Vor dem Wiener Luxushotel Imperial parkt ein silberner Mercedes GT mit Salzburger Kennzeichen. Der Supersportwagen gehört Niki Lauda. Sind Sie zufrieden mit Ihrem Dienstwagen, Herr Lauda?
Niki Lauda: Der GT ist ein geiles Auto. Seit der ersten Fahrt hab ich meine Grundsätze über Bord geworfen. Denn eigentlich will ich ja nicht auffallen.
Keine Wehmut nach Ferrari?
Im Gegenteil. Mein Mercedes ist absoluter Hightech. Ich fahre jeweils im Comfort-Modus von zu Hause los. Damit meine Frau Brigitte mich nicht als Raser schimpft. Aber bereits nach drei Strassenecken wechsle ich in den Sport-Modus. Mit einem Handgriff kann ich den Auspuff lauter schalten.
Formel-1-Feeling auf der Strasse?
Absolut.
Aber nicht auf leeren Magen?
Ich frühstücke seit ewigen Zeiten hier im Hotel Imperial. Stets dasselbe: Ein Ei, ein gerissener Apfel und ein Schnittlauch-Brot. Mittlerweile steht das Gericht auf der Karte.
Wie kam es dazu?
Als ich mit der Lauda Air startete, hat mein damaliger Geschäftspartner mir zum Geburtstag einen Gutschein fürs «Imperial» geschenkt: Ein Jahr kostenlos frühstücken. Seither bin ich Stammgast.
Auch ihr neues Buch «Reden wir über Geld» ist aus Gesprächen im «Imperial» entstanden.
Ich habe früher schon Bücher zusammen mit einem Ghostwriter geschrieben. Aber die Arbeit ist mühsam und es schaut wenig dabei raus. Die Tantiemen machen ja bloss 10 Prozent des Verkaufspreises aus, und den Betrag muss ich mir ja dann noch mit dem Ghostwriter teilen.
Lassen Sie uns Geld über Geld sprechen.
Über Geld spricht man nicht. Das ist überhaupt nicht mein Metier.
Niki Lauda ist mittlerweile eine globale Marke. Absicht oder Zufall?
Man kann sich im Leben nicht zum Ziel setzen, eine Marke zu werden. Mit allen Mitteln etwas Staub aufzuwirbeln, um das eigene Ego zu befriedigen. Sowas versuchen nur "B-Promis". Ich kann das kaum ertragen. Die Schüsse gehen meines Erachtens oft nach hinten los. Du musst einfach tun, was du tust. Und wenn dein rotes "Kapperl" zur Marke wird, dann ist das ein positiver Nebeneffekt.
Die Kappe tragen Sie seit Ihrem Unfall.
Weil der Verband nicht gehalten hat auf dem Kopf. Da hat mir mein Trainer Willy Dungl gesagt, ich solle doch ein "Kapperl" aufsetzen. Nach den schweren Verbrennungen habe ich mich damit angefreundet und bin dabei geblieben. Später habe ich entdeckt, dass Firmen für ihr Logo auf meinem "Kapperl" etwas bezahlen.
Heute prangt das Logo des österreichischen Glücksspiel-Konzerns Novomatic an Ihrem Haupt. Haben Sie keine Berührungsängste?
Zu Beginn der Partnerschaft sehr wohl. Allerdings muss auch gesagt werden, dass das Glücksspiel in Österreich und anderswo weitestgehend reglementiert ist. Es gibt bestimmt noch das eine oder andere schwarze Schaf in der Branche. Auf Novomatic trifft das jedoch bestimmt nicht zu. Das Unternehmen stellt Spielautomaten her und betreibt diese weltweit.
Formel 1, Aviatik: Ist man in diesen Bereichen aktiv, ist man wohl eher der risikofreudige Typ. Sind Sie oft am Spieltisch anzutreffen?
Nein. Am Spieltisch nie. Ich bin wegen geschäftlicher Verpflichtungen allerdings ab und zu in Casinos zugegen.
Laudas Handy klingelt, eine unbekannte Nummer. "Ja, hallo, wen wollen Sie sprechen?" - (in bestimmtem Ton) "Wen wollen Sie sprechen?" - "Nein, da sind Sie falsch. Danke und auf Wiedersehen." Lauda legt das Telefon wieder beiseite.
