Gibt es im Norden mehr als Öl und ¯l, wie die Nordländer das trinkbare flüssige Gold das Bier nennen? Die Börsen laufen jedenfalls wie geschmiert. Aber ausser einigen wenigen bekannten Namen wie Carlsberg, ABB oder Nokia haben die nordischen Märkte kaum Spuren in den heimischen Portfolios hinterlassen. Dabei machen die Länder Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland über 2% der globalen Börsenkapitalisierung aus und damit mehr als die seit einiger Zeit hoch favorisierten BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China!

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Auch hinsichtlich der Performance gehören nordische Unternehmen zu den Spitzenreitern. So hat der MSCI Nordic allein in diesem Jahr 24,2% bis Ende Oktober zugelegt und lag klar vor dem MSCI Europe mit +17%.

Nordeuropa war damit weltweit die bestperformende Region mit den Ländern Dänemark und Norwegen an der Spitze, die knapp 30% gewannen. Der rasant gestiegene Ölpreis hat nicht nur die norwegische Wirtschaft und die Kurse der grossen Energiegesellschaften Statoil und Norsk Hydro angeheizt. Er hat auch Zulieferern wie Aker Kvaerner oder APL zu spektakulären Gewinnen verholfen und machte gleichzeitig Alternativenergien wie Erdgas, Elektrizität und Windenergie attraktiver. Davon profitierten der finnische Elektrizitätsversorger Fortum oder der dänische Windenergieproduzent Vestas und wiederum Norwegen als weltweit drittgrösster Erdgasexporteur hinter Russland und Kanada. Auch die Nachfrage nach weiteren Rohstoffen, zum Beispiel nach Metallen, hat angezogen, was sich positiv auf Minengesellschaften wie die finnische Metso oder die schwedische Atlas Copco ausgewirkt hat.

Mehr als nur Öl

Den ganzen Erfolg den nordischen Märkte dem gestiegenen Rohstoffpreisen zuzuschreiben, wäre aber zu kurz gegriffen. Denn ausser Norwegen haben die Länder nur wenige natürliche Ressourcen, zum Beispiel Holz für die Papierproduktion in Finnland. Dadurch mussten sie sich schon früh nach aussen orientieren. Die Exportindustrie spielt entsprechend eine wichtige Rolle. Um international konkurrenzfähig zu bleiben, nahmen die Länder schon in den 90er Jahren umfassende Reformprogramme in Angriff. Dazu gehörten Renten- und Arbeitsmarktreformen, die Sanierung der Staatshaushalte und die Konzentration auf die Ausbildung und die Innovationsförderung.

Es ist daher kein Zufall, dass Finnland in den Pisa-Studien regelmässig die Spitzenstellung hält. Das Land liegt weltweit an dritter Stelle gemessen an den Ausgaben für Forschung und Entwicklung pro Kopf der Bevölkerung. Jeder Fünfte arbeitet heute in der Forschung und Entwicklung. Auch bezüglich internationaler Wettbewerbsfähigkeit behauptet Finnland seinen Spitzenplatz bereits zum dritten Mal, wie dem unlängst veröffentlichten World Competitiveness Report 2005 des World Economic Forum zu entnehmen ist. Hinter den zweitplatzierten USA folgen die weiteren nordischen Länder Schweden und Dänemark. Die Schweiz liegt auf Rang 8 zwischen Island und Norwegen.

Nordisches Modell als Vorbild

Die im Vergleich zu den Ländern Kerneuropas weit fortgeschrittenen Reformen haben sich auch in den Wirtschaftskennzahlen niedergeschlagen. Die Arbeitslosenquoten liegen dank einem vergleichsweise flexiblen Arbeitsmarkt mit durchschnittlich rund 6% markant unter dem EU-Durchschnitt von 9%, die Inflationsraten wie auch die Staatsverschuldung sind ebenfalls niedriger. Gleichzeitig übertreffen die nordischen Volkswirtschaften mit einem geschätzten BIP-Wachstum 2005 von 2,4% in Dänemark, 2,9% in Norwegen, 3,2% in Schweden und 3,5% in Finnland den europäischen Durchschnitt von 1,7% deutlich.

