Das grosse Sterben der Discount-Broker hat im vergangenen Jahr vorerst ein Ende gefunden. Im Oktober gab der Schweizer Ableger der Skandia Bank als bisher letzter Anbieter von Online-Trading den Rückzug aus dem Geschäft bekannt und empfahl seinen Kunden den Wechsel zu Swissquote. Damit beendete Skandia eine knapp dreijährige Marktbereinigungsphase, der Anbieter wie BB-Trade, Consors, DAB, Swissbrokers, Redsafe und Youtrade zum Opfer fielen. Verblieben sind nebst den Online-Lösungen der Banken einzig Swissquote, Trade-net.ch, E-sider sowie die zur Postfinance gehörende Yellowtrade, die ebenfalls die Plattform von E-sider benützt.
Die Gewinner der Konsolidierungsphase sind Swissquote und Trade-net.ch, ein Profitcenter der Berner Kantonalbank (BEKB). Beide Unternehmen haben es mit einem rigiden Kostenmanagement verstanden, die Börsenbaisse schadlos zu überstehen. Swissquote, so CEO Marc Bürki, sei gut auf die schwierige Zeit vorbereitet gewesen. So habe man rechtzeitig die Filialen in Frankreich geschlossen und sich ausschliesslich auf den Heimmarkt konzentriert. «Unser grosser Vorteil ist die Unabhängigkeit», so Bürki. Anbieter wie DAB und Consors waren den Sparübungen ihrer ausländischen Muttergesellschaften zum Opfer gefallen. Auch Trade-net.ch hatte die Kosten unter Kontrolle. «Wir investieren jährlich zwischen 2 und 3 Mio Fr. für die Weiterentwicklung in diesen Kanal», sagte Manfred Hauser, Leiter von Trade-net.ch. Dieser tiefe Betrag ist nur deshalb möglich, weil Trade-net.ch auf die Software-Lösung des Real Time Center (RTC) zurückgreifen kann, dessen Verbund die BEKB angehört. Trade-net.ch bietet auf dieser Plattform zu vorteilhaften Konditionen eine Palette von Dienstleistungen für Online-Trader an.
Profitable Grosse
Die beiden grössten Schweizer Anbieter von Online-Trading schafften unter diesen Voraussetzungen den Sprung in die Profitabilität. Swissquote vermeldete im ersten Halbjahr 2003 erstmals in seiner sechsjährigen Geschichte einen Betriebsgewinn (1,06 Mio Fr.). Dies wurde von der Börse deutlich honoriert: Innerhalb von 12 Monaten stieg der Aktienpreis von 23 Fr. auf über 80 Fr. Auch Trade-net.ch lieferte gemäss Leiter Manfred Hauser der BEKB im 2003 einen positiven Deckungsbeitrag ab.
In welchem Ausmass sich die freundlichere Stimmung an den Finanzmärkten bei den Online-Brokern ausgewirkt hat, lässt sich anhand einiger Zahlen dokumentieren: Bei Swissquote ist die jährliche Transaktionshäufigkeit des durchschnittlichen Kunden von 18 auf 25 gestiegen, was dem Marktführer bedeutend mehr Einnahmen aus dem Courtagengeschäft verschaffte. Auch Hauser registrierte eine deutliche Zunahme sowohl bei der Handelstätigkeit wie auch beim Volumen. Die durchschnittliche Anzahl Trades pro Monat stieg bei Trade-net.ch von 3500 bis auf 6000. Und auch der eingesetzte Betrag stieg bis Ende 2003 gegenüber dem 1. Quartal letzten Jahres von rund 6500 auf 11000 Fr. Und die Tendenz bleibt vorerst steigend. Hauser: «In den ersten zwei Januarwochen verzeichneten wir rund doppelt so viele Trades und ein doppelt so hohes Volumen gegenüber dem Durchschnitt von 2003.»
