Vor 40 Jahren trat Dietrich Pestalozzi, damals 26-jährig, als «Chef Postbüro» ins Familienunternehmen ein. In diesem Herbst gab er nun die operative Führung an seinen Sohn Mathias Pestalozzi ab. Der Firmenpatron aus Dietikon bleibt der Firma aber als Präsident des Verwaltungsrates erhalten.

Die Pestalozzi-Gruppe betätigt sich als Stahlhändler und hat sich zudem auf Vorfertungs-, Beratungs- und Servicedienstleistungen fokussiert. Sie besteht seit über 250 Jahren als Familienunternehmen und ist daher auch Mitglied bei Suite 150, dem Klub der ältesten Unternehmen der Schweiz. Der wurde von der «Handelszeitung» gegründet. In einem schwierigen Umfeld schlägt sie sich derzeit relativ gut. 2013 erwirtschaftete die Grosshandelsgruppe ein leichtes Umsatzplus von einem Prozent, die Bruttogewinnmarge blieb stabil.

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Krise im Stahlgeschäft trifft Grosshandel

Die derzeitige Krise im Stahlgeschäft geht aber nicht spurlos am Traditionsbetrieb vorbei. 2008 betrug der Umsatz 188 Millionen Franken, 2013 nur noch 164 Millionen. Ein tiefer Stahlpreis macht der Pestalozzi-Gruppe zu schaffen. Mengenmässig sei der Absatz auf Vorkrisenniveau, sagt Dietrich Pestalozzi, aber die Marge sinkt. Dazu gesellt sich eine tiefere Nachfrage der Industrie.

Dass die Firma trotzdem auf Wachstumskurs ist, hat sie der neuen strategischen Ausrichtung zu verdanken, wie der Verwaltungsratspräsident ausführt. Mit Unterstützung der Helbling Management Consulting AG wurde in den 90er-Jahren die Strategie «Perlen» entwickelt, um aus dem Strudel herauszufinden, den die Rezession der Bauwirtschaft kreierte.

Spezialisierung als Ausweg

Sie brachte eine Konzentration auf die Geschäftsbereiche, in denen die Stahl-Gruppe bedeutende Marktpositionen hatte. Diese Geschäftsbereiche wurden nicht mehr nach Produkten definiert, sondern nach Kundensegmenten. Seither werden fertige Stahlprodukte grösstenteils nur noch zugekauft. Man hat sich auf die Erbringung von Dienstleistungen für Metallbauer, Spengler, Dachdecker und Fassadenbauer spezialisiert.

Die Umsetzung der neuen Geschäftsstrategie habe dem Unternehmen zu neuer Ertragskraft verholfen. Ausserdem wurde weniger Kapital gebunden, was letztlich auch den finanziellen Übergang zur nächsten Generation erleichtert habe.

Börsengang verworfen

Mit Mathias Pestalozzi ist nun die neunte Generation am Werk. Der Wechsel sei harmonisch verlaufen. Das liegt an zwei Gründen, wie der langjährige Firmenchef sagt: «Wir haben uns viel Zeit gelassen und einen externen Moderator beigezogen.» Ausserdem seien jene Kinder, die nicht an der Übernahme der Firmenleitung interessiert waren, rücksichtsvoll gewesen: «Sie werden ihren Anteil im Laufe der nächsten Jahre ausbezahlt bekommen, in Tranchen, welche die Firma verschmerzen kann.»

Und er fügt an: «Das Aktienkapital war schon immer in der Hand jener Familienmitglieder, die im Unternehmen tätig sind.». Dies sei mitunter auch ein Grund, weswegen es kaum Zwist in der Familie gäbe. Auch dem Lockruf der Börse hat man stets widerstanden. In den 90er-Jahren hatte die Firma einen Börsengang erwogen, aber wieder verworfen. Auch jetzt im zinsgünstigen Umfeld will Pestalozzi nicht an die Börse.

Offene Gesprächskultur im Verwaltungsrat

Dass die Unternehmensnachfolge so reibungslos verlief, liege auch daran, dass der Patron «loslassen kann», wie er es formuliert. Gemeint ist: Der Seniorchef mischt sich nicht mehr ins Tagesgeschäft der Firma ein. Er habe seinem Sohn überdies angeboten, den Posten als Verwaltungsrat zu räumen. Doch jener habe darauf bestanden, den Vater im Unternehmen zu behalten.

Im Verwaltungsrat trifft nun Sohn auf Vater. Es herrsche aber eine offene Gesprächskultur. Familienhierarchien spielten keine Rolle, im Gegenteil: Dietrich Pestalozzi begrüsst es, wenn der Sohn – oder auch andere Mitglieder des Verwaltungsrates – eine andere Meinung vertreten. «Das fördert den konstruktiven Dialog. Und mit den Jahren wird man ja auch betriebsblind», meint der Unternehmer.

«Mein Traum ist es, am Ende des Lebens mit meiner Frau auf dem Bänkli zu sitzen und den Enkelkindern beim Spielen zuzuschauen», sagte der Stahl-Patron vor 14 Jahren gegenüber der «Handelszeitung». Im Ruhestand angekommen ist Dietrich Pestalozzi noch nicht, eher im «Unruhestand», wie er es formuliert. Am Ende des Lebens ist er auch noch nicht. Und mit der Pestalozzi-Gruppe will er weiter wachsen.

Wachstum im Schweizer Markt

Der Schweizer Markt biete noch viel Potential, sagt er. Vor allem in der Westschweiz bestünden Chancen. Eine Expansion ins Ausland sei derzeit nicht geplant. Die Pestalozzi-Gruppe will vorerst aus eigener Kraft wachsen, man schliesse aber auch Übernahmen nicht aus.

Die letzte Übernahme der Firmengeschichte fand auch in einer Zeit statt, in der die Branche kriselte. 1997 kaufte die Pestalozzi-Gruppe den Thurgauer Spenglerbetrieb Gabs AG und den Dietiker Logistik-Dienstleister Transstahl AG.