Wer war am Draht?
(Lauda verärgert) Da rufen dann manchmal solche Idioten an und fragen: «Sind Sie der Niki Lauda?» Und wollen nur wissen, ob die Nummer stimmt. Die sitzen irgendwo, trinken Bier und geben den Hörer in die Runde. Seit der Buchpräsentation hat sich leider meine Nummer herumgesprochen.
Zurück zur Formel 1. Der Schweizer Rennstall Sauber steckt in argen Nöten. Warum?
Das Problem ist, dass Sauber seit Jahren nie mehr über die Hürde kommt, ein konkurrenzfähiges Auto zu bauen, das mit den Spitzenteams mithalten kann.
Auf was führen Sie die Erfolglosigkeit zurück?
Sauber-Chefin Monisha Kaltenborn hat ihre ganz eigene Art, das Team zu führen. Da gab es aus meiner Sicht schon einige Ungereimtheiten, die hart an der Grenze waren. Wenn Fahrer bezahlt haben und dann nicht fahren können oder Autos vor dem Grand Prix beschlagnahmt werden, dann ist das halt blöd.
Sauber sucht den Befreiungsschlag und hat bei der Europäischen Kommission geklagt, dass kleinere Formel-1-Teams gegenüber den grossen Rennställen benachteiligt werden. Zu Recht?
Ich finde das Vorgehen schon sehr speziell: Sauber ist ein Teil einer Renngemeinschaft, unterzeichnet das "Concorde Agreement", wo alles bis aufs Letzte geregelt ist, und sagt dann plötzlich: Das gilt alles nix mehr.
Werden kleine Teams in der Formel 1 benachteiligt?
Ich verstehe diese Argumentation überhaupt nicht. Seit es die Formel 1 gibt, gibt es Teams, die gewinnen, und Teams, die hinterherfahren. Wie in jedem anderen Sport auch. Wer sich in der Formel 1 auskennt, weiss, was der Rennbetrieb kostet. Die Anforderungen sind transparent ausgewiesen. Es kann doch nicht sein, dass ein Rennstall stetig Schulden aufhäuft und dann als letzte Rettung das ganze System Formel 1 in Frage stellt. Jeder Rennstall ist für sich selber verantwortlich. Sauber sollte gegen seine eigene Unfähigkeit ankämpfen.
Sie haben leicht reden. Ihnen gehören seit einigen Jahren 10 Prozent am erfolgreichen Mercedes-Rennstall. Sind Sie zufrieden mit dem Investment?
Es läuft hervorragend. Wir waren in den letzten Jahren zweimal Weltmeister.
Bei Mercedes läuft es also gut. Die Formel 1 aber kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. Zuletzt sorgte der Motorenknatsch zwischen den Rennställen für Unmut.
Ich kann nur für Mercedes sprechen. Wir haben das Konzept mit den Hybridmotoren konsequent umgesetzt, wovon auch die Entwickler für die Strassenfahrzeuge profitieren. Andere Teams sind da im Hintertreffen und müssen nun aufholen.
Viel Lärm um nichts?
Die Negativspirale kam ins Drehen, als Bernie (Ecclestone) befand, die Hybridmotoren seien zu leise. Viel wichtiger aber scheint mir, dass die heutigen Formel-1-Wagen viel zu einfach zu fahren sind. Es kommen zu viele Informationen aus der Box. Mit diesen ferngesteuerten Piloten, denen man alles sagen muss, leidet natürlich das ganze F1-Image. Wir wollen dort Fahrer sehen, die mit ihren Fahrzeugen kämpfen. Mit der Überreglementierung des FIA-Verbands ist der sportliche Aspekt ins Hintertreffen geraten.
Soll es wieder um Leben und Tod gehen wie zu Ihrer Zeit?
