Es ist ein Kampf der Giganten. In der einen Ecke Nokia, der unumstrittene Weltmarktführer bei Mobiltelefonen (Marktanteil über 36 Prozent), der einzige Hersteller, der trotz der schweren Branchendepression mit Handys noch Rekordmargen von über 20 Prozent verdient. Gemessen an der Aktienkursentwicklung, das wohl rentabelste europäische Unternehmen der Neunzigerjahre.
In der anderen Ecke Microsoft, das erfolgreichste Softwareunternehmen der Geschichte, der Quasimonopolist im PC-Markt, was Betriebssysteme und Bürosoftware angeht. Eine gewaltige Geldmaschine: Auf Barreserven von über 40 Milliarden Dollar sitzt das Unternehmen, jeden Monat kommt mehr als eine Milliarde dazu. Damit könnte Microsoft die CS, die Zurich Financial Services und die Swatch Group kaufen – und das Geld für alle drei sofort cash auf den Tisch legen! Auch für die Mehrheit an Nokia (Börsenkapitalisierung rund 66 Milliarden Dollar) würde es reichen.
Bisher blieb jeder friedlich in seiner Ecke, war mit allem anderen beschäftigt. Gegenseitig liessen sich die Riesen in Ruhe (Umsatz jeweils knapp über 28 Milliarden Dollar, Mitarbeiter jeweils knapp über 50 000). Handys und PC-Software, das waren schliesslich zwei Bereiche, die nicht viel miteinander zu tun haben. Das ändert sich nun. Handys, Smartphones (Handys mit Zusatzfunktionen zur Datenverwaltung) und Organizer, im Fachjargon PDAs, wachsen zusammen. So wie Anfang der Achtzigerjahre die Desktop-PCs die Grossrechner nach und nach ersetzten, übernehmen nun immer mehr Kleingeräte die Funktionen der PCs.
Da kann Microsoft nicht länger untätig zuschauen. Schon jetzt kämpft die Firma von Bill Gates an allen Fronten. «Sie wollen sicherstellen, dass jeder, der irgendeine Form von Computertechnologie nutzt, das mit Produkten von Microsoft tut», sagt Dan Kusnetzky, IT-Analyst beim Marktforschungsinstitut IDC.
Auch die Wettbewerbsbehörden sind kein Hindernis mehr. Fünf Jahre lang wurde das Unternehmen aus Redmond von den amerikanischen und europäischen Monopolwächtern mehr oder weniger in Schach gehalten und traute sich nur sehr zögerlich in neue Märkte. Jetzt, da die Gefahr einer Zerschlagung oder anderer ernsthafter Sanktionen gebannt ist, sind die Aufsichtsbehörden kein Hindernis mehr.
Der Kampf ist eröffnet. Mit Macht versucht Microsoft, mit ihren Betriebssystemen für Handys und Smartphones auf dem Markt Fuss zu fassen.
Eine strategische Entscheidung: Das Kerngeschäft PC-Software wächst heute nur noch um 7,8 Prozent pro Jahr. Schon heute ist der Handymarkt – trotz gegenwärtiger Krise – stückzahlenmässig mit 400 Millionen verkauften Einheiten pro Jahr fast dreimal so gross wie der PC-Markt. «Der Eintritt in diesen Markt ist fundamental für Microsoft und eine unserer Kerninitiativen», sagt Robbie Wright, der bei Microsoft Europa für das Marketing mobiler Geräte zuständig ist.
Zwei Produkte sollten dem Softwaregiganten aus Redmond den Durchbruch bringen: Stinger, ein Betriebssystem für Mobilfunkgeräte, wurde bereits 1999 vorgestellt. Nach zahlreichen Verzögerungen bei der Entwicklung wird es unter dem Namen Smartphone 2002 nun Ende des Jahres in den ersten Handys anzutreffen sein. Produzent ist der britische Hersteller Sendo, an dem Microsoft mit zehn Prozent beteiligt ist. Im Bereich der PDAs soll das Betriebssystem Pocket-PC die Vormacht des Softwareriesen sicherstellen. Auch Pocket-PC hat eine längere Entstehungsgeschichte hinter sich: Unter dem Namen Windows CE haben verschiedene Vorgängerversionen ein eher kärgliches Dasein gefristet, bis Microsoft-Chef Bill Gates die damalige Führungscrew von Compaq mit einem Entwicklungskostenzuschuss von acht Millionen Dollar dazu motivierte, einen PDA auf Basis von Pocket-PC zu entwickeln. Dieses Jahr ist dem Gerät namens Ipaq der Durchbruch gelungen – und damit auch dem Microsoft-Betriebssystem. Inzwischen haben zahlreiche andere Hardwarehersteller ebenfalls Produkte auf Pocket-PC-Basis herausgebracht. Und wenn, wie allgemein vermutet wird, demnächst auch noch der weltweit zweitgrösste PC-Hersteller, Dell, nachziehen sollte, würde dies die Marktposition noch einmal deutlich stärken.
