Die internationale Kritik an Saudi-Arabien reisst nicht ab. Immer mehr Investoren wenden sich von dem Land ab, seit die Verstrickung der Regierung in die Ermordung des Regimekritikers Jamal Kashoggi bekannt ist. Zusätzlich unter Druck ist das Königshaus wegen des Kriegs in Jemen, den Saudi-Arabien massgeblich antreibt.
Bis vor kurzem wurde Thronfolger Mohammed bin Salman international gefeiert. Er galt als Reformer, der das Land in die Moderne führt. Der junge Monarch will den weltgrössten Ölexporteuer auch wirtschaftlich neu ausrichten. Das Prestigeprojekt dabei ist Neom: Unter diesem Namen soll eine futuristische Stadt am Roten Meer entstehen, mit einer riesigen Freihandelszone und zahlreichen Unternehmen aus der Hightechindustrie.
Für sein Projekt konnte Bin Salman klingende Namen an Bord holen: Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld übernahm zu Beginn die Leitung. Als Berater liessen sich unter anderen Ex-Uber-Chef Travis Kalanick und der Stararchitekt Norman Foster gewinnen. Und mit ABB-Präsident Peter Voser nahm auch ein Schweizer Einsitz im Advisory Board. Voser hat das Mandat suspendiert – und zwar schon vor fast zwei Monaten, wie ABB mitteilt (Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels stand fälschlicherweise, die Suspension sei erst jetzt erfolgt). Andere Mitglieder des Beratergremiums gingen weiter und traten zurück, darunter Ex-US-Energieminister Ernest Moriz.
Spiesshofer reist nach Saudi-Arabien
Das Engagement von Voser bei Neom dürfte auch mit der Rolle von ABB in Saudi-Arabien zu tun haben: Für den Schweizer Industriekonzern ist das Königreich ein wichtiger Markt. Das zeigt auch die Reise von ABB-Chef Ulrich Spiesshofer letzten Monat nach Dammam in Saudi-Arabien. Der Konzernchef riskierte damit Negativschlagzeilen. Zahlreiche Prominente – darunter auch Spiesshofer selbst – hatten einen Monat zuvor von einer Reise an eine internationale Konferenz in Saudi-Arabien abgesehen.
Bin Salman ist offenbar selber nicht mehr überzeugt, dass er Neom bald realisieren kann. «Niemand wird für Jahre darin investieren», habe der Thronfolger kürzlich im kleinen Kreis an einer Investorenkonferenz gesagt, schrieb die «Financial Times» diese Woche. Das Projekt mit Kosten von geschätzt einer halben Billion Dollar wollte das Regime vor allem durch Amarco finanzieren. Der Börsengang des staatlichen Ökonzerns sollte Saudi-Arabien die Mittel für die ambitiösen Vorhaben verschaffen. Dieser IPO ist nun in der Schwebe.
(mbü)