Smartphone statt gediegenes Sitzungszimmer: Mit einem überraschenden Chefwechsel will sich die Schweizer Grossbank UBS fitmachen für eine digitale Zukunft. Ralph Hamers, Vorstandschef des niederländischen Geldhauses ING, soll Sergio Ermotti Anfang November als Konzernchef ablösen.

Mit dem 53-jährigen Niederländer holt sich das grösste Schweizer Geldhaus einen Experten für Online-Banking an die Spitze. «Ralph ist eine ausgewiesene Führungspersönlichkeit im Bankwesen und passt kulturell sehr gut zu UBS«, sagte UBS-Präsident Axel Weber am Donnerstag in Zürich.

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«Unter seiner Führung hat die ING einen grundlegenden Wandel in ihrem Geschäftsmodell vollzogen und gilt heute als eines der besten Beispiele für digitale Innovationen im Bankensektor.» Ralph Hamers soll ab dem 1. September 2020 als Mitglied der Konzernleitung zu UBS stossen, um einen reibungslosen Übergang in der Führung sicherzustellen. Anfang November übernimmt er dann als UBS-Chef.

Seit 1991 bei der ING-Bank

Hamers stand seit 2013 an der Spitze der ING, für die er seit 1991 tätig war. Während seiner Zeit als Konzernlenker hat er den Ausbau der digitalen Kanäle vorangetrieben, die IT modernisiert, eine Reihe von Fintech-Unternehmen übernommen und die Kundenzahlen gesteigert. ING-Verwaltungsratschef Hans Wijers lobte den Manger als jemanden, der die Bank vorbildlich für die Zukunft vorbereitet habe, und bedauerte seinen Abgang.

In Hamers Amtszeit fällt allerdings auch die grösste Geldwäschestrafe in der niederländischen Geschichte: 2018 musste ING wegen mangelnder Kontrolle von Kundenkonten 775 Millionen Euro zahlen. Das schlug sich auch im Gehalt des Chefs nieder: Seine Boni wurden gestrichen und eine geplante Gehaltserhöhung nach massiven Protesten von Kunden und Politikern fallengelassen.

Geringes Gehalt für Hamers

Mit knapp 2 Millionen Franken erhielt Hamers 2018 weniger Geld als die meisten Chefs europäischer Grossbanken. Das dürfte sich bei der UBS ändern: Ermotti bekam im gleichen Jahr umgerechnet 13 Millionen Euro. Hamers hatte die sprichwörtliche niederländische Genügsamkeit wiederholt kritisiert und gewarnt, dass sie es erschwere, Spitzenleute anzuwerben.

UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber war der Zeitung «Financial Times» zufolge bereits vor Monaten an Hamers herangetreten – denn schon damals sei klar gewesen, dass Ermottis Vertrag nicht verlängert werde.

Nach der Bekanntgabe des Chefwechsels

Die wichtigste Frage bei der UBS bleibt unbeantwortet. Mehr hier.

Hamers, der mit einer ehemaligen ING-Kollegin verheiratet ist und Zwillinge hat, soll bereits Anfang September zur UBS stossen. Seine Ernennung beendet Spekulationen, dass der Star-Vermögensverwalter Iqbal Khan, der im vergangenen Jahr vom Erzrivalen Credit Suisse zur Bank wechselte, Ermotti als Konzernchef ablösen könnte.

Zwei mit der Angelegenheit vertrauten Personen zufolge beschloss die UBS, ausserhalb der Bank einen Nachfolger für Ermotti zu suchen, nachdem Investmentbankchef Andrea Orcel das Geldhaus 2018 verlassen hatte und die Zahl interner Kandidaten mit genügend Erfahrung geschrumpft war. Weber erklärte, dass die ernsthafte Suche nach einem neuen CEO vor 15 Monaten begonnen habe.

Der ehemalige Bundesbankchef peilt bei der Generalversammlung im April eine Wiederwahl an die Spitze des UBS-Verwaltungsrats an und steht bis 2022 zur Verfügung. Ermotti wollte sich zu Ambitionen auf das Präsidium der Bank nach einer Phase der Abkühlung nicht äussern.
 

Erneuter Paukenschlag für die Bankenwelt

UBS-Chef Sergio Ermotti hatte in der Nacht zum Donnerstag seinen Rücktritt angekündigt. Nach beinahe einem Jahrzehnt als CEO der UBS sei es für ihn Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.

So viele Jobs könnten bei der UBS wegfallen

Was vom neuen UBS-Chef Ralph Hamers zu erwarten ist. Mehr hier.

In der UBS-Medienmitteilung dankte der Verwaltungsrat Sergio Ermotti «für seinen ausserordentlichen Einsatz und Beitrag, den er über die vergangenen neun Jahre, in denen er als CEO tätig war, zum Erfolg der Bank geleistet hat.»

Der Wechsel bedeutet einen erneuten Paukenschlag für die Schweizer Bankenwelt. Erst vor zwei Wochen hatte das zweitgrösste Schweizer Geldhaus Credit Suisse Thomas Gottstein zum Konzernchef ernannt, nachdem sein Vorgänger Tidjane Thiam wegen der Affäre um die Beschattung von ehemaligen Top-Managern seinen Hut nehmen musste.

(sda/reuters/mlo/me)

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