Doch Nokia ist ein Bollwerk. 10 000 Softwareentwickler beschäftigen sich am Hauptsitz im finnischen Espoo und anderswo mit mobiler Software (Microsoft hat für all seine Geschäftsbereiche zusammen 32 000 Programmierer). Auch Nokia fährt eine zweigleisige Strategie: Nokia OS ist für kleinere Geräte vorgesehen, deren Hauptanwendung noch immer die Telefonie ist. Für Smartphones und PDAs setzt man auf Symbian. «Multimedia ist die Trennlinie», sagt Pekka Isosomppi, Kommunikationsmanager bei Nokia Mobile Phones. Gerade den Smartphones (und damit Symbian OS) sagen Experten ein dramatisches Wachstum voraus: Wurden letztes Jahr weltweit nur eine Million Einheiten dieser Gerätekategorie verkauft, rechnet IDC in vier Jahren mit rund 63 Millionen derartiger Handsets. Bei Nokia soll bereits Ende dieses Jahres jedes zweite Modell ein Smartphone sein. Isosomppi glaubt sogar, «dass jeder der weltweit eine Milliarde Handybesitzer ein potenzieller Smartphone-User ist».
Dabei ist Symbian gar keine Nokia-eigene Entwicklung, sondern aus dem Organizer-Hersteller Psion hervorgegangen. An dem Unternehmen haben sich neben Psion, welche die Hardwareproduktion inzwischen aufgegeben hat, und Nokia auch die Konkurrenten SonyEricsson, Motorola, Panasonic und Siemens beteiligt. Die Aktionäre von Symbian vereinigen 69 Prozent des Handy-Weltmarkts auf sich. Auch andere Hersteller können das Symbian-Betriebssystem für ihre Smartphones billig lizenzieren – pro verkauftes Gerät müssen sie gerade mal fünf Dollar an das Konsortium abgeben.
Damit nicht genug: Um Symbian zu festigen, vergibt Nokia auch noch Lizenzen für ein darauf laufendes Benutzerinterface namens Series 60. Es erleichtert Drittherstellern, Internet-, E-Mail- und WAP-Applikationen auf der Basis von Symbian zu erstellen. Der Umsatzgedanke steht dabei nicht im Vordergrund, vielmehr soll so der Markt gegenüber Microsoft-Applikationen weiter abgeschottet werden. Sogar den Source-Code erhält der Lizenznehmer von Nokia – ein Schritt, den Microsoft nie wagen würde. Neben Siemens haben auch Matsushita (Panasonic) und Samsung Series 60 lizenziert. Damit sind fast alle grossen Handyhersteller im Nokia-Lager.
Diese schlagkräftige Allianz versucht Microsoft über die Telekom-Operators auszuspielen. Diese müssen, um ihre Schulden abzubauen, den Durchschnittsumsatz pro Kunden steigern. Dies geht nur über mobile Datendienste (Umsatzanteil bisher zwei Prozent). Doch dafür braucht es multimediafähige Handys. Entsprechend leicht fiel es Microsoft, hier Verbündete zu finden: So werden demnächst unter anderem Deutsche Telekom, Orange, MMO2 (ehemals British Telecom) sowie diverse amerikanische Carrier unter eigenem Label Multimediageräte anbieten, die auf Pocket-PC laufen.
Zugute kommt Microsoft auch die starke Stellung bei den Firmenkunden. PDAs werden immer mehr Teil der unternehmensweiten IT-Strategie; die Informatikchefs kennen und vertrauen Microsoft und deren verbündeten Hardwareherstellern wie HP oder Dell. «Da ist Symbian im Nachteil», sagt IDC-Analyst Keith Waryas. Ein weiterer Trumpf: Programmierer können bei der Entwicklung von Smartphone- und Pocket-PC-Anwendungen die gleichen Tools benutzen wie für Windows XP. «Viele Applikationen dürften daher gleich für alle drei Betriebssysteme entwickelt werden», sagt Wright.
