Der Mann, der dem Schweizer Establishment trotzte und Beschränkungen bei der Bezahlung von Managern durchsetzte, hat nun ein neues Lieblingsprojekt: die Arbeitsweise der Schweizerischen Nationalbank zu verändern.
Nachdem der Beschluss der Zentralbank zur Freigabe des Franken die Wirtschaft wahrscheinlich in eine Rezession gestürzt hat, macht sich der Schweizer Politiker Thomas Minder für eine personelle Vergrösserung des derzeit dreiköpfigen Direktoriums stark. Er brachte einen entsprechenden Vorschlag ins Parlament ein, die auch vorsieht, dass die Mitglieder im SNB-Direktorium künftig von Abgeordneten gewählt werden statt vom Bundesrat.
«Ich finde, ein so wichtiger Entscheid wie die Aufhebung des Franken-Cap kann nicht von drei Direktoren gefällt werden - ich würde gerne ein breiteres Gremium sehen», sagte Minder in seinem Büro beim Kräuter-Zahnpasta-Hersteller Trybol in Neuhausen. «Zudem möchte ich, dass die Direktoriumsmitglieder von der Bundesversammlung gewählt werden.»
Stoische Akzeptanz
Die Aufgabe des Euro-Mindestkurses von 1,20 Franken vom 15. Januar, der die Finanzmärkte erschütterte, schlägt sich nun auf die Schweizer Wirtschaft nieder: Die Preise werden Schätzungen zufolge in diesem Jahr so stark fallen wie seit sechs Jahrzehnten nicht mehr, die Exporte leiden und die Arbeitslosigkeit dürfte zunehmen. Die Entscheidung stiess in der Schweizer Öffentlichkeit zwar generell auf eine stoische Akzeptanz, es wurden aber auch Rufe nach Veränderungen bei SNB laut.
SNB-Präsident Thomas Jordan erntete Kritik, weil er die sieben Mitglieder des Bundesrats erst kurz vor der Bekanntgabe des Schritts davon in Kenntnis gesetzt hatte. Kritiker monieren auch, dass ein Gremium aus Akademikern im mittleren Alter, die noch nie in einem Unternehmen gearbeitet haben, das wirtschaftliche Geschick des Landes steuern.
Unabhängigkeit der Zentralbank erhöhen
«Ich glaube nicht, dass das die Geldpolitik ändern würde, aber es wurde zur breiteren Akzeptanz solcher Entscheide in der Öffentlichkeit führen», sagte Minder, der ein scharfer Kritiker der Regierung in Bern ist. Praktische Wirtschaftserfahrung wäre seiner Einschätzung nach gut für ein Direktoriumsmitglied.
Der 54-Jährige, der Mitglied des Schweizer Ständerats ist, unterstützt aber dennoch uneingeschränkt, dass die SNB für den Franken verantwortlich bleibt. Er will sogar die Unabhängigkeit der Zentralbank erhöhen.
Wenn Jordan sich regelmässig mit dem Bundesrat trifft, «dann ist das nicht unabhängig», sagte Minder. «Meiner Ansicht nach sollte er das Bundeshaus nie betreten und sich auch nicht mit Kommissionen treffen.»
Unterschriften gegen Abzocke
Minder glaubt zwar nicht, dass seine geplante SNB-Reform von Erfolg gekrönt sein wird. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass er den Erwartungen zuwider triumphiert. Fünf Jahre lang sammelte er Unterschriften, um im März 2013 eine Initiative zu lancieren, die eine Abstimmung über die Managergehälter durch die Aktionäre vorsah statt durch klüngelhafte Führungsgremien bei Unternehmen.
Die Initiative wurde zunächst von hochkarätigen Konzernchefs wie Paul Bulcke von Nestlé SA, der Regierung und dem Parlament abgelehnt, weil die Schweiz als Standort für grosse Unternehmen darunter leiden würde. Die Bevölkerung ignorierte allerdings solche Sorgen und unterstütze die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» mit einem Ja-Anteil von fast 68 Prozent.
Obwohl seine Kosmetikfirma, die 25 Mitarbeiter beschäftigt, ihre Produkte nicht exportiert und somit nicht unter der aufwertenden Landeswährung leidet, hält Minder die Franken-Stärke für kleine und mittelständische Betriebe für besonders gefährlich, weil ihre engen Gewinnmargen schnell ausgehöhlt werden.
«Diese Unternehmen wissen nicht, wo sie noch sparen sollen», sagt Minder und erwartet bei solchen Firmen den Abbau von Arbeitsplätzen. Seit Jahrzehnten versuche man, gegen den immer stärkeren Franken anzukämpfen, führt er aus.
(bloomberg/ccr)