiele, auch dank Markus Hinterhäuser, eine hohe Glaubwürdigkeit, auch das passt zu uns.
MH: Ich stelle fest, dass uns das Publikum vertraut. Es hat über die Jahre gemerkt, dass wir es aufrichtig meinen mit unserem künstlerischen Engagement, dass wir mit Enthusiasmus am Werk sind, dass wir nicht Blendwerk verkaufen, sondern eine Auseinandersetzung mit Kultur auf höchstem Niveau anstreben und bieten. Diese Botschaft wird verstanden, deshalb kommen jedes Jahr im August über 250  000 Besucher nach Salzburg.

Sie sind nicht nur Intendant und Kulturmanager, Sie sind auch ein bekannter Konzertpianist. Wie bringt man beides unter einen Hut?

MH: Ich bin vermutlich atypisch in der Branche. Ich habe übrigens nie eine Sekunde Kulturmanagement studiert.

Gleichwohl hat man Ihnen die künstlerische Leitung eines Millionenunternehmens anvertraut.

MH: Ich habe meine programmatischen Vorstellungen. Und dann kenne ich viele Künstler persönlich, weiss, wie sie ticken, wo ihre Grenzen sind. Dieses Verständnis und die Akzeptanz helfen mir, meine Ideen umzusetzen. Ein Festival, das im August stattfindet, ist eine besondere Herausforderung. Man muss Künstler überzeugen, damit sie ihre Ferienzeit opfern und arbeiten.

Salzburg hat ein Budget von 60 Millionen Franken, ist also ein stattliches Unternehmen.

MH: Salzburg hat eine tolle Struktur: Ich muss mich da nicht auf Finanzfragen oder Fragen des Steuerrechts konzentrieren, dafür gibt es Experten.

Kein ökonomischer Zwang also?

MH: Klar stehe ich unter Zwang, mit all den Konzerten und Anlässen Geld zu verdienen. Noch wichtiger aber ist es, ein Publikum zu finden, das uns treu bleibt. Das grosse Festspielhaus in Salzburg hat 2500 Plätze, die es zu füllen gilt. Und wir realisieren in fünf Wochen 190 Veranstaltungen, das ist eine ganze Menge. Da muss man in einem Bereich halt etwas mehr erwirtschaften als anderswo und so Veranstaltungen, die nicht so einfach zu verkaufen sind, quersubventionieren. Aber wir sind zufrieden: Im Vorverkauf 2010 haben wir 18 Prozent mehr Tickets verkauft als im Vorjahr.

Nestlé gilt im internationalen Kultursponsoring als eher zurückhaltend. Warum ist das so?

PB: Unser Kultursponsoring basiert auf drei Säulen: International beschränkt sich unser Engagement auf die Salzburger Festspiele. National sind wir Sponsoren des Lucerne Festival, im lokalen Kultursponsoring sind wir Partner, zum Beispiel des Montreux Jazz Festival. Ansonsten betreiben wir Markensponsoring etwa mit Nescafé oder Nespresso.

Nach welchen Kriterien wird entschieden?

PB: Man hat zuvorderst den Aktionären gegenüber eine Verantwortung. Und man muss dem Verwaltungsrat erklären, weshalb sich ein finanzielles Engagement lohnt, ob ein Imagetransfer stattfindet, ob die Qualität stimmt. Wichtig ist auch, dass ein Kultursponsoring längerfristig angelegt ist. Gleichwohl muss man sich immer wieder Gedanken über den Nutzen machen, gerade heute, da das Einladen von Gästen aus aller Welt immer schwieriger wird.

Weil die Leute keine Zeit haben?

PB: Nein, weil die Eingeladenen auf Naturalleistungen wie Übernachtungen, Essen oder Tickets nun Steuern bezahlen müssen. Fragen der Compliance und des Steuerrechts machen Einladungen gerade aus Deutschland heute fast unmöglich.

Ein grosser Teil der Besucher der Salzburger Festspiele stammt aber aus Deutschland.

PB: Stimmt, aber wir legen Wert darauf, dass das Publikum international ist. Schon gar nicht würden wir nur wegen des Marktes Österreich ein derart bedeutendes Investment machen, zumal der Nestlé-Umsatz in Österreich unter einem Prozent liegt. Nein, wir wollen, dass Salzburg international ausstrahlt. Wenn man 700  000 Euro investiert, muss man das den Aktionären begründen können.
MH: Salzburg hat einen internationalen Anspruch. Es ist der Gründungsauftrag der Festspiele, Völker durch Kultur einander näher zu bringen. Im Frühling waren wir deshalb in der Türkei und in Brasilien und präsentierten uns in diesen Boomregionen.

Die Salzburger Festspiele finden 2010 vom 25. Juli bis 30. August statt. www.salzburgerfestspiele.at