Schwächer ist die Position Microsofts auf dem Handymarkt: Sendo ist ein Nobody und dürfte den Markt auch mit dem Microsoft-Modell nicht aufrollen; daneben interessiert sich für Smartphone 2002 bislang nur Samsung, die aber mit dem anderen Bein bereits im Nokia-Lager steht. Um möglichst viele andere Hersteller auf ihre Seite zu ziehen, hat Microsoft daher zusammen mit dem Chiphersteller Intel ein Referenz-Design von Prozessor und Software entwickelt, das jeder Elektronikhersteller zum Bau von Mobiltelefonen nutzen kann. Die Idee: Viele kleinere Produzenten werfen billige Geräte auf den Markt, machen Handys damit zu 08/15-Ware und schwächen so die Vormachtstellung von Nokia. Es ist die gleiche Strategie, die Intel und Microsoft im PC-Markt zu Monopolisten gemacht und dafür gesorgt hat, dass ausser den beiden kaum jemand mehr an Computern Geld verdient.
Doch ob sich dieses Kunststück wiederholen lässt, ist fraglich. Denn die Voraussetzungen für einen Markterfolg sind bei den Handys anders als damals bei den PCs: Modische Aspekte spielen eine Rolle, die Grösse der Geräte ist entscheidend, Funktechnologie ist alles andere als banal, und vor allem sind die Anforderungen an ein Mehrzweckgerät wie den PC völlig anders als an ein Handy, das prinzipiell zum Telefonieren taugen soll. «Wir sind sehr weit entfernt von den Zuständen der PC-Industrie», sagt Vipul Mehrorta, Nokia-Marketingchef für Mobilsoftware.
Nokia schürt bewusst die Ängste, dass Microsoft von der Hardware über das Betriebssystem bis zu den Anwendungen den gesamten Mobilfunkmarkt beherrschen will. «Kein einzelnes Unternehmen darf die Industrie in Schach halten und an Innovationen hindern», sagt Nokia-Konzernleitungsmitglied Anssi Vanjoki. Sein Wunsch könnte erhört werden, denn möglicherweise verschiebt ein dritter Player noch einmal die Kräfteverhältnisse im Kampf zwischen Nokia und Microsoft: der amerikanische PDA-Hersteller Palm (Umsatz 1,03 Milliarden Dollar). Er ist mit seinen gleichnamigen Organizern Marktführer; Geräte anderer Hersteller, die auf Palm OS basieren (zum Beispiel von Sony oder Handspring), verbreitern die Benutzerbasis zusätzlich. Doch wie lange Palm diese Position halten kann, ist fraglich. Seit einiger Zeit liefert das Unternehmen keine wirklichen Innovationen mehr; der Marktanteil sinkt stetig. Überkapazitäten lassen Palm tiefrote Zahlen schreiben. Entsprechend sucht man das Heil mit dem Eintritt in höherwertige Produktkategorien: Mit dem Visor (und dem Konkurrenzprodukt Handspring Treo) sind bereits erste Smartphones auf Palm-Basis auf dem Markt, doch den Produkten merkt man die mangelnde Erfahrung im Mobilfunkmarkt an. Palm OS ist optimiert für einfache Aufgaben eines Organizer; Multimediaunterstützung oder die Fähigkeit, mehrere Aufgaben gleichzeitig abzuarbeiten, fehlen weitgehend. Abhilfe schaffen soll noch dieses Jahr eine neue Produktgeneration mit überarbeitetem Betriebssystem und deutlich leistungsfähigeren Prozessoren. Doch wenn damit nicht der grosse Durchbruch gelingt, besteht die Gefahr, dass Palm, finanziell ohnehin angeschlagen, zwischen den beiden Giganten zerrieben wird.
Wie also wird der Kampf ausgehen? Bei den PDAs, wo die Nähe zur PC-Welt entscheidend ist, hat Microsoft hervorragende Chancen. Im Handy-Bereich hingegen dürfte die Verteidigungsstellung von Nokia kaum noch zu knacken sein. Und auch bei den Smartphones haben die Finnen gute Chancen, das Rennen für sich zu entscheiden. «Ich gehe davon aus, dass der Markt in ein paar Jahren zu zwei Dritteln von Nokia und Konsorten beherrscht wird und zu einem Drittel von Microsoft», sagt Jan Reinhart, der als Schweizer beim kalifornischen Start-up DoOnGo Mobilfunksoftware vermarktet.