Zugenommen hat auch der Kundenstamm. Swissquote ist mittlerweile bei 30 000 Kunden angelangt, wobei die Westschweizer vor allem von Kundenübernahmen eingegangener Konkurrenten profitierten. Daneben konnten lediglich 1500 neue Kunden pro Quartal generiert werden. Für 2004 will Bürki wieder mehr organisches Wachstum sehen: «Unser Ziel ist eine jährliche Wachstumsrate von 30%.» Aus diesem Grund wird 2004 das Marketing-Budget von 3 auf 6 Mio Fr. verdoppelt. Wachstumsmöglichkeiten sieht Bürki vor allem in neuen Kundensegmenten. Beispielsweise Kunden von Privatbanken, die ihr Vermögen selber verwalten wollen. Die Vorgabe von Hauser lautet: «Wir wollen in den nächsten Jahren im zweistelligen Prozentbereich zulegen.» 2003 konnte Trade-net.ch die Vorgabe einhalten: Die Kundenzahl stieg von 9000 um 30% auf 12000.
Was die Zukunftsaussichten im Online-Brokerage anbelangt, divergieren die Meinungen von Bürki und Hauser. Der Swissquote-Chef geht in der Schweiz von einer weiteren Konsolidierungsrunde aus. «Mehr aus Image- als aus ökonomischen Gründen», glaubt Bürki. Seiner Ansicht nach können es sich Banken nicht leisten, eine Zweiweg-Strategie Premium-Service und Low-Cost-Angebot zu fahren. Allerdings: Banken, die aktiven Traders speziell günstige Konditionen anbieten, sind auf dem Markt kaum mehr zu finden.
Offen scheint die Zukunft der zur Waadtländer Kantonalbank gehörenden E-sider. Mit rund 4000 registrierten Kunden verfügt das Portal kaum über eine genügend grosse Basis, um längerfristig am Markt bestehen zu können. Hauser glaubt, dass die Positionen in der Schweiz bezogen sind: «Die Banken werden an ihren Online-Lösungen als Teil eines gesamtheitlichen Angebots festhalten.»
Vor Expansionswelle?
Mittelfristig könnte allerdings eine europäische Konsolidierung wieder ein Thema werden. Der erste Versuch, der vor allem von deutschen Online-Brokern ausging, scheiterte nicht zuletzt an den unterschiedlichen Regulierungen in den einzelnen Ländern sowie an der grossen Zahl von Börsenplätzen in Europa. «Das hat eine intensive Nutzung von Synergien unter den verschiedenen Ländergesellschaften verhindert», glaubt Bürki. Doch er geht davon aus, dass sich die Bemühungen um eine Harmonisierung verstärken werden. Und dann, so die Annahme Bürkis, werden auch die grossen Players wieder europaweit expandieren wollen.
Dass die Schweiz trotz ihrer Sprachenvielfalt ein interessanter Markt ist, bezeugt derzeit die in Dänemark domizilierte Saxo Bank. Seit einigen Wochen schaltet die laut eigenen Angaben in 115 Ländern tätige Internet-Bank auf Schweizer Web-sites Werbefenster, um neue Kunden zu gewinnen allerdings zu nicht gerade vorteilhaften Konditionen. Mit 40 Fr. Mindestcourtage verlangt die Saxo Bank im Vergleich zu den Schweizer Discount-Anbietern zu viel.
Die grössten Online-Broker in der Schweiz:
Name Anbieter Internet-Adresse Anzahl Kunden * Courtage CH-Aktien ab
Swissquote Swissquote www.swissquote.ch 30000 25. Fr.
Trade-net Berner KB www.trade-net.ch 12000 22. Fr.
Yellowtrade Postfinance www.yellowtrade.ch 11000 25. Fr.
E-sider Waadtländer KB (BCV) www.e-sider.com 4000 35. Fr.
UBS Tradepac UBS www.ubs.com/tradepac 7000 / 350000 ** 35. Fr.
Direct Net Credit Suisse www.directnet.ch 370000 ** 55. Fr.
M-BancNet Migrosbank www.migrosbank.ch 61000 ** 40. Fr.
ZKB Online Zürcher KB www.zbk.ch 118000 ** 40. Fr.
* Angaben der Anbieter, ** E-Banking-Kunden mit Depot