New Venturetec ist an elf Wachstumsfirmen beteiligt: Werden wir bei diesen Gesellschaften in Kürze Publikumsöffnungen sehen?
Peter Friedli: Nein. Ich bekomme aber Anfragen von Firmen, die einzelne Beteiligungen gerne kaufen möchten. Ich habe sicher fünf Firmen, die ich verkaufen könnte. Aber der Preis stimmt nicht. Darum werde ich nicht verkaufen.
Eine Ihrer Beteiligungen ist Osiris: Ist ein Börsengang noch zu früh?
Friedli: Ja. Ich war gerade in New York, und wir haben mit Investmentbanken gesprochen. Osiris ist sicher eine sehr interessante Firma mit viel Potenzial. Geplant ist, dass Osiris in etwa 12 Monaten das erste Stammzellenprodukt auf den Markt bringen wird. Das ist eine gute Voraussetzung für einen erfolgreichen Börsengang.
Wann kommt Osiris an die Börse?
Friedli: Ende 2005 oder 2006, sofern der Kapitalmarkt offen ist für ein IPO, ein Initial Public Offering.
Kommt Osiris an die Schweizer Börse?
Friedli: Das ist noch nicht definitiv entschieden, aber sicher an die Nasdaq. Osiris ist heute zu 80% in Besitz von Schweizer Aktionären, ist also praktisch eine Schweizer Gesellschaft. Sicher werden wir Osiris hauptbörslich an der Nasdaq kotieren lassen.
Sie sind VR-Präsident von Osiris. Was kann man von dieser Firma erwarten?
Friedli: Osiris ist eine klassische Venture-Firma mit grossem Potenzial. Die Firma hat eine durch Patente geschützte Stammzellen-Plattform-Technologie. Soll die Osiris erfolgreich Produkte lancieren, würden wir medizinische Meilensteine setzen. Die klinischen Tests sind bis jetzt gut verlaufen.
Welche Ihrer elf Beteiligungen sind neben Osiris in nächster Zeit am ehesten Börsenkandidaten?
Friedli: Da möchte ich mich jetzt nicht konkret äussern, weil wir bei einigen Firmen in Verhandlungen über einen möglichen Verkauf von Beteiligungen stehen.
Das gibt wieder etwas Fantasie für Ihre Aktien. Das ist auch nötig, denn seit dem Börsengang im Oktober 1997 weisen die New-Venturetec-Titel eine Negativperformance von 53% aus. Da können Sie nicht zufrieden sein.
Friedli: Das ist sicher nicht gut. Ich zahle deswegen seit 2001 keine Management Fee mehr aus. Aber man muss sich bewusst sein, dass ich in Jungfirmen investiere, das Umfeld in den letzten Jahren sehr schwierig war und der gesamte Aktienmarkt gelitten hat. Der Aufbau von Jungfirmen beansprucht viel Zeit. Operativ arbeiten die meisten Firmen nicht so schlecht, wie dies der Börsenkurs erscheinen lässt. Entscheidend ist, wie sich die Firmen mit ihren Produkten auf dem Markt behaupten können. Das Gesamtumfeld für Venture-Capital-Fonds ist schlecht. Das drückt auch unsere Börsenperformance.
New Venturetec hatte einmal eine Börsenkapitalisierung von über 1 Mrd Fr. Heute beträgt diese nur noch rund 70 Mio Fr. Das müsste Sie doch beunruhigen.
Friedli: Mich beunruhigt das nicht. Im Risikokapitalmarkt sind wir starken Zyklen ausgesetzt. Wir werden wieder andere Zeiten erleben.
Aber Sie hätten viel Geld verdient, wenn Sie in guten Zeiten alles verkauft hätten.
Friedli: Ich habe noch nie verkauft. Ich habe immer nur gekauft. Mein Fokus ist auf den langfristigen Erfolg einer Firma gerichtet. Ich bin kein Trader. Mein Erfolg misst sich an der Produkteentwicklung und Lancierung von Firmen, die ich mitbegründet habe. Gelingt dies, stimmt am Ende auch der Börsenkurs. Ich wage etwas, mit dem Risiko, dass etwas schief läuft, und der Chance, dass sich neue Technologien im Markt durchsetzen. Investoren können daran teilhaben oder verzichten. Es ist mir wichtig, dass die Leute verstehen, in was sie bei mir investieren. Geld verdienen ist das Resultat von Handlungen, aber niemals alleiniges Ziel.