Es wäre einer der seltenen Fälle, in denen Microsoft einen Markt, den sie als strategisch betrachtet, nicht dominieren würde.
In der anderen Ecke Microsoft, das erfolgreichste Softwareunternehmen der Geschichte, der Quasimonopolist im PC-Markt, was Betriebssysteme und Bürosoftware angeht. Eine gewaltige Geldmaschine: Auf Barreserven von über 40 Milliarden Dollar sitzt das Unternehmen, jeden Monat kommt mehr als eine Milliarde dazu. Damit könnte Microsoft die CS, die Zurich Financial Services und die Swatch Group kaufen – und das Geld für alle drei sofort cash auf den Tisch legen! Auch für die Mehrheit an Nokia (Börsenkapitalisierung rund 66 Milliarden Dollar) würde es reichen.
Bisher blieb jeder friedlich in seiner Ecke, war mit allem anderen beschäftigt. Gegenseitig liessen sich die Riesen in Ruhe (Umsatz jeweils knapp über 28 Milliarden Dollar, Mitarbeiter jeweils knapp über 50 000). Handys und PC-Software, das waren schliesslich zwei Bereiche, die nicht viel miteinander zu tun haben. Das ändert sich nun. Handys, Smartphones (Handys mit Zusatzfunktionen zur Datenverwaltung) und Organizer, im Fachjargon PDAs, wachsen zusammen. So wie Anfang der Achtzigerjahre die Desktop-PCs die Grossrechner nach und nach ersetzten, übernehmen nun immer mehr Kleingeräte die Funktionen der PCs.
Da kann Microsoft nicht länger untätig zuschauen. Schon jetzt kämpft die Firma von Bill Gates an allen Fronten. «Sie wollen sicherstellen, dass jeder, der irgendeine Form von Computertechnologie nutzt, das mit Produkten von Microsoft tut», sagt Dan Kusnetzky, IT-Analyst beim Marktforschungsinstitut IDC.
Auch die Wettbewerbsbehörden sind kein Hindernis mehr. Fünf Jahre lang wurde das Unternehmen aus Redmond von den amerikanischen und europäischen Monopolwächtern mehr oder weniger in Schach gehalten und traute sich nur sehr zögerlich in neue Märkte. Jetzt, da die Gefahr einer Zerschlagung oder anderer ernsthafter Sanktionen gebannt ist, sind die Aufsichtsbehörden kein Hindernis mehr.
Der Kampf ist eröffnet. Mit Macht versucht Microsoft, mit ihren Betriebssystemen für Handys und Smartphones auf dem Markt Fuss zu fassen.
Eine strategische Entscheidung: Das Kerngeschäft PC-Software wächst heute nur noch um 7,8 Prozent pro Jahr. Schon heute ist der Handymarkt – trotz gegenwärtiger Krise – stückzahlenmässig mit 400 Millionen verkauften Einheiten pro Jahr fast dreimal so gross wie der PC-Markt. «Der Eintritt in diesen Markt ist fundamental für Microsoft und eine unserer Kerninitiativen», sagt Robbie Wright, der bei Microsoft Europa für das Marketing mobiler Geräte zuständig ist.
Zwei Produkte sollten dem Softwaregiganten aus Redmond den Durchbruch bringen: Stinger, ein Betriebssystem für Mobilfunkgeräte, wurde bereits 1999 vorgestellt. Nach zahlreichen Verzögerungen bei der Entwicklung wird es unter dem Namen Smartphone 2002 nun Ende des Jahres in den ersten Handys anzutreffen sein. Produzent ist der britische Hersteller Sendo, an dem Microsoft mit zehn Prozent beteiligt ist. Im Bereich der PDAs soll das Betriebssystem Pocket-PC die Vormacht des Softwareriesen sicherstellen. Auch Pocket-PC hat eine längere Entstehungsgeschichte hinter sich: Unter dem Namen Windows CE haben verschiedene Vorgängerversionen ein eher kärgliches Dasein gefristet, bis Microsoft-Chef Bill Gates die damalige Führungscrew von Compaq mit einem Entwicklungskostenzuschuss von acht Millionen Dollar dazu motivierte, einen PDA auf Basis von Pocket-PC zu entwickeln. Dieses Jahr ist dem Gerät namens Ipaq der Durchbruch gelungen – und damit auch dem Microsoft-Betriebssystem. Inzwischen haben zahlreiche andere Hardwarehersteller ebenfalls Produkte auf Pocket-PC-Basis herausgebracht. Und wenn, wie allgemein vermutet wird, demnächst auch noch der weltweit zweitgrösste PC-Hersteller, Dell, nachziehen sollte, würde dies die Marktposition noch einmal deutlich stärken.
