Kein Bienenhaus, keine Hektik und kein Herumhecheln an der Fürstenlandstrasse in St.Gallen, wo Peter Stössel seit 1980 sein Hauptquartier aufgeschlagen hat. Dabei wird am 2. Juni der Startschuss für den CSIO im Gründenmoos gegeben, und die Vorbereitungen auf diesem Terrain haben bereits begonnen. Stössel ist die Ruhe selbst. Das ist die erste Überraschung.

Aber die zweite folgt auf dem Fuss. «Alle gehen davon aus, dass ich den CSIO manage, aber ich habe noch ein Unternehmen», sagt er und führt durchs grosszügig gebaute Geschäftshaus. Zunächst in eines der Call-Center, wo emsige Damen in allen Sprachen Bestellungen entgegennehmen.

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Es geht von Mode über Versicherungen, Wein, Kochbücher bis zu Schmuck. Was hat das mit den Internationalen Pferdesporttagen zu tun? «Nix», sagt Stössel lachend, «das sind meine Unternehmen MS Direktmarketing AG und MS Mail Service AG.» In diesen beiden Firmen beschäftigt er 350 Leute.

Alles nur eine Frage der Organisation

Wie bringt er das alles unter einen Hut? Seit 1987 ist er CSIO-Präsident und seit 1989 verantwortlich für das Management der internationalen Springkonkurrenz-Veranstaltungen auf Schweizer Boden.

«Das ist eine Frage der Organisation, der guten Auswahl von Mitarbeitenden und eines Feu sacré für das, was man tut.» Und dieses Feuer kann er auf seine Umgebung übertragen. «Mit ihm zusammenzuarbeiten ist ein Vergnügen, er ist zwar zielstrebig, aber immer auch locker», sagt Sylvia Furgler, die Frau des verstorbenen Sportchefs von DRS. Sie gehört zu den vielen «rechten Händen», die Stössel im Direct-Marketing-Bereich unterstützen. Er scheint überhaupt nur «rechte und keine linken Hände» um sich zu haben.

Und die braucht er auch. Zusätzlich zur Organisation des CSIO und des eigenen Unternehmens kommt nämlich noch eine Finca in Spanien hinzu. Hier züchtet Stössel Araberpferde und es lebt auch eine ganze Reihe anderer Tiere, wie Lamas, Hirsche, Hunde und Katzen dort. «Ich habe dort fast einen Zoo», lacht er.

«Wir beginnen mit den Vorbereitungen für den nächsten CSIO gleich nachdem die Reiter, Gäste und die Besucher abgereist sind.» Stössel nennt dies die Nachbearbeitung. Sponsoren, Gäste und Vertreter aller wichtigen Medien werden über ihren Zufriedenheitsgrad befragt.

«Bei uns findet dann ein eigentliches De-Briefing statt.» Dann kommt die Phase des Abrechnens, und wenig später zum Teil parallel dazu müssen bereits Werbekonzepte und Verträge mit Sponsoren und den teilnehmenden Landesvertretern der Superleagues für das nächste Mal aufgegleist werden.

«Wir schliessen einen sauberen Vertrag ab, in dem alles geregelt ist, was ein Engagement an einem solchen Anlass betrifft. Wichtig ist, dass darin ein Geben und Nehmen zum Ausdruck kommt. Es ist wie in jeder gegenseitigen Beziehung, sei sie geschäftlicher oder privater Natur: Beide müssen das Gefühl haben, dass es sich für sie lohnt.»

Vielfältige Anspruchsgruppen

Während im VIP-Zelt und in der Presidents-Lounge die gesellschaftliche und politische Prominenz aus der ganzen Schweiz anzutreffen ist, begegnet man auf dem Rasen auch vielen Besucherinnen und Besucher, die keine klingenden Namen haben und sich einfach über die eleganten Pferde, ihre Reiterinnen und Reiter und über die vielen Rahmenprogramme freuen.

Aber auch sie müssen organisiert und betreut werden. Wenn Stössel seinen Netzplan skizziert, wird einem schier schwindlig. Und wenn er beschreibt, wie die Ankunft der 200 edlen Pferde aus aller Herren Län-dern terminiert sein muss, damit es bei der Eintrittskontrolle keinen Stau gibt, erst recht.

