Die Irritation dauerte keine Minute. Ein Greenpeace-Aktivist schaffte es auf die Bühne, als Samsung seine neuen Tablets an der weltgrössten Mobilfunkmesse MWC vorstellte. Der Irrläufer trug ein Plakat mit der Aufschrift «Reuse, Recycle, Rethink», das er für wenige Sekunden in die laufenden Kameras halten konnte. «Ich denke, Sie haben Ihre Position deutlich gemacht, bitte gehen Sie», sagte Europa-Marketingchef David Lowes von der Bühne, und der Spuk war vorbei.

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Es ist kein Zufall, dass die Aktion Samsung traf. Das koreanische Unternehmen kämpft nicht nur mit explodierenden Handys und Korruptionsvorwürfen, die den Konzernchef in Untersuchungshaft gebracht haben. Es hinkt auch bei der Ökobilanz hinterher.

Giganten aus Asien sind die grossen Umweltsünder

Damit ist Samsung nicht alleine. Handyhersteller und Tech-Firmen stehen seit Jahren in der Kritik – wegen Ressourcenverschwendung, hohem Stromverbrauch und Produktionsverfahren, die Umwelt und Arbeiter belasten. Der Smartphone- und Internet-Boom war für die globalen Rohstoffe ein empfindlich teure Angelegenheit, in den Geräten stecken massenweise kostbare Materialien wie Gold, Silber, Palladium und Kobalt.

Aber: Lautstarke öffentliche Kritik hat die Tech-Riesen aus den USA – Apple, Google, Facebook – zu einem Umdenken bewegt. Die schnell wachsenden Giganten aus Asien sind heute deutlich schlimmer.

Selbstverpflichtung von Apple, Google und Facebook

Schnitt Apple 2006 noch erbärmlich in seiner Umweltbilanz ab, hat sich der iPhone-Hersteller hier zum Branchenführer gemausert. Das bestätigt Greenpeace im aktuellen Clicking-Clean-Report zum wiederholten Male. Andere US-Firmen – allen voran Google und Facebook, schneiden ebenfalls gut ab. Wie Apple sind die Firmen auf dem Weg, ihre Energie zu 100 Prozent aus Erneuerbaren zu beziehen (siehe Grafik unten).

Apple hat das am weitesten umgesetzt, bezieht heute 83 Prozent des im Konzern verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energienquellen. Lob findet Greenpeace auch dafür, dass das Unternehmen mittlerweile seinen Energieverbrauch transparent macht und ebenfalls an der Energieeffizienz arbeitet.

Samsung und Aliba fallen ab

Anders sieht es bei Samsung und bei dem chinesischen Online-Handelsriesen Alibaba aus. Gerade einmal 11 Prozent der Energie von Samsung stammen aus Erneuerbaren, das bewertet Greenpeace negativ. Noch stärker bemängeln die Umweltschützer die fehlende Absicht, daran etwas zu ändern.

Vernichtend ist das Urteil über Alibaba. In drei von fünf Bereichen ist der chinesische Online-Riese durchgefallen. Nur in zwei Punkten, bei der Energieeffizienz und bei der Bewertung darüber, wie sehr sich das Unternehmen für Umweltschutz stark macht, liegen die Noten im Mittelfeld.

Vergleich der Unternehmen, Bestnote ist A. Sehen Sie hier die Grafik in Originalgrösse. Quelle für alle im Text verwandten Grafiken: Greenpeace.

Es zeigt sich also: Während Apple, Google und Facebook die moralische Benchmark sind und damit am stärksten unter Beobachtung stehen, herrschen bei der «Wachablösung» aus Asien so katastrophale Zustände wie bei den US-Marktführern vor einem Jahrzehnt.

Schwierig ist dabei: Samsung hatte vor dem Note-7-Debakel über Jahre die Marktführerschaft im Smartphoneverkauf übernommen, Hersteller aus China drängen ebenfalls an die internationale Spitze. Und Gigant Alibaba streckt seine Fühler zunehmend nach Europa und auch in die Schweiz aus. Wenn diese Unternehmen wachsen und Umweltsünder bleiben, ist das ein Problem.