Natürlich nicht. Aber man muss aufpassen, dass die Formel 1 nicht zu einer Alibi-Veranstaltung verkommt, wo die Fahrer nicht mal mehr einen Führerschein besitzen. Deshalb wird in zwei Jahren ein Konzept kommen, mit dem die Autos fünf bis sechs Sekunden schneller sind und die Fahrer wesentlich mehr zu tun haben. Zum Beispiel durch breitere Reifen, mehr Grip etc. Auch die gesamte Kommunikation aus den Boxen, mit der das Team erklärt, wie das Auto zu bedienen sei, wird reduziert. Die Fahrer müssen also wieder mehr selber entscheiden. Die Formel 1 soll wieder attraktiver für die Zuschauer werden. Der Fahrer wird wieder mehr Gewicht bekommen. Das ist wichtig.
Laudas Vermögen wird auf bis zu 250 Millionen Euro geschätzt. Seine Investments steuert er über die eigene Privatstiftung namens NL Holding mit Sitz in Wien. Über diese Gesellschaft ist Lauda seit einigen Jahren mit 10 Prozent am Silberpfeil-Rennstall Mercedes Grand Prix Limited beteiligt.
Nebst seinem finanziellen Engagement im Formel-1-Rennsport ist Lauda auch in der Immobilienentwicklung als Investor aktiv. So ist der ehemalige Formel-1-Weltmeister an zwei Gesellschaften des österreichischen Immobilienkönigs René Benko beteiligt. Lauda hält 10 Prozent an dessen Signa Retail GmbH, in der das deutsche Handelsgeschäft der insolventen Karstadt-Gruppe zusammengefasst wurde.
Noch ist das Zukunftsmusik. Hat F1-Chef Bernie Ecclestone Mitschuld am derzeitigen Imageproblem?
Bernie ist unglaublich erfolgreich in all seinen Bemühungen für den Rennsport.
Ihr Mercedes-Mitinvestor Toto Wolff hat jüngst gesagt, er sei nicht unglücklich, wenn die Ära Ecclestone zu Ende geht. Sehen Sie das auch so?
Ich glaube, dass Toto da falsch zitiert wurde. Wir wissen alle, dass Bernie den Sport dorthin gebracht hat, wo er ist. Und wir können klar mit ihm reden, wenn etwas in die Hose gegangen ist.
Sie meinen die Fernsehübertragung in Japan, als das Top-Team Mercedes nur wenige Minuten während des gesamten Rennens zu sehen war?
Das war unglaublich. Aber das ist halt Bernie – er macht das so. Solange er selbst entscheidet, wird das auch so bleiben. Wir haben das alle zu akzeptieren und in der jetzigen Phase ist er immer noch der Beste. Wir müssen heute einfach öfter mit ihm reden als früher.
Aber ist es nicht sonderbar, dass der Formel-1-Chef über solche Details wie Sendeminuten bestimmt?
Das ist in der Tat speziell. Er kennt jedes Detail. Das ist seine Art, den Laden zu führen. Aber wenn ich etwas anders sehe, sage ich ihm das klipp und klar. Unsere Kommunikation ist nach wie vor gut, auch wenn es brutale Ausreisser gibt.
Solche Entscheide wie in Japan zeigen, ob man seine Gunst geniesst oder nicht?
Sein Interesse in Japan war, Red Bull wegen der Motorenproblematik und McLaren bezüglich der Hondaproblematik zu helfen, indem er den Kampf zwischen Platz zehn und elf die ganze Zeit zeigte. Ich habe ihn dann gefragt, weshalb immerzu der McLaren-Flügel im Bild war, wenn er doch Honda helfen wollte. Da hat er gelacht. Er ist der Chef und hat alles in der Hand.
Das erinnert ein wenig an Sepp Blatter. Sein Verdienste für die Fifa sind gross, aber nicht unbedingt zum Wohle des Fussballs.
Bernie kann man mit dem Blatter nicht vergleichen. Der Blatter hat ein anderes Problem, der muss seine Freunde rund um die Welt alimentieren. Bernie hingegen gehört der Laden, er entscheidet.
Wie lange wird Ecclestone die Formel 1 noch beherrschen?
Es hat uns alle überrascht zu hören, dass die Formel 1 verkauft werden soll. Wir alle wissen logischerweise nichts davon. Die Private-Equity-Eigner CVC sind die Einzigen, die entscheiden, wem sie was verkaufen wollen.
