Die Enthüllungen von Edward Snowden über die umfangreichen Ausspäh-Methoden des US-Geheimdienstes NSA haben eine ganze neue Branche geschaffen: Start-Up-Unternehmen und Großkonzerne basteln mit Hochdruck an abhörsicheren Handys für den kleinen Geldbeutel.
Bislang waren solche Geräte eher Politikern, Top-Managern oder Kriminellen vorbehalten. Manche Anbieter setzen nun auf kleine, spezielle Handy-Programme (Apps), um die Kommunikation abzusichern, andere Hersteller bauen gleich ein ganz neues Handy.
Krypto-Handy zum vernünftigen Preis
Zur letzteren Kategorie gehört das Blackphone: Dieses Smartphone basiert auf einer abgeänderte Version von Googles–Betriebssystem Android und verschlüsselt automatisch alle E-Mails, Textnachrichten und Telefonanrufe. Der Aufwand hat aber seinen Preis: Das Blackphone ist mit 630 Dollar ähnlich teuer wie das iPhone von Apple.
«Wir wollen Hunderttausende Geräte verkaufen», sagt Blackphone-Manager Toby Weir-Jones bei der Vorstellung auf der Branchenmesse Mobile World Congress in Barcelona. Das sogenannte Krypto-Handy sei nicht nur für Führungskräfte von Unternehmen gedacht, sondern auch für Privatleute, die sich nicht gerne über die Schulter schauen lassen würden.
Juristisches Exil in der Schweiz
Die beiden Hersteller des Telefons - die IT-Sicherheitsfirma Silent Circle und der spanische Handybauer Geeksphone - haben einen großen Markt im Visier: Der Umsatz mit Produkten, die Handys vor Spähern absichern, soll nach Einschätzung von Marktforschern 2015 auf eine Milliarde Dollar steigen - voriges Jahr waren es erst 560 Millionen Dollar.
«Wir wollen Smartphone-Benutzern die Möglichkeit geben, die Kontrolle über ihre Daten und ihre Privatsphäre zurückzugewinnen», sagt Javier Agüera, der Gründer von Geeksphone. Die Schweiz spielt hierbei eine entscheidende Rolle, wie die Handelszeitung bereits berichtet hat. Das Blackphone wurde in der Genf angesiedelt. Agüera spricht von «juristischem Exil» aufgrund der strengen Datenschutzbestimmungen in der Schweiz.
Kleine App mit grosser Wirkung
Auch die Platzhirsche der Branche sind mit von der Partie: Die großen Mobilfunknetzbetreiber wollen das Zukunftsgeschäft nicht Handy- und Software-Anbietern überlassen und basteln deshalb an eigenen Diensten. Die Deutsche Telekom geht bald mit einem Smartphone-Programm an den Start, das Telefonate und Mitteilungen vor neugierigen Augen und Ohren schützt.
Es sei wahrscheinlich das erste Mal, dass einer der großen Handynetzbetreiber eine Komplettverschlüsselung für seine Privatkunden anbietet, sagt Björn Rupp, Chef der Handy-Sicherheitsfima GSMK, die den neuen Dienst für die Telekom betreibt. Vorgestellt werde die neue App auf der Computermesse Cebit Mitte März.
Galaxy-Spezialversion und Guardian Project
GSMK bietet seit Jahren selbst Mobiltelefone an, die all ihre Daten verschlüsseln. Der Preis für ein solches Handy liegt zwischen 1300 bis 2500 Euro. Die Zahl der Anfragen habe sich seit den Snwoden-Enthüllungen verfünffacht, sagt Rupp. Auch die Deutsche Telekom bietet mit dem Simko, einer speziellen Version des Samsung–Bestsellers Galaxy, ein teures Sicherheitshandy an. Das Simko ist in Deutschland für den Regierungsgebrauch zugelassen.
Regierungen um jeden Preis vermeiden will dagegen das sogenannte Guardian Project. Seine Programmier haben eine kostenlose Software ins Netz gestellt, die die Sicherheitsvorkehrungen auf die Spitze treibt. Einmal installiert, nimmt Guardian nicht direkt Verbindung mit dem Internet auf, sondern leitet die Signale erst durch eine Vielzahl von Netzrechnern, die die Anfrage anonymisieren. Der Vorteil ist, dass die angewählte Webseite - ob nun Facebook oder Twitter - nicht mehr feststellen kann, wer welchen Dienst nutzt. Auch neugierige Sicherheitsbehörden tappen dann im Dunkeln. «Jedes Mal wenn es eine Krise gibt, ist unsere Software in aller Munde», sagt Guardian-Gründer Nathan Freitas. Derzeit sei das Programm vor allem in der Ukraine, der Türkei, Vietnam und Venezuela gefragt.
Handy daheim lassen
Absolute Sicherheit gibt es dennoch nicht. Jedes Handy sendet regelmäßig Informationen zu seinen Standort im Mobilfunknetz, damit Anrufe durchgestellt werden können. «Wenn man unerkannt bleiben will, sollte man sein Handy am besten zu Hause lassen», betont Freitas.
(reuters/gku)