Wundermittel, perfekte Pillen, neue Forschungsideen – das präsentieren Pharmakonzerne gern. Den Mantel des Schweigens dagegen legen sie über eine andere Zukunft. Insgeheim tüfteln sie an Technologien, die mit dem heutigen Pharmageschäft bisher wenig gemein haben: Mobilfunk und Internet werden die neuen Partner der Konzerne. Mit bisher nie gekannten Diensten will die Branche erreichen, dass ihre Medikamente genommen werden. «Bei jedem Pharmakonzern laufen derzeit Experimente in diese Richtung», sagt Patrick Flochel, Berater bei Ernst & Young. Die Sparwut der Regierungen zwingt die Branche zu diesem Wandel, dem sie aber noch längst nicht gewachsen ist.

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Schon bald wird Medizin nach dem Erfolg beim Patienten bezahlt. Statt Geld pro Medikament zu erhalten, sobald es zugelassen ist, müssen die Pharmakonzerne dessen Erfolg beweisen – und das, obwohl viele Patienten ihre Mittel oft nicht oder falsch einnehmen. Neue Services sollen den Konzernen helfen: Smartphone-Apps erinnern an die Einnahme der Mittel, spezielle Chips in Pillen übertragen nach dem Schlucken ein Signal, Internetplattformen vermitteln Wissen über Krankheiten, Sensoren im Mobiltelefon messen den Blutzucker oder die Herzaktion und übertragen die Daten an den Arzt. Selbst kleine implantierbare Geräte sind ein Thema, die Blutwerte und andere Details über den Gesundheitszustand übertragen. Websites wie Treato.com sammeln schon Daten über Patienten und ihre Medikamente, die wiederum auch für Pharmakonzerne interessant sind.

Die Nachfrage steigt auch bei den Patienten. «Diese wollen aktiver an ihrer Behandlung beteiligt sein», sagt Norbert Hültenschmidt, Berater bei Bain & Company. Allerdings: Die Pharmakonzerne müssen sich mit entsprechenden Angeboten beeilen, um anderen nicht das Feld zu überlassen. Schon jetzt bereiten sich Konzerne wie etwa Intel auf die neue Pharma-Zeitrechnung vor.

Vorteil für IT-Konzerne. In der nächsten Dekade werde rund die Hälfte der Gesundheitsfürsorge vom Spital und vom Arztzimmer in die Wohnungen und Online-Plattformen umziehen, glaubt Intel-Manager Eric Dishman. Für solche neuen Angebote, die erst ganz am Anfang stehen, sind gerade IT-Unternehmen bestens gerüstet. Sie sind kurze Taktzeiten zwischen neuen Produkten gewohnt, wie sie in Mobilfunk und Internet normal sind. Den Pharmakonzernen, die auf zehn Jahre Arzneiforschung ausgerichtet sind, fehlt dieses Know-how für Angebote über neue Medien dagegen völlig.

«Die Pharmakonzerne beginnen sich zu fragen, ob sie für diese Veränderungen die richtigen Leute an Bord haben», stellt Flochel fest. Viele haben bereits begonnen, IT-Experten oder Manager aus kundenorienten Branchen wie dem Handel anzuheuern. Auch erwarten Experten in diesen Segmenten Partnerschaften mit Spezialfirmen.