Im laufenden Jahr weisen die New-Venturetec-Titel ein Minus von 9% aus. Womit müssen die Investoren in diesem Jahr rechnen?
Friedli: Ich erwarte, dass sich der Kursrückgang stabilisiert hat. Wir haben in unserem Portefeuille sehr gute Gesellschaften. Nach unten sehe ich aus heutiger Sicht keine grossen Kursrisiken. Die New-Venturetec-Aktien werden heute mit einem Discount von 30% gehandelt.
Sind sie nach Ihrer Einschätzung zu günstig?
Friedli: Der Markt entscheidet über den Preis. Ich denke die New-Venturetec-Aktien sind ein Kauf. Derzeit bietet sich eine gute Einstiegsmöglichkeit mit einem längerfristigen Zeithorizont. Das Risiko-/Chancenverhältnis ist heute gut.
Wie sichern Sie sich gegen weitere Dollarrisiken ab?
Friedli: Gar nicht. Ich habe dies von Anfang an so kommuniziert. Die Investoren wissen, dass New Venturetec zu 60% in Dollarbeteiligungen investiert ist und zu 40% in Franken-Anlagen.
Für welche Investoren eignet sich der New-Venturetec-Titel?
Friedli: Nur für Anleger, die grössere Risiken eingehen können und wissen, was Venture Capital ist. Investoren, die bewusst in aussichtsreiche Jungfirmen investieren möchten und die einen Investmenthorizont von drei bis fünf Jahren oder länger haben. Gerade in dieser Periode ist Geduld wichtig, man darf die Nerven nicht verlieren.
Ein typisches Risikokapital-Engagement von Ihnen ist das an der SWX kotierte US-Jungunternehmen E-Centives, das auf Internetdienstleistungen spezialisiert ist. Sind die Buchführungsunsicherheiten jetzt ausgeräumt?
Friedli: Es gab nie Buchführungsunsicherheiten. Unter dem Sarbanes-Oxley Act mussten wir eine interne Untersuchung durchführen. Es kam nichts Negatives zum Vorschein. Ich sehe dies als Investor positiv, da ich Gewähr habe, dass die Firma seit Gründung den Corporate-Governance-Standards gemäss SEC genügt.
Unerfreulich präsentiert sich aber die operative Lage der E-Centives.
Friedli: Ja, es läuft nicht so gut, wie ich das gerne hätte. Ich wünschte mir, dass die Umsätze höher wären und E-Centives endlich schwarze Zahlen schreiben würde.
Wie gross sind die Chancen für den kommerziellen Erfolg?
Friedli: Die Risiken bleiben hoch. E-Centives hat gute und zufriedene Kunden. Das Produkt ist erprobt, und die Firma hat einen guten Namen. Das sind erforderliche Voraussetzungen für einen kommerziellen Erfolg.
Doch die Aktie ist ja ein reiner Penny-Stock.
Friedli: Die Aktieentwicklung ist seit dem IPO alles andere als erfreulich. 98% der gleichgelagerten Internetfirmen existieren nicht mehr. Wir haben bisher überlebt. Eine solche Entwicklung in einem solchen Zyklus kann passieren. Es ist sicher unbefriedigend für Investoren, die Geld verloren haben. Wirtschaftlich gesehen ist dies nichts Ungewöhnliches: Eine junge Firma, die sich mit neuer Technologie und neuen Produkten in einem neuen Markt zu etablieren versucht und dabei enormen Herausforderungen begegnet.
E-Centives hat innerhalb von weniger als zwei Jahren den CEO und den CFO ausgewechselt. Ist jetzt die Stabilität sichergestellt?
Friedli: Dies ist nichts Aussergewöhnliches und hat mit Stabilität nichts zu tun. Die wichtigste Aufgabe des Verwaltungsrates ist die Sicherstellung, dass ein gutes Management-Team am Werk ist und bei Bedarf handelt. Ich habe schon einige Management-Teams ausgewechselt. Bei Jungfirmen ist es sehr wichtig, dass man handelt. Ich werde immer handeln, wenn ich es für richtig halte, ich schaue nicht zurück, sondern vorwärts.
