Dabei spielen persönliche Kontakte für die reibungslose Abwicklung der Transporte eine zentrale Rolle.
Die Österreicher kommen in Ostländern gut an. Gemeinsame Historie und ähnliche Mentalität verbinden. Die Mischung aus mitteleuropäischen Pragmatismus und Verständnis für das östliche Lebensgefühl machen österreichischen Geschäftsleuten den Einstieg in die nicht leichten Ostmärkte mitunter leichter als beispielsweise den angeblich nüchternen und geschäftlich sachorientierten Deutschen.
Von diesem Österreich-Bonus profitieren beispielsweise die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Österreichs Bahn spinnt seit Jahren behutsam und dennoch konsequent ihr Netz an wertvollen Kontakten in den Ländern Südosteuropas. Der Grund ist simpel: «Wir sehen im Osten einen grossen Wachstumsmarkt», so Wolfgang Scharinger, Leiter ÖBB-Güterverkehr. Das ist Grund genug, dort in den Aufbau von Netzwerken zu investieren bzw. mit Bahngesellschaften und lokalen Partnern zu kooperieren. Aus diesem Grund haben die ÖBB auch die Spedition Express gekauft und sich damit eine Einstiegskarte in die Länder Südosteuropas gesichert.
Carrier und Spediteur zugleich
Express gehört zur ÖBB-Speditionsholding und hat eigene Niederlassungen in Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Italien. In Jugoslawien soll ebenfalls bald die Flagge hochgezogen werden, kündigt Gustav Poschalko, Generaldirektor der ÖBB-Speditionsholding, an. In dieser Holding sind alle ÖBB-Beteiligungen inklusive Express organisatorisch angesiedelt. «In Osteuropa sind unsere Hoffnungsmärkte», sagt auch Poschalko. Daher ist er froh, dass Slowakei und Ungarn, Polen, Tschechien und die Baltischen Staaten 2004 zur EU kommen. «Die EU-Erweiterung ist eine grosse Chance für Österreichs Wirtschaft, als Link zwischen Ost und West zu agieren.»
Die Fühler der bahneigenen Spedition Express reichen bis in die Ukraine, wo beispielsweise im Güterumschlagsdreieck zwischen Chop, Batewo und Mukachevo mit dem ukrainischen Terminalbetreiber Terminal Karpaty eine enge Kooperation besteht. Gütersendungen aus Westeuropa in die GUS-Staaten werden in Karpaty auf russische Breitspurwaggons umgeladen. Das ist notwendig, weil in den GUS-Staaten eine andere Spurweite besteht als im Westeuropa. Umgekehrt müssen mit der Bahn transportierte Waren aus den GUS-Staaten im Osten der Slowakei und Ungarn umgeladen werden. Karpaty eröffnet 2003 eine 20000 m2 grosse Umschlagsanlage mit Zollfreilager und ist damit eine wichtige Drehscheibe im Ost-West-Verkehr. Im Grenzdreieck Slowakei, Ukraine und Ungarn werden jährlich mehrere Mio t Güter umgeschlagen.
Nichts geht gegen Beziehungen
Beim Bahntransport in die GUS-Staaten kommt es auf die richtigen Kontakte an, sonst bewegt sich kein Waggon ab der ukrainischen Grenze nach Kiew oder Moskau. Im Dreiländereck Slowakei, Ukraine und Ungarn, sprich in Cierna nad Tisou (Slowakei), in Chop, in Mukachevo und in Batewo auf ukrainischem Boden sowie im ungarischen Zahony, gehen die Uhren anders. Bevor die Ukrainische Bahn (UZ) auch nur einen Güterwaggon in Bewegung setzt, will sie Geld sehen. Die Bahnfracht für den ukrainischen Streckenabschnitt muss im Voraus bezahlt werden, weiss Leopold Holzinger, Leiter Bahnverkehre bei der Spedition Express, aus täglicher Erfahrung im Ostgeschäft. Damit wollen sich die ukrainischen Eisenbahner ersparen, dass sie dem Frachtkunden und damit dem Frachtgeld nachrennen müssen, wie das beispielsweise die Slowakische Eisenbahn ZS machen muss.
Der richtige Mann am richtigen Ort
«Im Ostgeschäft ist es notwendig, in den eigenen Büros den Mann des Vertrauens sitzen zu haben», erklärt Holzinger.
Bei Bahntransporten in die GUS bedient sich Express des Partners Etransa Speditions Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien und Holding in der Schweiz. Etransa kauft bei den GUS-Bahnen die Frachtkapazitäten ein und ist somit das Bindeglied zwischen Express und den GUS-Bahngesellschaften. Hinter Etransa stehen wiederum die Ukrainische Eisenbahn (ZU) sowie die Wiener Spedition Skat und Express. Die Beteiligung an der Etransa sei die einzige Auslandsbeteiligung der UZ, erklärt Egils Bruveris von Etransa.
In der Ukraine herrschen andere Bahndimensionen als in Westeuropa. 1000 m lange Züge mit bis zu 71 Waggons gehören dort zum Alltagsbild auf der Schiene. Anders als im Westen kann sich die UZ mit ihren 500000 Mitarbeitern und einem Streckennetz von mehr als 23000 km über einen Modal-Split von 80% zu Gunsten der Schiene freuen, betont Bohdan Pikh, Präsident der Lemberger Eisenbahndirektion, nicht ohne Stolz. Für 60 Mio Dollar wurde in den vergangenen Jahren die Magistrale Kiew-Kharkiv ausgebaut. Fazit: Die Fahrzeit auf dieser mehr als 500 km langen Strecke hat sich auf 5 Stunden statt früher 12 Stunden verkürzt. Weitere 120 Mio US-Dollar werden laut Pikh der Ausbau der Korridore von Kiew via Dnepopetrowsk zum Schwarzmeerhafen Odessa sowie von Kiew nach Lemberg kosten. Aufgebracht würden die Finanzmittel von der Bahn selbst und nicht vom Staat, wie das vielleicht vermutet werden könnte, so Pikh.