Pioniere Facebook, Apple und Google

US-Konzerne sind bereits auf einem besseren Weg, etliche von ihnen haben sich mittlerweile zum Ziel gemacht, das Unternehmen zu 100 Prozent mit Erneuerbarer Energie zu versorgen. Facebook, Apple und Google zählten hier zu den Pionieren, Apple ist am weitesten in der Umsetzung.

US-Unternehmen mit dem Bekenntnis, die Stromversorgung zu 100 Prozent auf Erneuerbare umzustellen. Sehen Sie hier die Grafik in Originalgrösse.

Allerdings gibt es auch bei den US-Konzernen Themen, bei denen viel Luft nach oben ist. Apple zum Beispiel hat im Vorjahr publikumswirksam seinen Recycling-Roboter Liam präsentiert, der in einem gekonnt inszenierten Video iPhones demontiert.

Im hauseigenen Umweltbericht von Ende Februar, dem «Green Bond»-Report, nennt Apple das Projekt an erster Stelle. Das Unternehmen berichtet, dass Liam mittlerweile an zwei Standorten installiert ist, in den Niederlanden und in Kalifornien. Jeder der beiden 29-armigen Roboter kann jährlich 1,2 Millionen Smartphones auseinander bauen, genauer gesagt das iPhone 6.

So präsentierte Apple den Recycling-Roboter Liam.

Allerdings spricht Apple hier vom Potenzial des Roboters, nicht von konkret umgesetzen Umfängen. Auch ob Schweizer iPhones im niederländischen Recycling landen, kann das Unternehmen nicht bestätigen. In der Schweiz nimmt jeder Apple Store iPhones zurück, je nach Restwert des Geräts gegen einen Abschlag auf das nächste iPhone. Über Jahre arbeitete Apple dabei mit dem Recyclingunternehmen Dataserv zusammen.

Wenn Recycling-Roboter Liam mit voller Kapazität arbeiten würde, gewänne Apple daraus  22'800 Kilogramm Aluminium, 9600 Kilogramm Kupfer, 15,6 Kilogramm Gold, 84 Kilogramm Silber, 660 Kilogramm Zinn und 288 Kilogramm Seltene Erden.

Ein Bruchteil der ingesamt verkauften Smartphones

Beeindruckende Zahlen – und doch wäre das ein Bruchteil der gesamten Smartphone-Menge. Apple hat im Geschäftsjahr 2016 rund 211 Millionen iPhones verkauft. Auch, wie die Rohstoffe für die Herstellung gewonnen werden, fehlt bisher in der Bilanz.

Ein weiteres Problem macht die Aufschlüsselung des Energieverbrauchs im IT-Sektor deutlich. Der Cloudboom zieht immer mehr Strom. Verbrauchten Datenzentren 2012 noch 15 Prozent der gesamten Energie, die im IT-Sektor konzumiert wurde, sind es heute bereits 21 Prozent.

Weltweiter Energieverbrauch im IT-Sektor, nach Sparten. Sehen Sie hier die Grafik in Originalgrösse.

Darin zeichnet sich ab, dass immer mehr Daten in der Cloud gespeichert werden – Privatfotos, Überweisungen, Firmendaten und vieles mehr. Weltweit gibt in diesem Bereich Amazon den Takt an – der Clouddienst Amazon Drive ist Marktführer. Ausgerechnet Amazon wiederum erhält aber für seine Intransparenz und den ungesunden Strommix durchzogene Noten im Umweltranking.

Das bedeutet, dass beim Trend-Thema Clouddienste auch US-Anbieter noch Nachholbedarf in Sachen Umweltbilanz haben. Und mit dem Datenboom, der in den kommenden Jahren noch an Tempo zulegen wird, verlangt diese Entwicklung ebenfalls dringend nach einer Lösung.

Der neue Apple-Campus soll zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien gespeist werden: