BILANZ: Wie kommt es, dass so viele deutsche Anlagebetrüger ins Land strömen?
Daniel Fischer: Sie haben begriffen, dass bei ihren Landsleuten häufig der Verstand aussetzt, wenn sie das Wort Schweiz hören. Sie halten alles Schweizerische prinzipiell für solide. Die Opfer sind zu vertrauensselig.
Aber das allein reicht wohl noch nicht für einen grossen Anlagebetrug.
Für die Täter ist die Schweiz ein Werkzeug, eine Operationsbasis. Am Telefon mit Schweizer Rufnummer gehen sie auf Kundenfang, niemand weiss aber, wo der Apparat steht. Zusätzlich nutzen sie manchmal die hoch qualifizierte Infrastruktur des Finanzplatzes. So kann man in der Schweiz 24 Stunden mit allen Währungen handeln, in Deutschland nicht. In Deutschland kennt kaum ein Bankkunde ein Fremdwährungskonto.
Erleben Sie auch Betrügereien von Tätern aus anderen Herkunftsländern?
Ja, aber seltener. Mitunter schröpfen diese Betrüger ihre Immigrantengemeinschaft. Wir haben zum Beispiel Fälle von Tätern aus dem ehemaligen Jugoslawien, die ihre eigenen Landsleute durch fiktive Vermögens- und Pensionskassenanlagen um Millionen erleichtert haben. Da es sich häufig um Schwarzgeld handelt, können sich die Opfer nur schwer wehren.
Was muss sich ändern?
Es muss den Geschädigten leichter gemacht werden, gegen die Täter zu prozessieren.
Aber das kann doch jeder.
Nein. Gewöhnlich klagen Geschädigte nicht, weil ihnen die Sache zu teuer wird. Sie fürchten, noch mehr Geld zu verlieren, selbst wenn noch Vermögenswerte vorhanden sind. Wir haben in beiden Ländern prohibitiv hohe Gerichtsgebühren, und die Rechtsschutzversicherungen kennen Ausnahmeklauseln für Prozesse im Kapitalmarktrecht. Wenn Sie in der Schweiz eine Strafanzeige erstatten, treffen Sie auf überlastete Strafbehörden. Wir gründen jetzt zusammen mit deutschen Kollegen einen Fachverband für Investorenschutz-Anwälte, um uns in den Geschädigtenprozessen besser zu koordinieren.