Peter Neth liebt die Herausforderung im sportlichen Sinne. Das hat Gültigkeit hinsichtlich seiner Hobbys, das trifft aber auch oder eben erst recht auf seine Aufgaben im Solde mitunter angeschlagener Unternehmen zu. Neth setzt, wie er selber sagt, «gerne den Samen, aus dem Neues keimen kann». Seit 2002 steht der 54-Jährige am Steuer der Wetziker Elma-Gruppe, die zur Jahrtausendwende vom Kurs abgekommen war. Die damalige Krise in der Telekombranche hatte drastische Folgen für das weltweit operierende Heer der Zulieferer unter ihnen auch die Produzentin von Computergehäusen und Drehschaltern aus dem Zürcher Oberland.

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Zu 40% war Elma damals abhängig von den Kommunikationstechnikern, heute sind es noch 25%. Das Angebot fusst inzwischen auf einem breiteren Fundament: Forschung, Raumfahrt, Wehrtechnik, Med-Tech, Transport, Industrieautomation. Elma kommt meist dann zum Zuge, wenns hart auf hart geht und die Komponenten extremen Belastungen ausgesetzt sind. Beispielsweise im neuen Megaliner von Airbus, dem A380.

Turnaround geschafft

Die Kurskorrektur eingeläutet hat der später als «Erb-Sanierer» bekannt gewordene Hans Ziegler, der seit 2001 bei Elma als Verwaltungsratspräsident amtet. Der VR-Präsident stoppte vor fünf Jahren die Expansionspläne des Elektronikkomponenten-Herstellers, strich 90 Stellen, fokussierte die unternehmerische Tätigkeit auf die eigentlichen Kerngebiete und holte einen neuen CEO an Bord: Peter Neth, langjähriger ABB-Manager, der zuletzt die Geschicke der ABB-Tochter CMC Carl Maier & Cie AG in Schaffhausen lenkte.

Gemeinsam haben Ziegler und Neth den Turnaround bewerkstelligt. Die neu geschürten Wachstumsgelüste wurden mit der Akquisition zweier Firmen in den USA und in England sowie mit der Gründung einer Tochtergesellschaft in China gestillt. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen heute an seinen verschiedenen Standorten in Europa, Asien und Amerika rund 650 Mitarbeiter. «Wir haben das Tal der Tränen hinter uns gelassen», gibt sich Peter Neth optimistisch, «für das laufende Geschäftsjahr rechne ich mit einem moderaten Umsatzwachstum und einer leichten Ertragsverbesserung.»

Der Firmenchef schreitet mit grossen Schritten durch die Elma-Hallen im Wetziker Industriegebiet. Vorbei an Werkbänken, Produktionsstrassen, vorbei an Einzelteilen und lieferfertigen Komponenten. Technisches habe ihn seit jeher fasziniert. In Meggen aufgewachsen, vor den Toren Luzerns, stand für ihn als Jugendlicher bald einmal fest, dass er nach der Matura Maschinenbau studieren würde. Ausschlaggebend für die Wahl der entsprechenden Studienrichtung sei neben der Technik wohl auch der Umstand gewesen, dass man als Ingenieur «Werte schaffen» könne. «Stauseen, Kraftwerke, Turbinen, das alles hat etwas Gestalterisches an sich, etwas, das mir einfach liegt.»

Neth verweist auf einzelne Aushängeschilder der Fertigungspalette. Gehäuse, Highspeed-Applikationen, Schalter. Insgesamt, erklärt er, würde die Produktionsspanne bis zu 40 000 Artikel umfassen. Das ist viel für einen Betrieb der Grösse Elmas. Zu viel. «Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen wir unser Sortiment laufend bereinigen. Es macht keinen Sinn, Produkte herzustellen, die das Unternehmen mehr kosten als sie einbringen.»

«Ich bleibe an Bord»

Im Rahmen der Kostenreduktion werde man die Kapazitäten vorab am Produktionsstandort Rumänien ausbauen, des Weitern müssten das Nettoumlaufvermögen gesenkt und der Lagerbestand heruntergefahren werden. Stellen seien in letzter Zeit jedoch nicht gestrichen worden, betont Peter Neth. Er macht kehrt, nimmt mit Schwung die Treppe und steuert sein Chefbüro an.

Den Prozess der Erneuerung will Neth weiterhin aktiv vorantreiben. Denn wenngleich er als «Sanierer» geholt wurde, so sei er dennoch keiner, der das Schiff verlasse, wenn dieses wieder flott gemacht ist und Fahrt aufgenommen hat. Der in Rudolfstetten am Mutschellen wohnhafte Vater zweier Töchter, der stets wohlüberlegt und unaufgeregt spricht, schüttelt den Kopf: «Nein, ich bin kein reiner Turnaround-Manager. Ich will mich auf die weitere Reise der Gruppe konzentrieren, mit meinen Mitarbeitern Ideen entwickeln und neue Produkte kreieren. Ich bleibe an Bord.»

