Premier Theresa May steckte bei den Wahlen in Grossbritannien eine bittere Niederlage ein, am Wochenende feierte in Frankreich Präsident Emmanuel Macron einen weiteren Erfolg. Die Credit Suisse wollte herausfinden, wie Schweizer Unternehmen auf solche Ereignisse reagieren. Ziemlich unbeeindruckt, lautet das Fazit der Grossbank in ihrem neuen «Monitor Schweiz».

Grund zur Verunsicherung hätten die Unternehmen zwar durchaus: Denn seit Ende der Finanzkrise gibt es immer mehr politische Entscheide und Ereignisse, die wirtschaftliche Sprengkraft haben. Diesen Schluss zieht die Credit Suisse anhand eines sogenannten Unsicherheitsindex: Der Index summiert die Anzahl Meldungen in den Medien, in denen politische Entscheide als negativ für die Wirtschaft bewertet werden. In den letzten Jahren ist die Zahl solcher Negativmeldungen stark gestiegen.

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Ihre Stimmung schwankt stark

Die Wahl von Donald Trump, Brexit oder das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative beeinflusst die Unternehmen zwar. Die Stimmung der Unternehmenslenker verändert sich nach solchen Ereignissen stark. Nur: Sie handeln nicht anhand ihrer momentanen Gefühlslage, wie der Blick auf ihre Investitionen zeigt. Die Unternehmen gaben in den letzten Jahren in ziemlich kontantem Umfang Geld aus – in einem Zeitraum, im dem ihre Stimmung stark schwankte.

Nur wenn ein politischer Entscheid konkret und fassbar ist, reagieren die Unternehmen laut der Grossbank. Ein solcher klarer Entscheid war beispielsweise das Ende des Euro-Mindestkurses der Schweizerischen Nationalbank. Viele Unternehmen leiteten danach sofort Massnahmen ein. Im Interview erklärt CS-Ökonom Claude Maurer, wieso Unternehmen sich angesichts des politischen Wirbels so besonnen verhalten:

Schweizer Unternehmen reagieren aus Ihrer Sicht nur zurückhaltend auf die negative Wirtschaftsberichterstattung. Sollten wir deshalb mehr auf die Unternehmen hören als auf die Medien?
Claude Maurer:* Es ist tatsächlich so: Man sollte die Lage an Handlungen messen, und nicht an Absichtserklärungen oder Prognosen. Da könnte man sich durchaus ein Vorbild an den Unternehmen nehmen und eine gewisse Gelassenheit an den Tag legen.
 
Wieso lassen sich Schweizer Unternehmen von der politischen Verunsicherung nicht anstecken?

Die Ereignisse schlagen den Unternehmen durchaus auf die Stimmung. Sie wägen aber die möglichen Konsequenzen sehr genau ab. Dabei beziehen sie auch die Schützenhilfe mit ein, die sie von der Nationalbank erwarten können.
 
Sie spielen auf die Entwicklung des Wechselkurses an. Die Schweizerische Nationalbank hat in den letzten Jahren immer wieder eine weitere Aufwertung des Franken verhindert. Verlassen sich die Unternehmen zu stark auf die SNB?
Die Gefahr besteht. Aus unserer Umfrage wissen wir, dass ein Drittel der Importeure und Exporteure ihre Wechselkurs-Risiken überhaupt nicht absichern. Überall, wo es etwas einzuschätzen gibt, besteht das Risiko, falsch zu liegen.
 
Welchen Preis bezahlen die Unternehmen für die politische Unsicherheit?
Die Unternehmen machen natürlich Pläne für den Fall, dass die politische Massnahme in Kraft tritt. Es ist nicht so, dass die Politik auf sie keinen Einfluss hat. Dieses Vorbereiten verursacht Kosten, was volkswirtschaftlich nicht sehr sinnvoll ist. Dazu kommt, dass man nicht immer davon ausgehen kann, dass politische Entscheide nicht umgesetzt werden. Entsprechend nimmt das Risiko eines sehr grossen Schocks zu.
 
Die Wirtschaft muss das politische Risiko immer Ernst nehmen?
Die Unternehmen sind ja auch nicht perfekt. Sie haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie vieles gut einschätzen konnten, aber nicht alles. Ein Beispiel ist die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank. Hier haben wir gesehen, dass sich viele dafür nicht abgesichert hatten. Sie verliessen sich zu stark auf die Nationalbank, mit entsprechend hohen Folgekosten.

*Claude Maurer ist Ökonom der Credit Suisse. Er ist bei der Grossbank für die Konjunkturanalyse Schweiz verantwortlich.

 

 

Warum Schweizer Wirtschaftsführer sich kaum in die politische Debatte einmischen, erklärte SBB-Chef Andreas Meyer beim Bilanz-Business-Talk: