Oris verfügt über ein überaus reiches Erbe, dessen Anfänge ins 19. Jahrhundert zurückführen. Denn die Firmengründer Paul Cattin und Georges Christian starteten ihr Unternehmen 1904 durch Übernahme der stillgelegten Uhrenfabrik Lohner & Co. in Hölstein BL. Nicht der durch Hölstein fliessende Bach Frenke inspirierte die Beiden zum neuen Firmen- und Markennamen, sondern der Bach Oris, der sich zwei Täler weiter westlich in die Ergolz ergiesst.

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Die Manufaktur startete mit 24 Mitarbeitenden, entwickelte und produzierte ihre mechanischen Uhrwerke selbst, zum Teil auf eigenen im Betrieb hergestellten Maschinen. Da zu jener Zeit das schweizerische Uhrenstatut die Herstellung von Präzisionsuhren mit Ankerhemmung auf eine bestimmte Anzahl Hersteller monopolisiert hatte, blieb Oris nichts anderes übrig, als ihre Stiftankerhemmung so lange zu verbessern, bis die Ganggenauigkeit einer Ankeruhr ebenbürtig war. Wie gut dies den Oris-Uhrmachern gelang, beweisen die 1516 Chronometerzertifikate, die das Bureau Officiel de Contrôle de la Marche in Le Locle bis 1958 für Oris-Stiftankeruhren ausstellte. 1968 erreichte Oris mit einer solchen Uhr sogar einen Gangschein des Observatoriums von Neuenburg.

Noch da und dort tickt und läutet ein Oris-Wecker

Noch während des Zweiten Weltkriegs machte sich Oris auch für Qualitätswecker einen Namen. So etwa durch die Entwicklung des 8-Tage-Weckers (Gangreserve von acht Tagen). Viele von ihnen ticken und läuten heute noch. Nach dem Krieg und insbesondere in den angeblich goldenen 60er Jahren prosperierte das Unternehmen und zählte mit rund 800 Mitarbeitenden zu den zehn grössten Uhrenherstellern der Schweiz.

Der Erfolg lag in der Entwicklung besonderer mechanischer Werke, gepaart mit ausgeklügelten Produktionstechnologien und einer kontinuierlichen Führung unter Oscar Herzog, dem Schwager des Mitgründers Georges Christian. Mangels Nachfolge wurden die Aktien 1970 an die Uhren-Gruppe Asuag (heute Swatch Group) verkauft. Unter ihrem Dach wurde Oris zur Billigmarke degradiert und litt deshalb in der Krise der Schweizer Uhrenindustrie umso mehr, weil Oris durch günstige Quarzuhren aus dem Fernen Osten konkurrenziert wurde.

Es waren ausgerechnet die Japaner, die Impulse gaben

Neue Dynamik kehrte erst nach dem im Jahr 1982 erfolgten Management Buyout ins Unternehmen zurück. Doch brauchten die neuen Mitinhaber Rolf Portmann (VR-Präsident, heute Ehrenpräsident) und Ulrich W. Herzog als CEO ein weiteres Jahrzehnt und beträchtliche substanzielle Mittel, bis die Marke Oris aus ihrer Vergessenheit wieder ins Bewusstsein von Uhrenliebhabern zurückkehren konnte.

Dabei waren es gerade die Japaner, die CEO Herzog 1984 mit offenen Armen empfingen, als er ihnen die neue mechanische Uhrenkollektion präsentierte. Insbesondere Twens schienen der elektronischen Gimmick-Uhren mit LED-Anzeigen müde geworden zu sein und interessierten sich mit erstaunlicher Passion fürs Innenleben mechanischer Uhren. Oris nahm die fernöstliche Herausforderung an und setzte voll auf High Mech. Damit hat eine neue «alte» Geschäftsidee ihren Anfang genommen.

Das langfristige Ziel von Ulrich Herzog hört sich nicht bescheiden an: «Oris will der weltweit führende Hersteller von mechanischen Uhren mit besonderen Werken zu attraktiven Preisen werden.» Eine fast im Jahresrhythmus präsentierte Serie von Neuentwicklungen unterstreicht den festen Glauben der sechsköpfigen Unternehmungsleitung an die neue Vision:

- 1989 Automatikwerk Date Pointer für ihre neue Zeigerkalender-Uhr (erstmals 1938 entwickelt),

- 1990 Limitierte Edition Players mit vier unabhängigen Zählern,

- 1991 Oris Kaliber 581 mit Tag, Datum, Mondphase und zweiter Zeitzone (Komplikationen auf ETA-Basis 2688/2671),

- 1993 Oris Kaliber 640 mit kleiner Sekunde und Date Pointer,

- 1995 Regulator-Armbanduhr (Basis Kaliber 640),

- 1997 Oris Kaliber 690 (Basis ETA 2836-2) für neue Worldtimer-Uhren.

Bis zur Lancierung der kraftvollen Full-Steel-Kollektion im Jahr 1998 zeichneten sich Oris-Armbanduhren durch klassisches Uhrendesign aus mit fein ziselierten Zifferblättern, extra grossen Kronen, abgeleitet von den Pilotenuhren aus dem Zweiten Weltkrieg, und mit schön verarbeiteten Lederarmbändern. Die neue klare Formsprache bedeutet für Oris ein stilistischer Neubeginn, der sich durch die nachfolgenden fünf neuen Kollektionen hindurchzieht.

