Die Aussage war für einen Behördenchef fast euphorisch: Die Zulassung sei «ein Meilenstein» und habe das «Potenzial, das Leben der Menschen zu verändern», verkündete Norman Sharpless, Chef der US-Medikamentenbehörde FDA, am 24. Mai nach der Zulassung des Novartis-Medikaments Zolgensma. Der 52-Jährige, von Präsident Donald Trump als «Acting commissioner» auf Bewährung eingesetzt, hatte sich persönlich für die Zulassung der neuen hochpreisigen Therapie eingesetzt, die genetisch bedingten Muskelschwund bei Neugeborenen heilt. Zolgensma, das Mittel, das Kinder rettet: Das war auch sein Erfolg.

Die Reaktion der mächtigen Behörde auf die Datenmanipulation war dann umso heftiger – zumindest verbal: Die FDA werde «ihre volle Autorität einsetzen und falls nötig auch zivil- oder strafrechtlich aktiv werden». Vor der nächstliegenden Konsequenz, dem Verbot des Medikaments, schreckte die FDA jedoch zurück. Die Wirkung des Medikaments sei nicht beeinträchtigt, Zolgensma dürfe am Markt bleiben. Der Aktienkurs erholte sich schnell.

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Beste Munition für US-Wahlkampf

Novartis-Chef Vas Narasimhan erhielt damit hautnah einen Crash-Kurs in die Abgründe der US-Gesundheitspolitik. Denn das in der Substanz wenig dramatische Versehen – es geht um unkorrekte Angaben zu etwa 50 Labormäusen, und die Daten wurden für die Zulassung nicht verwendet – wird zum Spielball im heraufziehenden Wahlkampf. Nicht nur fühlte sich der frische FDA-Chef, erst seit März im Amt, von Novartis offenbar hintergangen und schoss deshalb besonders scharf.

Dazu ist die Manipulation auch ein schönes Wahlkampfgeschenk für die Senatorin und demokratische Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren, die schon lange gegen zu hohe Medikamentenpreise kämpft. Dass die Panne ausgerechnet bei dem teuersten neu zugelassenen Medikament passiert – eine Zolgensma-Therapie kostet 2,1 Millionen Dollar –, liefert ihr beste Munition. Mit Chuck Grassley verlangt sogar ein republikanischer Senator von Novartis volle Aufklärung, was die Publikumswirkung des Falls belegt: Die FDA steht eher den Republikanern nahe.

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Nulltoleranz bei Manipulationen

Die scharfe Wortwahl der FDA hat noch einen weiteren Grund: Viele kleine Biotechfirmen in den USA legen in der Forschung nicht immer die Rigidität der grossen Pharmakonzerne an den Tag. Die Manipulation ereignete sich bei der Firma Avexis vor der Übernahme durch Novartis. Der Pharmakonzern hat sich von den verantwortlichen Mitarbeitern dort getrennt, allfällige Klagen würden sich gegen sie richten. Im FDA-Statement vom 6. August wurde dann auch Novartis nirgends erwähnt, als Hersteller von Zolgensma wird durchgängig Avexis genannt. Die Botschaft an die Biotech-Start-ups: Nulltoleranz bei Manipulationen.

Dass Novartis sich fast drei Monate nach der Entdeckung Zeit liess für die internen Abklärungen, mag zwar das Standardprozedere sein. Doch der mit Krisen noch unerfahrene Chef musste am eigenen Leibe erfahren, wie politisiert das Pharmageschäft in den USA ist. Es wäre besser gewesen, so die Einsicht im Nachhinein, die FDA früher zu informieren. Die gesamte Situation, so soll Narasimhain intern eingeräumt haben, hätte sich besser managen lassen.

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