Wer sich heute in der Fondsbranche umsieht, entdeckt eine Vielzahl von Vertriebsstrukturen. Wie lassen sich die unterschiedlichen Ansätze charakterisieren? Welchen gehört die Zukunft? Verschwinden die «geschlossenen» Vertriebsstrukturen, die ausschliesslich auf hauseigene Fonds setzen? Oder haben auch diese weiterhin ihre Berechtigung?

Wer die Vor- und Nachteile der Fondsvertriebsphilosophien vergleichen will, konzentriert sich am besten auf die drei Hauptgruppen: Die geschlossene, die halboffene und die offene Fondsarchitektur.

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Beim klassischen Ansatz vertreibt eine Bank aktiv ausschliesslich Produkte der eigenen Fondsgesellschaft. Das hat den Vorteil, dass die Produkte und deren Eigenschaften den Anlageberatern gut bekannt sind. Zudem sind die Informationen zu den Produkten leicht zugänglich und in der Regel einheitlich aufbereitet. Es kommt aber auch vor, dass einzelne Anleger Fremdprodukte verlangen. Normalerweise wird die Bank versuchen, den Kundenwunsch zu erfüllen. Oft wird der Fremdfonds jedoch nur zu einem Aufpreis oder gar nicht erhältlich sein.

Ein weiterer Nachteil liegt in der fehlenden Beratungsdienstleistung, denn die Bank verfügt bei den Fremdprodukten nicht über den gleichen Informationsstand wie bei den hauseigenen Fonds. Bei Nischenprodukten oder bei komplexen Produkten kann das zu Problemen führen.

Mittelweg

Einige Banken haben sich für einen Mittelweg zwischen der geschlossenen und der offenen Architektur entschieden. Bei dieser Vertriebsphilosophie (auch als Preferred-Provider-Ansatz bekannt) bieten sie neben den hauseigenen Produkten auch Fonds einer kleinen Gruppe von Drittanbietern aktiv an. Die Drittgesellschaften werden aufgrund ihrer bisherigen Leistung ausgewählt. Dieser Due-Diligence-Prozess berücksichtigt in der Regel nicht nur die historische Anlagerendite des Fonds, sondern oft auch den Anlagestil des Fondsmanagers, seine Beständigkeit und seine Erfahrungen im Finanzbereich.

Ziel dieser Bemühungen ist es, den gleichen Informationsstand zu erreichen wie bei den hauseigenen Produkten. Damit kann das Fremdprodukt den Kunden guten Gewissens empfohlen beziehungsweise in deren Portefeuilles integriert werden. Die Bank kann dank dieser Teilöffnung des Vertriebs auf Fonds zugreifen, die besser als die hauseigenen sind oder einen komplementären Nischenbereich abdecken. Die Anleger haben den Vorteil, dass sie innerhalb einer begrenzten Palette ein besseres Produkt erhalten.

Der Nachteil dieses Ansatzes besteht in der limitierten Anzahl der Fondsanbieter. Aufgrund der aufwendigen administrativen Abläufe können sich Neuaufnahmen von ausgezeichneten Fonds beziehungsweise Fondsgesellschaften verzögern. Dies kommt vor, wenn sich zum Beispiel die Lage an den Finanzmärkten derart ändert, dass der bisherige Anlagestil auf absehbare Zeit als ungeeignet erscheint und der alternative Anlagestil in der Palette nicht vertreten ist. Anbieter mit halboffener Fondsarchitektur bieten in der Regel keine Liste der verfügbaren Drittfonds an. Ihre Website enthält auch keine Informationen über diese Produkte.

Offener Ansatz

Verfechter der offenen Architektur versuchen, die Vorteile des klassischen Ansatzes mit jenen des Preferred-Provider-Modells zu verbinden. Wichtigster Pfeiler der offenen Strategie ist es, die Informationen frei zugänglich für alle ins Internet zu stellen. Diese Informationen sollen transparent und vergleichbar sein.

Die Credit Suisse geht mit ihrer 1999 lancierten Internetdatenbank Fund Lab einen Schritt weiter, indem sie alle Produkte pro Anlagekategorie zu den gleichen Konditionen anbietet unabhängig davon, ob der Fondsanbieter aus Europa, Amerika oder Asien kommt. Sie stellt zudem sicher, dass alle Informationen in der Internetdatenbank aktuell sind. Weil das Augenmerk nicht ausschliesslich auf Anbietern aus dem heimischen Markt liegt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in diesem grossen Fondsuniversum «Rosinen» von ausländischen Fondsanbietern gefunden werden. Bei der Gründung umfasste die Plattform 18 Anbieter und knapp über 800 Fonds. Heute, fünf Jahre später, sind es mehr als 2300 Fonds von über 50 Anbietern. Mit monatlich 330000 Zugriffen gehört die Website zu den populärsten Internetadressen in der Welt der Anlagefonds.

Der populäre und systematisch konsequente offene Ansatz hatte während der vergangenen Boomjahre viele Anhänger. Die Vorteile sind auch für Anleger und Kunden augenfällig. Anspruchsvoll ist jedoch die Umsetzung, nicht zuletzt deshalb, weil in der Fondsbranche die Zahl der Anbieter rückläufig ist. Erfolgreich sind nur diejenigen Banken, welche die offene Fondsarchitektur konsequent umzusetzen vermögen und eine sehr enge und gute Beziehung zu den Drittfondsanbietern pflegen.

Das gegenseitige Vertrauen hilft in mehrfacher Hinsicht: Zum einen gewinnen die Fondsanbieter an Kundennähe und kennen deren Bedürfnisse besser. Zum anderen kann der Vertreiber an Detailinformationen gelangen, die zu besseren Research-Ergebnissen führen oder den Kunden via Internet zur Verfügung stehen.

Ernüchterung

Die vergangenen zwei Jahre haben für viele Anwärter der offenen Architektur eine Ernüchterung gebracht, denn der Ansatz ist nicht für alle, die im Vertrieb von Fonds aktiv sind, sinnvoll oder möglich. Dennoch fördert die zunehmende Popularität der Fonds, zusammen mit der wachsenden Standardisierung des Informationsangebots der einzelnen Produkte, die Suche nach dem besten Fonds.

Finanzgesellschaften und Banken, welche ihr Angebot mit Drittfonds bereichern möchten, werden verstärkt auf Fondsgesellschaften zurückgreifen, die nicht nur ausgezeichnete Produkte anbieten können, sondern auch die Informationen in der gewünschten Form bis hin zur Abwicklung der Aufträge im Griff haben.

André Haubensack, Leiter, Provider Relations & Product Management, Credit Suisse, Zürich.