Dem Telekom-Konzern Sunrise droht eine Aktionärsrevolte gegen die geplante Übernahme des Kabelnetzbetreibers UPC. Neben dem grössten Aktionär, der deutschen Freenet, melden nun weitere Eigner Bedenken gegen die 6,3 Milliarden Franken schwere Transaktion an. «Der Deal muss substantiell neu gestaltet werden», sagte einer der zehn grössten Aktionäre. «Noch lieber wäre uns, er fände gar nicht statt.»
Auch mindestens zwei weitere namhafte Aktionäre sind von der grössten Übernahme in der Schweizer Telekom-Branche nicht überzeugt und setzen ein Fragezeichen hinter die Erfolgsaussichten des Vorhabens.
Sunrise will gegen die Swisscom antreten
Die vor allem im Mobilfunk starke Sunrise will UPC vom Kabelriesen Liberty Global übernehmen. Dank Bündel-Angeboten für Mobilfunk, Breitband-Internet, TV und Festnetz soll das fusionierte Unternehmen Marktanteile gewinnen und damit zu einem stärkeren Wettbewerber für den Marktführer Swisscom aufsteigen. Doch Freenet, die rund ein Viertel der Anteile an Sunrise hält, ist gegen die zur Finanzierung der Transaktion nötige Kapitalerhöhung im Volumen von 4,1 Milliarden Franken.
Zwar reicht das Niet von Freenet alleine nicht aus, um die Kapitalerhöhung zu blockieren, für die sich eine einfache Mehrheit der Eigentümer aussprechen muss. Doch auch andere Aktionäre melden Bedenken an. «Strategisch macht der Deal schon Sinn, aber der Preis stimmt nicht», sagte einer der 20 grössten Aktionäre. Er werde gegen die Kapitalerhöhung stimmen. «Der UPC-Deal schafft kaum Wert, birgt für die Aktionäre aber hohe Risiken.» Solche Übernahmen würden selten die erwarteten Synergien abwerfen und oft mehr kosten. «Wir gehen momentan davon aus, dass der Deal im heutigen Kleid keine Chance hat.»
Braucht es überhaupt noch Kabelnetze?
Der Top-10-Investor zieht auch das strategische Kalkül in Zweifel, denn UPC schrumpfe seit Ende 2017. Und im Gegensatz zu Sunrise rechnet der Vermögensverwalter auch nicht mit einer baldigen Erholung. Das UPC-Netz sei dem Glasfaser-Netz, das Swisscom aufbaue und das Sunrise bisher miete, bezüglich der möglichen Geschwindigkeit unterlegen. «UPC ist unserer Meinung nach ein Restrukturierungsfall.»
Gemessen an vergleichbaren Firmen wie dem belgischen Kabelunternehmen Telenet wäre deshalb ein Kaufpreis von rund vier Milliarden Franken angemessen. Der Anleger rechnet auch vor, dass Sunrise eigentlich mehr als die angegebenen 6,3 Milliarden Franken bezahlt. Denn das Unternehmen habe sich verpflichtet, UPC-Anleihen zu übernehmen, die höhere Zinszahlungen mit sich brächten, als wenn Sunrise das Geld selbst aufnehme.
«Braucht es diese Transaktion überhaupt? Wir sind skeptisch.» Sunrise stehe alleine gut da. Der Vermögensverwalter hält es für besser, dass sich das Management auf die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G konzentriert, der Kabelnetze überflüssig machen könnte.
Ein Vertreter eines weiteres Aktionärs sagt: «Uns hat die Transaktion nie besonders gefallen.» Stimmten die Aktionäre der Kapitalerhöhung zu, bestehe die Gefahr, dass die Transaktion nicht reibungslos über die Bühne gehe, weil Freenet nicht mitmache. Doch er denke, dass es ohnehin schwierig sein werde, eine Mehrheit zu finden. Bei einem «Nein» müsste Sunrise 50 Millionen Franken Strafgebühr bezahlen. «Zudem besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Management dann abspringt.»
Sunrise bleibt optimistisch
Diese Einschätzungen zu den Erfolgsaussichten des Deals kontrastieren mit Aussagen von Sunrise. Finanzchef Andre Krause sagte zu Reuters, er sei «sehr sicher», unabhängig von Freenet eine Mehrheit der Aktionäre von dem Deal überzeugen zu können. Um das zu erreichen, lote Sunrise in den kommenden drei Wochen in Gesprächen mit den wichtigsten 30 bis 50 Aktionären aus, ob es Änderungen an der geplanten Finanzierung brauche. Sunrise sei bereit, die Kapitalerhöung um mindestens 1,5 Milliarden Franken zu reduzieren. Beim Preis besteht dagegen kein Spielraum, wie Liberty kürzlich klar machte.
Top-Aktionäre wie die kanadische Pensionskasse CPP halten sich zu ihren Absichten bedeckt. Auch die Frankfurter Shareholder Value Management, die Angaben von Ende Juli zufolge knapp drei Prozent an Sunrise hält, will sich nicht äussern. Weil die Gesellschaft auch Freenet-Aktionärin ist, dürfte sie allerdings auch deren Interessen berücksichtigen.
(Reuters)