Doch Nokia ist ein Bollwerk. 10 000 Softwareentwickler beschäftigen sich am Hauptsitz im finnischen Espoo und anderswo mit mobiler Software (Microsoft hat für all seine Geschäftsbereiche zusammen 32 000 Programmierer). Auch Nokia fährt eine zweigleisige Strategie: Nokia OS ist für kleinere Geräte vorgesehen, deren Hauptanwendung noch immer die Telefonie ist. Für Smartphones und PDAs setzt man auf Symbian. «Multimedia ist die Trennlinie», sagt Pekka Isosomppi, Kommunikationsmanager bei Nokia Mobile Phones. Gerade den Smartphones (und damit Symbian OS) sagen Experten ein dramatisches Wachstum voraus: Wurden letztes Jahr weltweit nur eine Million Einheiten dieser Gerätekategorie verkauft, rechnet IDC in vier Jahren mit rund 63 Millionen derartiger Handsets. Bei Nokia soll bereits Ende dieses Jahres jedes zweite Modell ein Smartphone sein. Isosomppi glaubt sogar, «dass jeder der weltweit eine Milliarde Handybesitzer ein potenzieller Smartphone-User ist».
Dabei ist Symbian gar keine Nokia-eigene Entwicklung, sondern aus dem Organizer-Hersteller Psion hervorgegangen. An dem Unternehmen haben sich neben Psion, welche die Hardwareproduktion inzwischen aufgegeben hat, und Nokia auch die Konkurrenten SonyEricsson, Motorola, Panasonic und Siemens beteiligt. Die Aktionäre von Symbian vereinigen 69 Prozent des Handy-Weltmarkts auf sich. Auch andere Hersteller können das Symbian-Betriebssystem für ihre Smartphones billig lizenzieren – pro verkauftes Gerät müssen sie gerade mal fünf Dollar an das Konsortium abgeben.
Damit nicht genug: Um Symbian zu festigen, vergibt Nokia auch noch Lizenzen für ein darauf laufendes Benutzerinterface namens Series 60. Es erleichtert Drittherstellern, Internet-, E-Mail- und WAP-Applikationen auf der Basis von Symbian zu erstellen. Der Umsatzgedanke steht dabei nicht im Vordergrund, vielmehr soll so der Markt gegenüber Microsoft-Applikationen weiter abgeschottet werden. Sogar den Source-Code erhält der Lizenznehmer von Nokia – ein Schritt, den Microsoft nie wagen würde. Neben Siemens haben auch Matsushita (Panasonic) und Samsung Series 60 lizenziert. Damit sind fast alle grossen Handyhersteller im Nokia-Lager.
Diese schlagkräftige Allianz versucht Microsoft über die Telekom-Operators auszuspielen. Diese müssen, um ihre Schulden abzubauen, den Durchschnittsumsatz pro Kunden steigern. Dies geht nur über mobile Datendienste (Umsatzanteil bisher zwei Prozent). Doch dafür braucht es multimediafähige Handys. Entsprechend leicht fiel es Microsoft, hier Verbündete zu finden: So werden demnächst unter anderem Deutsche Telekom, Orange, MMO2 (ehemals British Telecom) sowie diverse amerikanische Carrier unter eigenem Label Multimediageräte anbieten, die auf Pocket-PC laufen.
Zugute kommt Microsoft auch die starke Stellung bei den Firmenkunden. PDAs werden immer mehr Teil der unternehmensweiten IT-Strategie; die Informatikchefs kennen und vertrauen Microsoft und deren verbündeten Hardwareherstellern wie HP oder Dell. «Da ist Symbian im Nachteil», sagt IDC-Analyst Keith Waryas. Ein weiterer Trumpf: Programmierer können bei der Entwicklung von Smartphone- und Pocket-PC-Anwendungen die gleichen Tools benutzen wie für Windows XP. «Viele Applikationen dürften daher gleich für alle drei Betriebssysteme entwickelt werden», sagt Wright.
