Die OECD strebt neue Regeln zur Besteuerung multinationaler Konzerne an. Am Mittwoch hat sie nun einen Vorschlag veröffentlicht. Der Schweiz drohen Steuerausfälle.

Grosse multinationale Unternehmen sollen künftig nicht mehr nur dort Steuern zahlen, wo sie einen Sitz haben. Einen Teil der Steuern sollen sie in den Absatzländern zahlen - dort, wo sie Konsum und Umsatz generieren, wie die Industriestaatenorganisation OECD in einer Mitteilung schreibt. Ausserdem sind Mindeststeuersätze geplant.

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Der Vorschlag ist die Grundlage für Verhandlungen der beteiligten Länder. Betroffen wären die Internetkonzerne, aber auch andere Unternehmen, die in Märkten ohne physische Präsenz Gewinne aus immateriellen Gütern erzielen. Explizit ausgenommen sind dagegen die Rohstoffkonzerne.

Das neue Regime soll rasch eingeführt werden. Es gebe echte Fortschritte für eine konsensbasierte Lösung bis 2020, sagte OECD-Chef Angel Gurría laut der Mitteilung. Werde dieses Ziel nicht erreicht, steige das Risiko, dass die Staaten unilateral handelten - mit negativen Konsequenzen für die globale Wirtschaft.

Details noch offen

Das OECD-Papier soll am nächsten Treffen der G20-Finanzminister am 17. und 18. Oktober in Washington präsentiert werden. Verhandelt wird unter anderem noch darüber, ab welchem Umsatz die neuen Regeln gelten sollen. Als Beispiel nennt die OECD eine Grenze von 750 Millionen Euro.

Ebenfalls noch ausgehandelt werden muss die Formel zur Berechnung des Anteils, den einzelne Länder am Steueraufkommen erhalten. Vorgesehen ist, dass im Sitzstaat ein im Verhältnis zum Umsatz definierter Normalgewinn versteuert wird. Was darüber hinausgeht, sollen andere Staaten erhalten, abhängig von den jeweiligen Marktanteilen. Staaten, in welchen das Unternehmen aktiver ist, erhielten einen höheren Anteil.

Regeln für das digitale Zeitalter

Das OECD-Konzept sei ein Kompromiss aus Vorschlägen verschiedener Länder, schreibt die Organisation. Die Pläne basieren auf dem OECD-Aktionsplan Beps zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung. Dieser hatte zum Ziel, dass Gewinne dort versteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden. Mit Blick auf Internetkonzerne wie Amazon, Google und Facebook reichte das aber nicht.

Solche Unternehmen können in einem Staat am Markt teilnehmen, ohne mit einer Tochterfirma präsent zu sein. Ihre Besteuerung führte zunehmend zu Streitigkeiten. Dies löste die Arbeiten für einen neuen Ansatz aus. Im digitalen Zeitalter könne die Besteuerung nicht länger nur von der physischen Präsenz abhängen, schreibt die OECD im Bericht zum Vorschlag.

Ausfälle noch nicht absehbar

Der Schweiz drohen mit dem neuen System Steuerausfälle. Wie viel sie verlieren würde, ist aber noch unklar, wie das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (Sif) auf Anfrage schreibt. Nach wie vor seien sehr viele Details offen und würden kontrovers diskutiert. Fest stehe, dass innovative, exportorientierte Länder mit kleinem Binnenmarkt mit einer Minderung ihrer Gewinnsteuereinnahmen rechnen müssten.

Die Schweiz stellt sich nicht grundsätzlich gegen eine OECD-Lösung. Sie setze sich für einen multilateralen Ansatz und eine einvernehmliche Lösung ein, hält das Sif fest. Damit könnten unilaterale Massnahmen wie nationale Digitalsteuern verhindert werden. Die Schweiz wirke aber darauf hin, dass die Besteuerung grundsätzlich weiterhin am Ort der leistungsbezogenen Wertschöpfung erfolge - und dass der Gewinnanteil, der in den anderen Staaten besteuert würde, gering ausfalle.

Schweiz für Steuerwettbewerb

Zur geplanten Mindestbesteuerung schreibt das Sif, die Schweiz setze sich für den Erhalt des Standortwettbewerbs ein. Im geplanten neuen System bestehe die Gefahr wachstumshemmender Wirkungen und Umverteilungseffekte. Damit eine für die Schweiz gangbare Lösung gefunden werde, sprächen sich die Schweizer Behörden mit jenen anderer Staaten ab.

Finanzminister Ueli Maurer hatte die Pläne der OECD im Juni im Nationalrat angesprochen. «Das könnte unser Steuersystem auf den Kopf stellen», sagte er. Je nach Ausgestaltung drohten Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Dies könnte zu Sparprogrammen oder Steuererhöhungen für natürliche Personen führen.

(sda/tdr)