Das «nordische Modell» wird auch hierzulande wieder diskutiert, nachdem die skandinavischen «Wohlfahrtsstaaten» lange als Auslaufmodelle galten. Ihr Erfolg liegt nicht zuletzt darin, die hohen Ansprüche an die Flexibilität und das Know-how der Beschäftigten und Unternehmen im globalen Wettbewerb zu erfüllen und gleichzeitig gegen innen eine hohe Sicherheit und Vertrauen bieten zu können. Im nordischen Modell führt dies zwar zu einer hohen Staatsquote. Diese kann aber offensichtlich auch einen hohen Standard des Service Public gewährleisten. Die Kehrseite davon ist die hohe Steuerlast, die aber auf Unternehmensebene zu relativieren ist. So erreichen die Einkommenssteuern für Unternehmen in Dänemark, Schweden oder Finnland keine 30%. Sie liegen damit weiter unter den Sätzen von rund 40% in den USA, Japan oder Deutschland und knapp über denjenigen der Schweiz von 25%.

Für Investoren stellt sich die Frage, in welche nordischen Märkte man am ehesten investieren sollte. Denn jeder Markt hat seine Besonderheiten. Schweden als grösster Markt macht rund die Hälfte der Kapitalisierung aus und ist stark in den Bereichen Industrie, Telekom und Finanzdienstleistungen, Dänemark im Gesundheits- und dem Transportsektor, Finnland steht für Technologie und Papier und Norwegen für Energie. Der norwegische Markt hat gerade eine Konsolidierung hinter sich, die für einen Einstieg genutzt werden kann.

Nordea als grösstes nordisches Finanzhaus bietet für jeden Markt einen eigenen Fonds an. Ein reiner Länderfonds kann zum Beispiel aus Diversifikationsüberlegungen interessant sein. So betrug die Korrelation des norwegischen OBX-Index zum SMI in den vergangenen drei Jahren nur gerade 0,53.

Die Region in einem Fonds

Der Nordea 1 Nordic Equity Fund deckt dagegen die ganze Region ab und investiert in die aussichtsreichsten Unternehmen. Dazu gehört neben den eingangs erwähnten Energietiteln auch die Telekombranche, die mit Ericsson und Nokia vertreten ist. Im Automobilsektor setzt Fondsmanager Tommi Saukkoriipi mit Volvo und Scania auf die Lastwagenproduktion. Letztere profitiert von der Nachfrage aus Osteuropa und Russland.

Bei den Finanzdienstleistern ist die finnische Sampo der Favorit. Der Versicherungsarm von Sampo hat ein enormes Kostenreduktionsprogramm hinter sich und die Combined Ratio unter 95% gedrückt. Der Bankbereich wiederum profitiert vom anziehenden Geschäft in den baltischen Staaten.

Im Transportsektor hat die höhere Nachfrage aus dem Fernen Osten die Frachtleistungen explodieren lassen. Man rechnet damit, dass die Kapazitäten der Containerflotten in den nächsten drei bis fünf Jahren um weitere 40 bis 50% steigen werden. Die dänische A.P. Moller Maersk ist mit einem P/E von 12 noch immer günstig bewertet.

Dies gilt auch für die gesamte nordische Region: Sie ist heute trotz der bisherigen Kursavancen mit einem P/E von 14 nicht teuer. Die Abhängigkeit von den Rohstoffpreisen ist vorhanden. Wer in Zukunft mit anhaltend hohen Energiepreisen rechnet und sein Portfolio in Schwung halten will, sollte Korrekturen an den Aktienmärkten wie in den vergangenen Wochen für einen Einstieg nutzen.

Pascal Thorens, Business Director Switzerland, Nordea Investment Funds, Zürich.