Schwächer ist die Position Microsofts auf dem Handymarkt: Sendo ist ein Nobody und dürfte den Markt auch mit dem Microsoft-Modell nicht aufrollen; daneben interessiert sich für Smartphone 2002 bislang nur Samsung, die aber mit dem anderen Bein bereits im Nokia-Lager steht. Um möglichst viele andere Hersteller auf ihre Seite zu ziehen, hat Microsoft daher zusammen mit dem Chiphersteller Intel ein Referenz-Design von Prozessor und Software entwickelt, das jeder Elektronikhersteller zum Bau von Mobiltelefonen nutzen kann. Die Idee: Viele kleinere Produzenten werfen billige Geräte auf den Markt, machen Handys damit zu 08/15-Ware und schwächen so die Vormachtstellung von Nokia. Es ist die gleiche Strategie, die Intel und Microsoft im PC-Markt zu Monopolisten gemacht und dafür gesorgt hat, dass ausser den beiden kaum jemand mehr an Computern Geld verdient.
Doch ob sich dieses Kunststück wiederholen lässt, ist fraglich. Denn die Voraussetzungen für einen Markterfolg sind bei den Handys anders als damals bei den PCs: Modische Aspekte spielen eine Rolle, die Grösse der Geräte ist entscheidend, Funktechnologie ist alles andere als banal, und vor allem sind die Anforderungen an ein Mehrzweckgerät wie den PC völlig anders als an ein Handy, das prinzipiell zum Telefonieren taugen soll. «Wir sind sehr weit entfernt von den Zuständen der PC-Industrie», sagt Vipul Mehrorta, Nokia-Marketingchef für Mobilsoftware.
Nokia schürt bewusst die Ängste, dass Microsoft von der Hardware über das Betriebssystem bis zu den Anwendungen den gesamten Mobilfunkmarkt beherrschen will. «Kein einzelnes Unternehmen darf die Industrie in Schach halten und an Innovationen hindern», sagt Nokia-Konzernleitungsmitglied Anssi Vanjoki. Sein Wunsch könnte erhört werden, denn möglicherweise verschiebt ein dritter Player noch einmal die Kräfteverhältnisse im Kampf zwischen Nokia und Microsoft: der amerikanische PDA-Hersteller Palm (Umsatz 1,03 Milliarden Dollar). Er ist mit seinen gleichnamigen Organizern Marktführer; Geräte anderer Hersteller, die auf Palm OS basieren (zum Beispiel von Sony oder Handspring), verbreitern die Benutzerbasis zusätzlich. Doch wie lange Palm diese Position halten kann, ist fraglich. Seit einiger Zeit liefert das Unternehmen keine wirklichen Innovationen mehr; der Marktanteil sinkt stetig. Überkapazitäten lassen Palm tiefrote Zahlen schreiben. Entsprechend sucht man das Heil mit dem Eintritt in höherwertige Produktkategorien: Mit dem Visor (und dem Konkurrenzprodukt Handspring Treo) sind bereits erste Smartphones auf Palm-Basis auf dem Markt, doch den Produkten merkt man die mangelnde Erfahrung im Mobilfunkmarkt an. Palm OS ist optimiert für einfache Aufgaben eines Organizer; Multimediaunterstützung oder die Fähigkeit, mehrere Aufgaben gleichzeitig abzuarbeiten, fehlen weitgehend. Abhilfe schaffen soll noch dieses Jahr eine neue Produktgeneration mit überarbeitetem Betriebssystem und deutlich leistungsfähigeren Prozessoren. Doch wenn damit nicht der grosse Durchbruch gelingt, besteht die Gefahr, dass Palm, finanziell ohnehin angeschlagen, zwischen den beiden Giganten zerrieben wird.
Wie also wird der Kampf ausgehen? Bei den PDAs, wo die Nähe zur PC-Welt entscheidend ist, hat Microsoft hervorragende Chancen. Im Handy-Bereich hingegen dürfte die Verteidigungsstellung von Nokia kaum noch zu knacken sein. Und auch bei den Smartphones haben die Finnen gute Chancen, das Rennen für sich zu entscheiden. «Ich gehe davon aus, dass der Markt in ein paar Jahren zu zwei Dritteln von Nokia und Konsorten beherrscht wird und zu einem Drittel von Microsoft», sagt Jan Reinhart, der als Schweizer beim kalifornischen Start-up DoOnGo Mobilfunksoftware vermarktet.
Es wäre einer der seltenen Fälle, in denen Microsoft einen Markt, den sie als strategisch betrachtet, nicht dominieren würde.
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