Die zentrale Aufmerksamkeit des Firmenkapitäns gehört der Frage: Was können wir machen, damit es noch besser läuft? Restrukturierung und Vision sind zwei Stichworte, die Neth in diesem Zusammenhang gerne in seine Ausführungen einfliessen lässt. Um im weiten Feld zwischen Wagnis und Hinterfragung zielgerichtet Kurs zu halten, zählt der CEO auf die Loyalität seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was nicht heisst, dass diese fortwährend des Chefs Ideen abnicken sollen. Im Gegenteil. «Ich setze mich gerne mit den Vorschlägen anderer auseinander und gebe auch den Sparringpartner, wenn jemand eine Kritik, eine Idee hat und diese überprüfen oder weiter vorantreiben will.»

Was er überhaupt nicht ausstehen könne? Neth muss nicht lange überlegen. «Führungskräfte, die Dienst nach Vorschrift leisten und keinerlei Bereitschaft zeigen, die Initiative zu ergreifen.» In seiner Rolle als Vorgesetzter will Neth nach eigenen Angaben primär die Stärken des Einzelnen fördern, weniger die Schwächen eliminieren. Er denke positiv, delegiere gerne und sehe sich als Dirigent, der das Orchester Firma und dessen einzelne Register im Takt halte. «Wichtig ist, dass man das, was man macht, mit Herzblut tut», betont Peter Neth, «und darob sollte man als Person am Boden bleiben.»

Wer sich mit ihm unterhält, geht denn auch nicht davon aus, dass Gefahr bestünde, er könnte so schnell abheben. Neth strahlt Bodenhaftung und Realismus aus, auch wenn er sich nach eigenem Bekunden dem Grundsatz verpflichtet fühle, wonach «no risk» auch «no fun» bedeute. Eine Einstellung im Übrigen, die nicht von ungefähr kommt. Denn als junger Technischer Berater sei er bei BBC ins kalte Wasser geworfen worden, habe er gleich zum Auftakt ein grösseres Geschäft abwickeln müssen. «Da lernt man unweigerlich schwimmen», schmunzelt der Elma-Chef.

Mitglied der Nationalmannschaft

Wenns stürmt, dann ist er in seinem Element. Letzteres auch dann, wenn er seiner grossen Leidenschaft frönt. Dem Segeln. Bereits während der Schulzeit baute er seine erste eigene Jolle. Das Geld für das benötigte Material verdiente er sich auf dem Bau, mit dem Anstreichen rot-weisser Baustellenplanken und Dreibeinen, später in Nachtarbeit bei der Bahnpost.

Als ambitionierte Segler brachten es Neth und sein Compagnon beinahe zu olympischen Ehren. «Ich war zehn Jahre lang Mitglied der Nationalmannschaft, bei der Ausscheidung zu den Olympischen Spielen von Atlanta landeten wir 1984 auf dem ehrenvollen zweiten Platz.»

Auch wenn nichts geworden ist aus der Olympia-Teilnahme, die Planken unter den Füssen möchte Peter Neth auch heute nicht missen. Er sieht Parallelen zwischen Segelsport und Führungsjob. Man lerne beispielsweise zu gewinnen und zu verlieren. Oder begreife die Wichtigkeit des Teamworks. Der Technik auch, des Materials, welche erst zum Tragen kämen, wenn der Mensch sie richtig handhabe. Und noch etwas: Dass eine steife Brise einer Flaute allemal vorzuziehen sei.

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Steckbrief

Name: Peter Neth

Funktion: CEO Elma-Gruppe, Wetzikon

Alter: 54

Wohnort: Rudolfstetten AG

Familie: Verheiratet, zwei Töchter

Karriere:

- 1977-1988 BBC Baden

- 1988-1993 ABB Turbo Systems AG Baden, verschiedene

Führungspositionen

- 1993-2002 CMC Carl Maier & Cie AG, Schaffhausen, Direktor Technik, stellvertretender Geschäftsführer, zuletzt Geschäftsführer

- Seit 2002 CEO Elma-Gruppe

Führungsprinzipien

1. Motivation durch Delegation an eigenverantwortliche Leute.

2. Stärken des Einzelnen aktivieren nicht Defizite ausmerzen.

3. Neue Ideen und Ressourcen einbringen positiv denken.

Firma

Elma Electronic AG

Die Gruppe mit Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Rumänien, USA, China und Israel hat 650 Beschäftigte (Umsatz 2005: 121 Mio Fr.). Elma bietet weltweit Lösungen für den Bau von Gehäusesystemen für die Elektronik an und stellt Schalter, Knöpfe und LEDs her. Elma ging 1996 an die Börse.