Der neue Opel Zafira soll ein Zeichen des Aufbruchs markieren. Mit der Zweitauflage des multivariablen Siebensitzer-Bestsellers erhofft sich Opel zusätzliche Verkaufsimpulse, damit die deutsche Marke aus der gegenwärtigen Krise herausfindet. Der Zafira eignet sich durchaus als «Glücksbringer», war doch die erste Generation eine Erfolgsstory. Der Wagen setzte mit seinem Sitzkonzept Massstäbe. Auch die Neuauflage behält dieses Konzept, mit dem sich die hinteren Sitze im Boden versenken lassen, bei. Wie erfolgreich Opel mit dem Zafira seit 1999 war, zeigen die Verkaufszahlen: Insgesamt wurden 1,4 Mio Einheiten abgesetzt.
Von der zweiten Zafira-Runde erhoffen sich die Opel-Verantwortlichen ähnliche Zahlen, damit der Van zusammen mit den Modellen Vectra, Astra, Corsa und Meriva die Marke mit dem Blitz auf die Strasse des Erfolgs zurückfährt. Nur so ist die Zukunft der Opel-Werke in Deutschland gesichert; und nur so werden ab 2008 Saab-Modelle, die mit den Opel-Fahrzeugen die Plattformen teilen, auch in den Werken Rüsselsheim oder Eisenach gebaut.
Hausinterne Konkurrenz
Doch die Trauben hängen für Opel hoch, wie Hans Demant, der Vorstandsvorsitzende der Adam Opel AG, einräumt. Opel erwächst im eigenen Konzern starke Konkurrenz. Demant: «Die Etablierung von Chevrolet als Weltmarke für den GM-Konzern stellt uns vor eine völlig neue Situation.» Auf die Frage, ob Chevrolet mit seinen in Südkorea gebauten Daewoo-Modellen genau auf die Opel-Kundschaft ziele, meint Demant: «In gewissen Bereichen mag es Überschneidungen geben, aber Opel ist anders positioniert als Chevrolet. Diese Marke wird nur dann ein Problem für uns, wenn wir unsere Hausaufgaben nicht erledigen, denn Chevrolet baut Fahrzeuge mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis.»
Genau hier liege die Krux, meinen Experten. Opel hat die Modellpalette auch im Preis eine Stufe nach oben verschoben. In die Lücke ist Chevrolet mit seinen Fahrzeugen aus Korea gestossen, Chevrolet trifft deshalb auf die traditionelle Opel-Kundschaft, die sich kostengünstige, preiswerte Fahrzeuge wünscht. Gefragt, ob denn die Opel-Fahrer und -Fahrerinnen die neue Positionierung überhaupt gewünscht haben, antwortet Demant: «Unsere Marketingexperten haben entsprechende Nachforschungen angestellt. Danach wünscht der traditionelle Opel-Kunde ein gut ausgestattetes, qualitativ hoch wertiges Auto. Er ist deshalb bereit, dafür etwas mehr Geld auszugeben.»
Diese Meinung wird von unabhängigen Analysten nur bedingt geteilt. Fahrzeuge wie ein Daewoo Nubira-Wagon haben alles, was ein Astra-Caravan auch besitzt, Qualität inbegriffen. Für den Kauf entscheidend sind deshalb vermehrt die Ausstattung und die Preispolitik. In diesen Punkten wird Opel deshalb keinen leichten Stand haben. Wenn Chevrolet 2006 mit dem in Korea gebauten SUV (als Concept S3X in Genf gezeigt) auf den Markt kommt, wird die Lage für die deutsche Marke nicht leichter. Demant meint: «Auf diesem Fahrzeug basieren später auch Opel-Modelle, beispielsweise der Frontera-Nachfolger. Das hilft Kosten sparen.»
Zur GM-Modellpolitik erklärt der Opel-Chef: «Chevrolet agiert als Marke mit einem ausgesprochen günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis; eine Stufe weiter oben folgt Opel mit einer hochwertigeren Ausstattung und teilweise auch stärkeren Motoren. Darüber steht Saab als Marke für besondere Ansprüche, und fährt Cadillac.» Geht diese Modellstrategie auf wird sie also von der Kundschaft akzeptiert und gelingt es GM Europa (inklusive Opel), aus den roten Zahlen zu fahren, dann sind Opel, Saab und die Werkstandorte in Deutschland und Schweden gerettet.
Ausgangsposition zu schwach
Bleibt die Antwort auf die Frage, weshalb Opel praktisch widerspruchslos die Konkurrenz von Chevrolet in Europa hingenommen und warum GM nicht Opel zur Weltmarke gemacht hat. Demant diplomatisch: «Man hat sich in den Gremien ausführlich beraten und ist zur heutigen Lösung gekommen, weil sie langfristig die beste ist.» Zu diesem Punkt allerdings gibt es einen (inoffiziellen) Kommentar aus der Konzernzentrale in Detroit: «Wenn eine Marke wie Opel tiefrote Zahlen schreibt, dann steht nicht die Positionierung als Weltmarke im Vordergrund. Deshalb haben die billiger produzierenden Koreaner mit Chevrolet das Rennen gemacht.» Was GM-Kritiker verärgert. Die amerikanische Muttergesellschaft steht nicht allzu gut da. Im 1. Quartal 2005 meldete sie einen Verlust von 1,3 Mrd Dollar. 25000 Arbeitsplätze sollen in Nordamerika abgebaut werden.
General Motors Europa
- Marken: Opel (Vauxhall in Grossbritannien), Saab, Chevrolet (auf Daewoo-Basis), Cadillac
- Verlust: 976 Mio Dollar (2004)
- Beschäftigte: 61000
- Standorte: Rüsselsheim, Bochum, Eisenach (Deutschland); Ellesmere Port, Luton (Grossbritannien); Antwerpen (Belgien); Gliwice (Polen); Azambuja (Portugal); Trollhättan (Schweden); Zaragoza (Spanien)
- Hauptquartier: Glattbrugg/ Zürich
- CEO: Fritz Hendersen
- Präsident: Carl-Peter Forster