Die Firma weist ein negatives Eigenkapital auf, nachdem das mit dem Börsengang erhaltene Geld aufgebraucht ist. Wie präsentiert sich die finanzielle Lage?
Friedli: Ich darf aus rechtlichen Gründen zu dieser Frage keine Stellung nehmen. Kein Verwaltungsrat einer SEC-Reporting-Gesellschaft kann zur finanziellen Lage der Firma Stellung nehmen, ausser in einer Pressekonferenz und in Absprache mit dem Management.
Wie gehen Sie mit dem Vorwurf um, dass Sie neben Think Tools damit einen weiteren Börsen-Flop mitgetragen haben?
Friedli: Ich habe in den letzten 19 Jahren rund 170 Firmen finanziert, wovon etwa 80 reine Start-ups waren. Von den 170 existieren 30 nicht mehr. Das gehört zur Risikokapital-Branche. Mit Totalausfällen muss man immer rechnen. Mit diesem Anteil liege ich sogar besser als der Durchschnitt. Im Leben gibt es nicht nur die Sonnenseite. Es kann auch was schief gehen. Ich wage bewusst etwas, nämlich neue Produkte auf den Markt zu bringen. Das ist eine unheimlich interessante, befriedigende, aber auch schwierige und fordernde Tätigkeit. Ich respektiere Leute, die etwas riskieren und langfristig ein Ziel verfolgen. Nur Unternehmer mit Erfahrung wissen, was dies heisst. Es ist sehr einfach und kostet nichts, andere zu beurteilen, wenn was schief läuft. Ich wünschte mir, dass dies weniger häufig vorkommt.
Sprechen wir noch über eine andere Beteiligung von Ihnen, die Basilea. Welche Bilanz ziehen Sie nach dem Basilea-Börsengang?
Friedli: Eine gute. Ich bin froh, dass Basilea an die Börse gegangen ist und das Geld gekriegt hat, um die Produkte weiter zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.
Aber die Kursentwicklung von Basilea ist enttäuschend.
Friedli: Den Börsenkurs bestimmen die Marktteilnehmer. Die Börse ist kurzfristig nicht effizient. Ich bin mit dem Unternehmen operativ zufrieden.
Sicher hatten Sie sich ebenfalls eine andere Kursentwicklung erhofft.
Friedli: Wenn ich jetzt sage, dass mir die Kursentwicklung nicht so viel ausmacht, dann glauben Sie es mir wahrscheinlich nicht. Tatsache ist aber, dass für mich entscheidend ist, wie die Entwicklung mit den Produkten vorwärts geht. Ich erwarte nicht eine kurzfristige Traumrendite. Basilea ist für mich ein Langzeit-Investment. Der Börsenkurs ist für mich kurzfristig kein Gradmesser, ob ich zufrieden bin oder nicht. Ich bin ein unternehmerischer Investor.
Worin liegt das Potenzial der Gesellschaft?
Friedli: In der Entwicklung und Vermarktung von Antibiotika und dermatologischen Produkten, die wir von der Roche übernommen haben. Basilea muss die Chance haben, das Geld, das sie von der Börse erhalten hat, produktiv und erfolgreich zu investieren.
Haben Sie Ihren Anteil an Basilea reduziert?
Friedli: Nein. Und das wird auch nach der Lock-up-Periode, die bis März 2005 dauert, so bleiben.
Der Wagemutige: Steckbrief
Name: Peter Friedli
Funktion: Präsident, Friedli Corporate Finance
Geburtsdatum: 25.2.1954
Zivilstand: Ledig
Ausbildung: Abgebrochenes Wirtschafts-Studium
Karriere
Seit 19 Jahren selbstständiger Unternehmer mit Venture Capital in den Bereichen Biotechnologie, Kommunikation, Technologie und Internet.
Venturetec Letzter Kurs: Fr. 15.40
Fazit: In den letzten Wochen hat sich die New-Venturetech-Aktie stark erholt. Dennoch liegt sie noch immer fast 9% tiefer als zu Jahresbeginn. Die Aktie hat weiterhin viel Aufholpotenzial. Sie bleibt aber auch ein hoch riskantes Papier.