Als die On Holding ihren Börsengang lancierte, konzentrierten sich die Schlagzeilen auf die Bewertung der Zürcher Sportschuhe von gegen 6 Milliarden Dollar. Doch in den Unterlagen des Unternehmens war ein Detail versteckt, das für die Branche von grösserer Bedeutung ist: Die Lieferkette für Laufschuhe der Marke ist weitgehend unterbrochen, wie das Fachportal «Business of Fashion» berichtet.
Fast 70 Prozent der Fabriken des Unternehmens in Vietnam – wo On zuletzt alle seine Schuhe herstellte – wurden wegen Covid-19 geschlossen, so das Unternehmen in einer Mitteilung. Aufgrund von Beschränkungen im Vorfeld der Börsennotierung lehnte On eine weitere Stellungnahme gegenüber «Business of Fashion» ab.
Vietnam dominiert den globalen Sneakermarkt
Vietnam befindet sich inmitten eines schweren Ausbruchs der Delta-Variante. Im Juli wurden sowohl in Hanoi als auch in Ho-Chi-Minh-Stadt Lockdowns verhängt, die immer noch in Kraft sind. Die Fabriken durften zwar weiterarbeiten, wenn sie vor Ort Unterkünfte oder Transportmöglichkeiten für die Arbeiter bereitstellten, aber viele konnten die Kosten nicht tragen oder mussten schliessen, nachdem die Mitarbeiter positiv getestet wurden.
Die Unterbrechungen hatten schwere Auswirkungen auf ein immer wichtiger werdendes Produktionszentrum, das mittlerweile den globalen Sneakermarkt dominiert. Laut dem Observatory of Economic Complexity, einer Online-Datenplattform, war Vietnam im Jahr 2019 der weltweit grösste Exporteur von Sportschuhen.
Adidas und Nike betroffen
Unternehmen, die 62 Prozent des Gesamtexportwerts des vietnamesischen Textil- und Bekleidungssektors ausmachen, mussten die Produktion aussetzen, so der vietnamesische Textil- und Bekleidungsverband (VITAS) am 4. August. «Die derzeitige Schliessung in Vietnam könnte die längste in einem grossen Produktionszentrum sein, die wegen Covid-19 stattgefunden hat», so Winnie Leung, Professorin am George Brown College in Toronto mit dem Schwerpunkt nachhaltiger Modeproduktion.
Die verlängerten Schliessungen haben erhebliche Auswirkungen für grosse Marken wie Adidas und Nike. In einem kürzlichen Bericht von S&P wurde davor gewarnt, dass Nike Gefahr läuft, keine in Vietnam hergestellten Turnschuhe mehr zu bekommen.
In der Zwischenzeit verlagern Marken wie On, Puma und Adidas ihre Produktion in andere Regionen. «Kurzfristig könnten die Kosten steigen, aber für Unternehmen wie Nike ist es wichtiger, die Nachfrage zu befriedigen, als sich in einer Stock-Out-Situation zu befinden», so Leung.
Weitere Lieferkettenprobleme
Die vietnamesische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Ausbruch bis zum 15. September zu stoppen. Das Management von Puma geht jedoch davon aus, dass sich die Sperrung um mindestens zwei Wochen verlängern wird, so Firmensprecher Robert-Jan Bartunek zu «Business of Fashion».
Der Ausbruch in Vietnam reiht sich ein in eine ganze Reihe von Unterbrechungen, wie Hafenschliessungen in China und Verzögerungen bei der Verschiffung in den USA, welche die Lieferketten unter Druck setzen und die Kosten in die Höhe treiben. Die Marken werden weiterhin gezwungen sein, zu diversifizieren und sich anzupassen.
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(gku)