US-Präsident Barack Obama sagte im Weissen Haus, es gebe immer noch «eine Menge Wege», die aus der Krise herausführten. Aber es bleibe nicht mehr viel Zeit. Der Präsident erinnerte an die Folgen, die ein Verlust der Topbonität hätte. Die Herabstufung droht, wenn sich Republikaner und Demokraten nicht rechtzeitig zum 2. August über eine Anhebung des US-Schuldenlimits einigen.

Obama appellierte insbesondere an beide Parteien im Senat, «eine gemeinsame Basis» für ein Kompromiss-Gesetz zu finden, «das ich bis Dienstag unterzeichnen kann». Generell zeigte sich der Präsident weiterhin «überzeugt», dass es zu einer Einigung kommen werde.

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Weniger zuversichtlich ist die Wirtschaft: wie auch immer die US-Schuldenkrise endet, die Wirtschaft der Vereinigten Staaten wird Schäden davontragen. Die Frage ist nur, wie gross sie sein werden.

Gibt es keine Einigung über eine Erhöhung der Schuldenobergrenze, müsste die Regierung sofort die Ausgaben kürzen und würde wahrscheinlich in die Zahlungsunfähigkeit schlittern. Das wiederum würde zu Sorgen an den Finanzmärkten führen und die Zinsen ansteigen lassen.

Gibt es eine Einigung, stehen wahrscheinlich langfristige Ausgabenkürzungen an. In Zeiten eines ohnehin schwachen Wirtschaftswachstums könnte die US-Regierung in einem solchen Fall die Konjunktur nicht mehr entsprechend ankurbeln.

Pest oder Cholera

«Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera», sagt Ben Herzon, Chefökonom bei Macroeconomic Advisers, einer Firma für Konjunkturprognosen. Sowohl die Auswirkungen des vom demokratischen Mehrheitsführer Harry Reid vorgeschlagenen 2,2-Billionen-Dollar-Pakets als auch die des 916-Milliarden-Dollar-Pakets des republikanischen Präsidenten des Repräsentantenhauses, John Boehner, würden sich demnach über ein Jahrzehnt hinziehen.

Unter anderem würde Reids Plan nach der Schätzung von Macroeconomic Advisers das Wirtschaftswachstum bis zum September 2015 um jährlich 0,25 Prozentpunkte verringern. Bei Boehners Plan wären es 0,1 Prozentpunkte. Das sind beides keine riesigen Zahlen, aber das Wirtschaftswachstum in den USA bewegt sich jetzt schon auf dem niedrigsten Stand seit dem Ende der Rezession vor zwei Jahren.

Sorge um Wirtschaftswachstum

Notenbankchef Ben Bernanke und andere Ökonomen sind sich einig, dass ein Abbau der massiven Schulden der Regierung entscheidend für die langfristige Gesundheit der Wirtschaft ist. Doch die Frage ist auch, wann die Einsparungen dafür angesetzt werden sollen.

Die Republikaner wollen sie zügig durchführen, doch viele andere - unter ihnen auch Bernanke - sind besorgt über verfrühte Einschnitte und deren Folgen für das Wirtschaftswachstum.

Denn nach Angaben des US-Handelsministeriums wuchs die Wirtschaft im zweiten Quartal 2011 nur um 1,3 Prozent, vor allem wegen zurückhaltender Konsumenten und der hohen Arbeitslosenrate. 2,5 Prozent Wachstum sind aber nötig, um nur schon zu verhindern, dass die Arbeitslosenrate steigt.

Die Wirtschaft sei immer noch schwach, Fehler der Politik könne sich das Land deshalb nicht leisten, warnten vergangene Woche verschiedene Ökonomen.

Worst Case

Das schlimmste Szenario wäre, wenn bis Ablauf der Frist keine Einigung über die Erhöhung der Schuldengrenze zustande kommen würde. Laut US-Finanzministerium ist das Ende der Frist am Dienstag erreicht, laut einigen Ökonomen erst einige Tage später.

Wenn die Regierung im August weiter für Gesundheitsversorgung, Sozialversicherung, Arbeitslosengelder und Verteidigungsverträge bezahlt sowie die Zinsen auf die Schulden begleicht, wäre kein Geld für anderes mehr übrig. Bei einem solchen Szenario würden Gehälter im öffentlichen Dienst und bei den Streitkräften nicht mehr ausgezahlt werden.

«Das ist die schlimmste aller möglichen Welten», sagt der Chefökonom bei IHS Global Insight, Nariman Behravesh. Drastische Einsparungen nach einem Scheitern einer Einigung über die Anhebung der Schuldenobergrenze könnten der US-Wirtschaft bereits binnen weniger Wochen schweren Schaden zufügen, sagt er.

Bei der Bank of America warnt man in einem solchen Fall vor einer Rückkehr in die Rezession. Doch auch bei einer Einigung könnten Ratingagenturen den USA die Topbonität entziehen und damit die Regierung zwingen, höhere Zinsen auf ihre Schulden zu zahlen. Die US-Bürger würden mehr Zinsen auf ihre Autos und Hypotheken zahlen und am Ende des Monats weniger Geld in der Tasche haben, was das Wirtschaftswachstum auch verringern würde.

(cms/sda)