Sie haben kürzlich bei Immobilieninvestor René Benko investiert. Benko hat keinen lupenreinen Leumund.
Da muss ich ihn in Schutz nehmen. Wie der seine Firmen führt, ist klasse. Er kennt jede Zahl, jedes Detail - von vorn bis hinten. Ich war erst vor einer Woche an einer Aufsichtsratssitzung und es hat mich erneut tief beeindruckt, wie er das Geschäft weiterentwickelt.
Sie sind voll überzeugt von Herrn Benko? Immerhin ist er vorbestraft.
Das weiss ich alles. Was geschehen ist, ist geschehen. Ich bin einfach zufrieden damit, wie er wirtschaftet. Die Zahlen sprechen für sich.
Haben Sie Kontakt zu den anderen Investoren um Benko? Es handelt sich um eine illustre Truppe - Ernst Tanner von Lindt & Sprüngli ist dabei oder der Ex-Porsche-Manager Wendelin Wiedeking.
Ich wusste das nicht, bevor ich eingestiegen bin. Ich treffe mich nun aber regelmässig mit den Herren.
Bilden Sie eine Art «old boys club»?
Im Kopf sind wir alle noch jung! Es ist mitunter auch sehr lustig. Immer auf den Punkt gebracht.
Von wem ging die Initiative für Ihr Engagement aus - ist Herr Benko an Sie herangetreten?
Ja, mit dem Karstadt-Projekt. Nur so viel: Es läuft sehr gut.
Wie sieht es mit Ihren anderen Investments aus - sind die ähnlich erfolgreich wie die mit Benko und Mercedes?
Das ist unterschiedlich. Ich mache viel mit der LGT.
Arbeiten Sie mit keiner Schweizer Bank zusammen?
Nein. Ich hatte allerdings einmal einen-Franken-Kredit. Ich war vollkommen blöd und habe mir die Finger verbrannt. Mittlerweile ist der Kredit aufgelöst. Eine schlechte Erfahrung. Zur Erste Bank Österreich und zur LGT unterhalte ich eine Geschäftsbeziehung.
Keine Schweizer Bank - aber wenigstens fliegen Sie ab und zu mit der Swiss?
Fliege ich nach Montreal, kann ich zwischen Lufthansa, Air Canada und der Swiss wählen. Ich habe einst bei der Swiss gebucht, da diese ein tolles Image hat. Der Flug mit der Business-Class hat mich 4500 Euro gekostet.
Das war es wert?
Als ich den Flieger betrat, kam ein junger Mann auf mich zu, geschorene Glatze und Vollbart, und stellte sich vor: «I am the purser of this flight.» Für mich sah er irgendwie furchterregend aus. Er sprach nicht einmal Deutsch. Mein Sitz war ein 08/15-Sessel, von bequem weit entfernt. Dann servierten mir zwei eher grössere, ältere Damen ein Essen, das mir nicht in Erinnerung geblieben ist.
Klingt nicht gut - nichts Positives zu berichten?
Eine der Stewardessen fragte mich: "Wollen Sie einen Blick ins Cockpit werfen?" Das tat ich und unterhielt mich kurz mit den Piloten. Als ich zurück zu meinem Platz ging, sass links eine Flugbegleiterin in der ersten Klasse - beim Tagflug nach Montreal! - und schlief mit offenem Mund. Rechts hatte es sich ein junger Steward mit Kopfhörer im Ohr gemütlich gemacht, er hörte Musik. Ich dachte mir, das darf ja alles nicht wahr sein. Vielleicht war dieser Flug auch nur ein Ausrutscher.
Sie haben bei Ihren eigenen Airlines immer grossen Wert auf die Servicequalität gelegt - welche Airline tut das ebenfalls?
Beeindruckt bin ich von Emirates. Stellen Sie sich vor - die haben auf gewissen Strecken Stewardessen aus 13 Nationen, die Fluggäste in ihrer Muttersprache ansprechen. Das nenne ich Service.
Laudas Mobiltelefon summt erneut. Diesmal zur Freude des Wieners - ein Pilot hat ihm soeben ein Bild einer seiner ehemaligen Boeing 767 geschickt. «Der Flieger ist immer noch im Einsatz», strahlt er.