Das Lechzen nach Anerkennung, unter Politikern weit verbreitet, erfasst zunehmend auch die Konzernchefs. «Reputation Management», die Bewirtschaftung des eigenen Ansehens, heisst eine jüngere, aus der Public-Relations-Industrie hervorgegangene Disziplin, die sich die Firmenbosse vermehrt für teures Geld angedeihen lassen – allen voran in der Pharmaindustrie. Aggressive Promotionspraktiken, überrissene Preise oder Skandale wegen mangelnder Sicherheit von Medikamenten haben die Branche in Verruf gebracht. Nun sollen Scharen von Corporate Reputation Managers das Wohlwollen wiederherstellen.
Novartis ist derzeit besonders bemüht, die eigenen Stärken und Schwächen zu evaluieren. Seit 2002 erstellt das US-Marktforschungsinstitut Rating Research eine Rangliste über die Reputation von Pharmaunternehmen in den USA, bei der Novartis im Mittelfeld liegt. Da die Basler wissen wollten, wie es um ihren Ruf in Europa bestellt ist, beauftragten sie Rating Research damit, die Umfrage auch hier durchzuführen. Novartis übernahm die Kosten für die Erstellung der Studie.
Und siehe da: Novartis ist auch gleich als Siegerin hervorgegangen. Der Basler Pharmamulti verfügt in Europa mit Pfizer über die beste Reputation (jeweils 63 Punkte), dicht gefolgt von der britischen GlaxoSmithKline (62 Punkte). Roche liegt an vierter Stelle (58 Punkte). Den achten und letzten Platz belegt die amerikanische Merck (49 Punkte). Am stärksten schneidet Novartis im Kriterium «Future Strength» ab. Dem Schweizer Konzern wird eine gute Positionierung attestiert, eine klare strategische Ausrichtung und mit Daniel Vasella ein CEO, der echte Leadership ausstrahle. Im Kriterium «Market Leadership» liegt Novartis hinter Pfizer auf Rang zwei.
Gemäss Umfrageleiterin Doretta Gasorek verfügt Novartis «über eine starke Fähigkeit, sich von anderen Wettbewerbern zu unterscheiden». Keine Lorbeeren holt sich Novartis indes beim «ethischen Verhalten»: Rang sechs von acht. Erfolg und Ethik scheinen einander noch immer auszuschliessen. Bewertet wurden Faktoren wie «Nähe zu Konsumenten», «Offenheit und Glaubwürdigkeit gegen aussen» oder «faire Preise». Die US-Firma Eli Lilly, in der Gesamtwertung auf Rang fünf platziert, schneidet bei der Ethik am besten ab; Roche kommt hier auf Rang drei.
Den Verdacht, der eigene Profit liege den Pharmamanagern näher als das Wohl der Patienten, kann der Bericht nicht entkräften. Patientenorganisationen oder Ärzte kamen in der Umfrage nicht zu Wort. Befragt wurden 209 Kaderleute aus der Pharmaindustrie sowie 34 Finanzanalysten aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und der Schweiz. Die Umfrage stellt mithin bloss eine Innensicht der Industrie dar.
Ob es nächstes Jahr zu einer Neuauflage der Bewertung kommt, ist noch unsicher. Novartis hat lediglich die Kosten der Pilotstudie übernommen. Künftig soll die europäische Umfrage, wie ihr amerikanisches Pendant, über Abonnenteneinnahmen finanziert werden. CA