Aviatik, Musik, Kunst sowie Wasser- und Autorennsport

Seit 1999 erleben Fliegeruhren in der Oris-Kollektion BC3/Big Crown ein erfolgreiches Revival. Ein Jahr später folgte Oris mit der sportlichen XXL-Kollektion dem Trend zu grossen Uhren mit 40 und 44 mm Durchmessern. Die 2001 lancierte Kollektion TT1 umfasst Profitaucher-Uhren mit einer Wasserdichtigkeit bis zu 1000 m (getestet von der Deutschen Marine) genauso wie robuste Worldtimer- oder Day&Date-Uhren (inklusive Damengrössen) und gipfelt in den diesjährigen limitierten Chronographen Ralf Schumacher und Williams-F1-Team mit entsprechenden Logos auf den Zifferblättern.

Seit 2002 kommt in der neu lancierten Miles-Kollektion in Tonneauform die Vorliebe von Ulrich Herzog für den Jazz zum Ausdruck. Dank seinen internationalen Verbindungen kommt jedes Jahr eine interessante limitierte Edition als Hommage an lebende (John McLaughlin, Quincy Jones) und verstorbene (Miles Davis, Duke Ellington, Louis Armstrong) Jazzlegenden heraus, welche mit Foto und Unterschrift auf dem Gehäuseboden verewigt sind.

Die vorläufig letzte Kollektion, die Artelier, wurde im letzten Jahr lanciert. Der Name setzt sich aus Art (Kunst) und Atelier (Werkstatt) zusammen, denn Oris hat sich die Aufgabe gestellt, ein Uhrengehäuse zu entwickeln, das für ganz unterschiedliche Werktypen eingesetzt werden kann. Die Edelstahlhülle besteht aus drei Teilen, die so konstruiert sind, dass sie für verschiedene mechanische Uhrwerke passen. Die sichtbaren Nahtstellen eines zusammengesetzten Gehäuses geben den Uhren einen besonderen formalen Reiz. Und immer wieder überrascht Oris Uhrensammler mit einem Sondermodell in limitierter Auflage. Was das laufende Jubeljahr an limitierten Neuheiten auf den Markt gebracht hat, ist bereits ausverkauft. Und wo nachbestellt werden kann, gibt es Wartelisten.

Wie vor 100 Jahren noch immer in Hölstein daheim

Obwohl der Sitz der 100 Jahre alten Jubilarin noch immer die 1904 bezogene und mehrmals erweiterte Uhrenfabrik in Hölstein ist, werden dort keine Uhren mehr hergestellt. Die Belegschaft ist auf 40 Personen geschrumpft, der grössere Gebäudeteil längst weitervermietet. Oris-Uhrmacher beschränken sich auf die Fertigung von Komplikationen, die auf der Basis von mechanischen ETA-Kalibern aufgebaut werden. Sämtliche Komponenten werden von Oris eingekauft und kontrolliert, bevor sie zur Montage an Spezialisten ausgelagert werden. Die fertig montierten Uhren kommen zurück zu Oris, wo sie einer genauen Endkontrolle unterzogen, verpackt und in alle Welt versandt werden.

Neben dem Hauptmarkt Asien (47%) kommt Europa auf einen Anteil von 33%; immerhin 11% gehen nach Amerika und 2% verteilen sich auf Ozeanien. Dagegen schneidet sich der Heimmarkt nur ein winziges Stück von 7% vom Totalumsatz ab. Wie viel das ist, verraten die Oris-Besitzer nicht. Nur so viel: «Wir wachsen seit einigen Jahren zweistellig», freut sich Verkaufsdirektor Erich O. Gerber. Dass dies auch in den nächsten Jahren so bleibt, dafür sorgt die Erschliessung neuer Märkte wie China, wo Oris ein eigenes Unternehmen aufbaut.

Oris: Der rote Rotor und Stars wie Cage, Beckham und Schumacher

Das Herzstück jeder Oris ist auf der ganzen Welt im Handumdrehen sichtbar: Durch das Glasfenster im Gehäuseboden springt dem Betrachter der feuerrote Rotor ins Auge. Diese Einzigartigkeit lässt sich in der Marketingkommunikation bestens ausschlachten, wobei das Schwergewicht im Sponsoringbereich liegt. Solche Engagements gehen Hand in Hand mit den entsprechenden Uhrenkollektionen. Neben einzelnen Anlässen sind es international bekannte Persönlichkeiten aus Jazz, Film und Sport/Fliegerei, welche zu Botschaftern für Oris werden. Das macht die Marke für Sammler interessant und erhöht deren Bekanntheitsgrad. Neben Jazzmusikern zählen Filmstars wie Nicolas Cage, Harrison Ford, Sean Penn oder Meg Ryan und Sportgrössen wie David Beckham, Alex Corretja, Albert Costa und seit dieser Saison Formel-1-Rennfahrer Ralf Schumacher dazu. (sr)