Die Unterkunft ist für Mensch und Tier gratis, und der Transport ab Schweizergrenze auch. Wer keinen der vielen attraktiven Preise bekommt, kann wenigstens die Tage in einem Mehrsternhotel und das Büffet im VIP-Zelt und in der Presidents-Lounge geniessen, wo Haute cuisine geboten wird. All das bedingt eine präzise Planung und vorbereitende Gespräche, genau so wie die Unterbringung der einigen hundert Gästen samt Entourage aus aller Welt.

Acht Nationen sie gehören der Superleague an sind mit ihrer Reiterelite-Equipen vertreten, hinzu kommen so genannte Einzelreiter. «Alles in allem werden gegen 100 Sportler aus 13 Nationen am diesjährigen CSIO teilnehmen.»

Viele Fäden laufen bei Jacqueline Neuburger, die das OK-Sekretariat führt, zusammen. «Es ist die gute Atmosphäre in diesem Haus, die beflügelt», sagt sie und beugt sich wieder über ihre Arbeit anstatt unter ihr zusammenzubrechen.

Pferde zwingen zur Disziplin

Wie ist einer aufgewachsen, der solche Grossanlässe, ein für schweizerische Verhältnisse grösseres Unternehmen und eine Pferdezucht, gleichzeitig führt? Stössel lacht übers ganze Gesicht: «Ich bin in einer Fuhrhalterei in Uznach aufgewachsen. Pferde waren meine liebsten Tiere, und wenn mich meine Mutter suchen musste, wusste sie immer, wo.»

Nach seinem HSG-Studium wurde er von Rudolf Villiger, dem damaligen Globus-CEO, als persönlicher Assistent eingestellt. Auch er den Pferden verbunden: So hat Dielsdorf seine Pferderennbahn Villiger zu verdanken.

Wo immer man an Stössels Laufbahn ansetzt, immer waren Pferde dabei. «Pferde sind wunderbare Begleiter, intelligent und verständnisvoll. Sie zwingen einen auch zur Disziplin.»



Peter Stössels Führungsgrundsätze

1. Durch Ziele führen. Zum Erreichen werden die notwendigen Kompetenzen und Verantwortungen delegiert.

2. Das Unternehmen bleibt menschlicher durch vorbildliche Vorgesetzte und unternehmerisch denkende Mitarbeiter.

3. Entscheide rechtzeitig treffen. Dafür sind die notwendigen Grundlagen zu schaffen und Betroffene einzubeziehen.

4. Es gilt, Neuem gegenüber aufgeschlossen und nicht ablehnend zu sein. Nicht immer nach Gründen suchen, wieso etwas Neues nicht hinhauen soll.

5. Sich auf Dinge konzentrieren, die sich beeinflussen lassen.



Zur Person

Peter Stössel ist 1944 geboren und hat an der Universität St.Gallen studiert. Er war 1970 bis 1973 persönlicher Assistent von Rudolf Villiger, dem damaligen Globus-Chef. 1974 übernahm er die Geschäftsführung der Peter Hahn AG, und 1978 gründete er sein eigenes Unternehmen. Er ist Präsident der Genossenschaft Internationale Pferdesporttage CSIO Schweiz, geschieden und hat zwei Kinder. Sein Hobby und das Management des CSIO überschneiden sich: Er züchtet Araberpferde. Gleichzeitig managt er das grösste Direktmarketing-Unternehmen der Schweiz mit Kunden wie Betty Bossi, Madeleine Moden, Raiffeisenbank und HSE 24.



CSIO St. Gallen: Bis zu 40000 Besucher erwartet

Vom 2. bis 5. Juni 2005 wird St.Gallen zum Mekka der Pferdeliebhaber. Am Start des Concours de Saut International Officiel, wie der CSIOmit vollem Namen heisst, werden die weltbesten Teams sein. Zu den Highlights gehören der Nationenpreis Samsung Super League of Switzerland, das Grosse Generali Jagdspringen und der Longines Grand Prix der Schweiz. Erwartet werden je nach Wetter 30000 bis 40000 Besucher. Das Budget für diese Grossveranstaltung beträgt 2,1 Mio Fr. Die gesamte Preisgeldsumme macht 523000 Fr. aus. Dem Organisationskommitee gehören insgesamt 450 Frauen und Männer an.

Die Anfänge der St.Galler Pferdesportaktivitäten reichen bis ins letzte Jahrhundert zurück. Charakteristisch ist, dass es immer wieder Einzelpersonen waren, die dafür sorgten, dass das Feu sacréund die Tradition nicht erloschen. (MéR)