Man soll sich in der Znüni-Pause nicht auf den Sessel des Chefs setzen und vor allem zuerst schauen, ob die andern überhaupt eine Znünipause machen», schreibt Alex Felder vom Institut für angewandte Psychologie in Basel allen ins Stammbuch, die eine neue Stelle antreten. Für Betriebsneulinge gelte die Strassenverkehrsregel aus dem Kindergarten: «Luege, lose, laufe».

Ausserdem tue man gut daran, zuerst einmal das neue Umfeld zu sondieren, statt alles gleich auf den Kopf stellen zu wollen: «Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, in kürzester Zeit möglichst viel von der Erfahrung meiner Arbeitskollegen zu lernen und dadurch rasch Fortschritte zu machen», erinnert sich Lukas Hengartner, der den Einstieg als Controller beim Elektrotechnikkonzern ABB erfolgreich hinter sich hat. Man solle sich durch gute und beständige Arbeit für weitere Aufgaben empfehlen. Auf keinen Fall dürfe man überheblich sein. Denn mit Besserwisserei blitzt man ab; die alten Hasen im Betrieb wissen, wieso sie etwas gerade so und nicht anders machen.

Auch wer von der ersten Minute an schuftet wie ein Berserker, setzt damit bloss seine Teamkollegen unter Druck und macht sich als Streber unbeliebt. Es gebe in jeder Gruppe ungeschriebene Regeln, wann man zu viel oder zu wenig arbeite, so Felder. Da gilt es, als Greenhorn genau hinzuschauen, was die Gruppenkultur zulässt. «Teils rührt anfänglicher Übereifer auch daher, dass sich jemand zu ehrgeizige Ziele setzt und andern ins Gehege kommt», so Beatrice Erb, Inhaberin der Beratung plus Entwicklung GmbH in Winterthur. Dies löse dann unnötige Revierkämpfe aus.

Gelegentlich stecken hinter Ellbögeleien auch festgefahrene Betriebsmuster, die sich nicht so einfach aus der Welt schaffen lassen. Als Newcomer kann man sich viel Ärger ersparen, wenn man zuerst einmal eruiert, wie das Unternehmen tickt: Wer ist das Alphatier, wer ist die graue Eminenz? Was sind die informellen Abläufe?

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Sauglattismus ist fehl am Platz

Zu Kompetenzgerangel kommt es auch rasch, wenn man jemandes Vorgesetzter wird, der diese Position selbst gerne gehabt hätte, oder wenn man als «junger Schnösel» ein Team mit Veteranen führen soll. Erb: «Wird in solchen Fällen die Funktion regelrecht in Frage gestellt, braucht es ein klärendes Wort aus der Chefetage.» Doch bedeutet längst nicht jede Kritik einen Angriff auf die eigene Position. Gerade in den ersten Monaten muss man auch den einen oder anderen unsanften Fingerzeig wegstecken können. «Kritik überschlafen und dann angemessen reagieren», rät Erb. Oft habe man ja als Neuling bloss zu wenig Informationen, so dass sich das Problem rasch aufklären lasse. Bei stichhaltigen Vorwürfen braucht es dagegen die Bereitschaft, selbstkritisch in den Spiegel zu schauen und Verbesserungsvorschläge anzunehmen.Generell muss man auf die Kollegen zugehen, um sich im Team seinen Platz zu schaffen. «Insbesondere soll man für die Tätigkeit der anderen Interesse zeigen», rät Erb. Das führe zu Anknüpfungspunkten. So war etwa für Controller Lukas Hengartner beim Jobantritt bei ABB nicht nur das gemeinsame Mittagessen mit den Arbeitskollegen selbstverständlich: «Ich glaube, dass es mir auch oft gelang, fachlich positiv zu überraschen, da man noch nicht allzu hohe Erwartungen an mich hatte.»

Mit privaten Freundschaften lässt man sich dagegen besser Zeit, um übereilte Allianzen, die man später womöglich bereut, zu vermeiden. Felder warnt: «Sich mit privater Kumpanei anbiedern zu wollen, ist ein Schuss in den Ofen. Man ist ja zum Arbeiten hier.»

Somit gilt für Betriebsapéro und Arbeitsausflug: Unbedingt mitmachen, aber punkto Alkohol und Lautstärke Platzhirschen den Vortritt lassen. Pluspunkte sammelt man nicht mit Sauglattismus, sondern indem man das Abc des Zusammenlebens pflegt: Pünktlichkeit, Sauberkeit, Ernsthaftigkeit, Verlässlichkeit, Anstand, Anpassungsfähigkeit, Lernbereitschaft.

«Nicht mit mir»

Wer mit seinem Auftreten auf die Firmenkultur Rücksicht nimmt und einen guten Draht zu den Kollegen aufbaut, kann bei Stress und Überforderung leichter Unterstützung mobilisieren. Denn Menschen sind grundsätzlich hilfsbereit. Man muss aber den Mut finden, seine Befindlichkeit zu äussern. Bei allgemeinen Problemen wendet man sich eher an seinen Firmen-Götti oder an einen Kollegen.

Ist dagegen das übergeordnete Stellenziel betroffen, braucht es zusätzlich den Chef. «Auch die Vorgesetzten sollten sich ja von Zeit zu Zeit erkundigen, wie der Neue mit seinen Aufgaben klar kommt», meint Beatrice Erb. Kommt der Chef nicht von selbst auf einen zu, dann sollte man nach etwa einem Monat um ein Feedbackgespräch bitten. Dabei kann man nicht nur fragen, ob die Leistung stimmt und wo man sich noch verbessern muss, sondern auch eine allfällige Überforderung zur Sprache bringen.

Hat man dagegen eine leitende Position inne, versucht man besser, zuerst allein mit den Problemen zurechtzukommen. Erb: «Von Kaderleuten wird erwartet, dass sie aus einer normalen Stressphase aus eigener Kraft herausfinden.» Zum Teil rühre das Gefühl der Überforderung auch von zu

hohen Ansprüchen an sich selbst. Daher solle man sich zuerst

einmal fragen, ob man sich nicht selbst unnötig unter Erwartungsdruck setzt, rät Erb. Zudem müsse man damit rechnen, dass einem am Anfang auch einmal ein frostiger Wind ins Gesicht blasen könne. Wer zum Beispiel ständig die falschen Leute duzt, kann sich gehörig in die Nesseln setzen. Es wäre daher vorschnell, sogleich die Diagnose «Mobbing» zu stellen, bloss weil einem jemand die kalte Schulter zeigt.

Trotzdem, so Alex Felder, gelte es, wachsam zu sein und von Anfang an klar zu signalisieren: «Nicht mit mir, ich bin hier nicht der Prügelknabe.» In seltenen Fällen kann es trotzdem vorkommen, dass man die Sache nicht steuern kann, sondern sich einer eingespielten Gruppe von Tätern gegenübersieht – mit einem Chef, der einfach zuschaut oder aus dem Hintergrund sogar selbst mitmacht. Dann hilft nur eins: Seine Siebensachen wieder packen und eine neue Stelle suchen.